Reliquien aus „Zeitkapsel“ geborgen

Im Linzer Mariendom ist am Dienstag eine „Zeitkapsel“ geöffnet worden, die bei der Errichtung des Doms im Jahr 1901 versteckt wurde. Darin befanden sich katholische Reliquien, darunter ein Holzstück des Kreuzes, an dem Jesus Christus gekreuzigt wurde.

Als der Turm 1901 fertiggestellt wurde, wurde als letzter Schritt ein Kupferkreuz mit einer Kugel an der Spitze befestigt. Wie seit Jahrhunderten üblich, hat man auch damals in der Kugel, die aus etwa zwei Millimeter dickem Messingblech gefertigt ist, diverse Dinge deponiert, die an den Bau erinnern oder Unheil von der Kathedrale abwenden sollten. Damit wurde sie auch zu einer Art Zeitkapsel.

Turmspitze in 130 Metern Höhe

Bischof Scheuer - er gilt als bergaffin - fuhr in Begleitung eines Spenglers und eines Kameramanns mit einer Gondel zur Turmspitze in 130 Metern Höhe. Dort wurde die Kugel aufgeschraubt und die Kapsel entnommen. Wieder zurück am Boden förderte der Bischof dann vor den Augen von Politikern, Sponsoren und Journalisten den Inhalt zutage.

Knochenstück des Heiligen Cyprianus

Enthalten waren unter anderem die letzte Ausgabe der Dombau-Zeitung „Ave Maria“, ein Exemplar des „Linzer Volksblatts“ sowie der „Katholischen Blätter“ aus 1901 und Ansichtskarten vom Turmkreuz. Aber auch einige Reliquien samt Zertifikaten waren vor mehr als 100 Jahren in luftigen Höhen deponiert worden: Laut den Schriftstücken, die ihnen beigelegt waren, ein Stück vom Heiligen Kreuz, ein Knochenstück des Heiligen Cyprianus, je eine Reliquie der Heiligen Paulus, Laurentius, Franz von Assisi, Paulus vom Kreuze, der Heiligen Jungfrauen Theresia und Clara sowie der Heiligen Witwe Monika, ein päpstlich geweihtes Wachsstück mit Asche von Märtyrern (Agnus Dei) und einige kleine geweihte Medaillen.

Reliquien sollten Gebäuden Schutz geben

Reliquien sollten Gebäuden Schutz geben, erklärte Kunsthistorikerin Judith Wimmer. Auch wenn heute „alles auf die Frage der Echtheit heruntergebrochen wird“ - damals habe man sie eher als „spirituelle Erinnerung“ gesehen, ähnlich wie wenn man sich heute eine Muschel oder einen Stein aus dem Urlaub mitnehme.

13 bis 14 Millionen Euro für Renovierung

Der Dombau sei durch die Bürger finanziert worden, aber es habe auch eine „namhafte Spende des Kaisers“ gegeben, erklärte Altlandeshauptmann Josef Pühringer, der Vorsitzender des Beirats der Initiative Pro Mariendom ist. Die 13 bis 14 Millionen Euro für die nun bevorstehende Renovierung sollen wieder zum einen durch Spenden von Privaten, Sponsoren, Pfarren und weltlichen Gemeinden aufgebracht werden, zum anderen aber auch durch „Land- und Stadtkaiser“ sowie das Bundesdenkmalamt. Bis 2021 soll der Turm fertig renoviert sein.

Nun steht aber erst einmal für die Steinmetze viel Arbeit an: Die Oberfläche der Steine muss geeinigt werden, Fugen werden saniert, der Balkon wird abgebaut und abgedichtet. Ein Hohlraum unter dem Kreuz muss mit einer Kamera begutachtet werden, bevor man entscheidet, was dort zu tun ist, erklärte Domhüttenmeister Gerhard Fraundorfer.