Dobusch gesteht Fehler der Stadt

„Ich verstehe den Begriff Swap bis heute nicht“, sagte der Linzer Bürgermeisters Franz Dobusch (SPÖ) am Montag bei seiner Einvernahme im Zivilprozess der Stadt gegen die BAWAG am Handelsgericht Wien. Die Befragung wird fortgesetzt.

Richter Andreas Pablik stellte dem langjährigen Linzer Bürgermeister etliche Detailfragen zum Prozessgegenstand, dem sogenannten „Swap 4175“, einem Zinstauschgeschäft, das die Stadt Linz mit der BAWAG P.S.K. abgeschlossen hatte, und das sich für sie als Millionen-Grab herausstellte.

Vertrag nicht gelesen

„Für das Leben lerne ich viel heute“, so der Richter, nachdem im Dobusch erklärte, wer üblicherweise zuerst eine Unterschrift unter Verträge setze. Auch sonst geizte Dobusch nicht mit Bonmots: „Mit dem Bürgermeister ist es so: jeder interpretiert ihn für sich“, meinte er auf einen Vorhalt, wonach sich Ex-Finanzdirektor Werner Penn in seiner Argumentation gegenüber der BAWAG auf ihn berufen habe.

Pablik wollte von Dobusch unter anderem auch wissen, ob er den vom Gemeinderat 2004 beschlossenen und von ihm unterzeichneten Rahmenvertrag, der solche Termingeschäfte erst ermöglichte, auch gelesen habe. Dies verneinte Dobusch, meinte aber, dies sei ein „völlig normaler Vorgang im Vollzug eines Gemeinderatsbeschlusses“. Er sei kein Oberkontrolleur, ohne Vertrauen in die Verwaltungspersonen könne er nichts unterschreiben.

Politiker nicht im direkten Tagesgeschäft

Der Gemeinderatsbeschluss könne grundsätzlich schon auch so interpretiert werden, dass die Entscheidungen der Finanzverwaltung überlassen werden, bestätigte Dobusch. Kein Politiker habe direkten Kontakt mit einer Bank, verhandeln tue die Bürokratie, die Politiker seien nicht im direkten Tagesgeschäft drinnen. Wenn es vernünftig sei, werde man sie agieren lassen. Der Informationsstand sei jener, den man von den Mitarbeitern bekomme. Dennoch ist Dobusch überzeugt, dass das Verlustgeschäft mit der BAWAG vom Gemeinderatsbeschluss nicht abgedeckt werde.

Auf die Frage des Richters, was „optimal“ sei, keine Schulden mehr haben oder kein Risiko, meinte Dobusch: „beides ist optimal“. Unter dem ebenfalls im Gemeinderatsbeschluss angeführten Begriff „marktüblich“ verstehe er in diesem Zusammenhang, was zwischen Banken und Gemeinden üblich ist.

Große Zeitspanne für Richter bedenklich

Stutzig machte den Richter auch der große zeitliche Unterschied zwischen dem Unterschriftenblatt der für Finanztermingeschäfte bevollmächtigten Personen der Stadt Linz und dem Rahmenvertrag von rund 14 Tagen. Das habe keine rechtliche Deckung, so der Richter.

Keiner im Verband der Stadt Linz hätte das Geschäft verhindern können, hätte es im Ansatz beherrschen oder erkennen können, dass es von Anfang an schon negativ gewesen sei, meinte Dobusch, ein solches Geschäft könne man als Einzelperson nicht beherrschen. Er habe keinen Treasury-Experten in der Stadt. Auch Vertreter der anderen Parteien hätte es nicht checken können.

