Immer mehr leiden an Messie-Phänomen

Wenn Wegwerfen zur Qual wird und Zeitungen, Verpackungen oder sogar Müll die gesamte Wohnung anfüllen, dann sprechen Experten von einer Messie-Störung. Auch wenn genaue Zahlen noch fehlen, beobachten Experten eine Zunahme dieses Phänomens.

Oft ist es ein emotionaler Ausnahmezustand – ausgelöst etwa durch eine Scheidung oder einen Verlust in der Familie - die Menschen dazu veranlassen, alles Gelernte über Bord zu werfen und Dinge zu horten. Manche wollen mit dem krankhaften Sammeln Verlustängste kompensieren, so Mediziner, die eine Messie-Störung meist Folge einer psychiatrischen Grunderkrankung sehen.

Messiewohnungen aufräumen

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„Ich habe nicht mehr loslassen können“

„Ich habe nicht mehr loslassen können“, hört Psychotherapeutin Kerstin Karlhuber bei „Exit Sozial“ dann von ihren Patienten. Es sei einen fatale Spirale in die die Betroffenen geraten – einerseits die Angst ihre Wohnung zu verlieren, wenn zufällig der Zustand der Wohnung entdeckt wird. Und andererseits die Isolation, weil sie mit ungeheurem Aufwand versuchten, ihre Störung vor anderen zu verheimlichen, so Karlhuber im Gespräch mit ORF-Redakteur Wolfgang Marecek am Mittwoch. Außerdem komme als Begleiterscheinung – wie bei anderen psychiartische Erkrankungen - oft noch eine persönliche Verwahrlosung dazu.

Psychotherapeutin Kerstin Karlhuber

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Kerstin Karlhuber

Sammler oder schon Messie?

Die Therapeutin, die seit 20 Jahren Messie-Betroffene betreut, sieht den Grad zwischen Sammlerleidenschaft und Messie-Störung sehr schmal: „Es ist vielleicht ein etwas provokanter Ansatz, was gesellschaftlich anerkannt ist – aber das definieren wir alle. Ein Kellerraum eines Weinsammlers, der mit Weinflaschen gefüllt ist, wird bewundert. Messie-Betroffene sammeln auch Sachen, die halt aber gesellschaftlich nicht so anerkannt sind – wie Zeitungen, Prospekte, Verpackungsmaterial.“

Weil sie Gegenständen eine Seele verleihen können sich „Messies“ danach nicht mehr davon trennen. Die Zahl derer, die zwanghaft horten und ein Problem haben Sachen wegzuwerfen, sei in den vergangenen Jahren gestiegen. Es dauert meist Jahre bis Betroffene Hilfe von außen akzeptieren. Manche würden 20 oder 30 Jahre daran arbeiten, die Messie-Störung zu besiegen. Am Donnerstag findet im Linzer Wissensturm von 13.00 bis 17.00 Uhr unter dem Titel „Wenn einem alles über den Kopf wächst“ eine Tagung für Betroffene statt.

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