Um außergerichtliche Beilegung bemüht

Auf die Frage des Richters, warum die Stadt Linz keine Anzeige gegen die BAWAG eingebracht hatte, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, und sich „lethargisch“ verhalten habe, meinte Dobusch, „weil wir geglaubt haben, wir kommen zu einer Lösung mit der BAWAG.“ Man habe sich um ein außergerichtliches Ende des Geschäftes bemüht, er habe auf seinen Kollegen, den damaligen BAWAG-Chef Ewald Nowotny gesetzt. Nowotny dürfte anfänglich nichts vom Geschäft gewusst haben. „Er hat vermutlich auf Granit gebissen, ich habe ihn anders eingeschätzt“, so Dobusch. „Es glaubt ja keiner, dass so ein unseriöses Geschäft angeboten werden kann. Die BAWAG war die Vertrauensbank, hätte es auch von keiner anderen Bank erwartet“.

Auch die Stadt Linz habe Fehler gemacht

Die Widersprüche im Verhalten der Stadt zwischen Drängen auf Rückabwicklung, Zahlungen tätigen und dem Antrag beim Land Oberösterreich auf Genehmigung des Geschäftes, erklärte Dobusch damit, dass das alles ein Versuch der Beweisführung sei. Man habe etwa zeigen wollen, dass die Oberbehörde das Geschäft sowieso nicht genehmigt hätte. „Das ist alles ja irre“, so der Bürgermeister.

Laut Richter Pablik geht aus den Amtsberichten zum Swap-Geschäft hervor, dass das maximale Risiko für die Stadt immer höher als der maximale Ertrag ausgewiesen wird. „Hätte da nicht einigen Finanzausschussmitgliedern einmal eine Nachfrage einfallen sollen?“. „Hätte sicher nicht geschadet“, so Dobusch.

Auch die Stadt Linz habe Fehler gemacht, gibt Dobusch zu, etwa dass Finanzdirektor Penn so getan habe, als ob er sich auskenne, obwohl er sich nicht ausgekannt habe, und unterschrieben habe - „ein fürchterlicher Fehler“. Als alle Gespräche mit der BAWAG zu keinen Ergebnis geführt hätten, sei die Stadt auf „Tauchstation“ gegangen, bestätigte Dobusch.

Befragung wird fortgesetzt

Die Befragung von Dobusch musste am Montagabend nach gut zehn Stunden um 20:40 Uhr wegen Erschöpfung der Schriftführerin abgebrochen werden und soll zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Die Rechtsvertreter der BAWAG haben noch offene Fragen, die Vertreter der Stadt Linz haben ihr Fragerecht noch gar nicht ausüben können.

Da die gesamte Causa auch von politischer Brisanz ist, werde Richter Pablik die Fortsetzung der Befragung von Dobusch und auch der anderen Linzer Politiker erst nach den Nationalratswahlen (29. September) ansetzen, so der Sprecher des Handelsgerichtes. Vor den Wahlen würde man nicht mehr mit der Einvernahme aller Politiker fertig werden.

Am 23. September Befragung von Beamten

Fortgesetzt wird der Prozess deshalb am 23. September mit der Befragung von an der Causa beteiligten Beamten. Da einige der Beteiligten aber auch Beschuldigte in einem damit zusammenhängenden Strafverfahren sind und sich deshalb der Aussage entschlagen können, hat Richter Pablik noch nicht endgültig entschieden, welche Zeugen für diesen Tag geladen werden. Alleine die Befragung des ehemaligen Finanzdirektors Werner Penn, gegen den auch wegen Untreue ermittelt wird, könnte mehrere Tage in Anspruch nehmen, heißt es.

Außerdem wird mit dem Gouverneur der Österreichischen Nationalbank Ewald Nowotny ein weiterer prominenter Zeuge von Amts wegen geladen. Richter Andreas Pablik habe die geplante Ladung nach der gestrigen Tagsatzung damit begründet, dass Nowotny in den Schriftsätzen der Streitparteien mehrmals erwähnt werde. Von den Streitparteien habe es dagegen keine Einwände gegeben, sagte ein Sprecher des Handelsgerichtes Wien. Weitere Verhandlungstage sind bis zum 16. Oktober geplant.

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