Verfassungsrechtliche Bedenken bei Kassenfusion

Die AK OÖ hat massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Regierungsentwurf zur Reform der Sozialversicherungen und Krankenkassen. Sie bekommt dabei Unterstützung durch den renommierten Verfassungsjuristen Theo Öhlinger.

In einer Pressekonferenz der Arbeiterkammer mit ihrem Präsidenten Johann Kalliauer und dem Obmann der Gebietskrankenkasse Albert Maringer am Donnerstag in Linz merkte Öhlinger an, dass gemäß der Verfassung in der Selbstverwaltung die Vertreter aus dem Kreis der Mitglieder und nach demokratischen Regeln zu bestimmen seien.

Je sechs Vertreter von Arbeitnehmern und -gebern

Derzeit bestehe der 15-köpfige Vorstand der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse aus zwölf Vertretern der Arbeitnehmer und drei der Arbeitgeber - letztere steuern 30 Prozent der Beiträge bei. Im künftigen Verwaltungsrat der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) soll es wegen der geplanten Parität von beiden Seiten je sechs Vertreter geben. Sechs Millionen Versicherte würden dann nur noch durch sechs von ihnen vertreten seien.

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ORF

AK-Präsident Johann Kalliauer, Verfassungsjurist Theo Öhlinger und OÖGKK-Obmann Albert Maringer

Entscheidungs- und Kontrollorgan in Einem

Es erfolge eine Zentralisierung und weiters eine Reduktion des entscheidenden Gremiums. Damit würden sich die unterschiedlichen - beispielsweise regionalen oder beruflichen - Interessen der Versicherten darin nicht mehr widerspiegeln, diagnostizierte Öhlinger. Darüber hinaus erfolge eine Zusammenlegung von Entscheidungs- und Kontrollorgan. Auch das entspreche nicht der Idee der Selbstverwaltung, wie sie in der Verfassung vorgesehen sei.

Kritik an rotierendem Vorsitz

Kalliauer kritisierte weiters den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz und verglich mit Unternehmen: Dort wechsle auch nicht in so kurzen Abständen der Chef. Und in einem weiteren Selbstverwaltungsverband, den Gemeinden, gebe es auch nicht alle sechs Monate einen anderen Bürgermeister. Es sei eine „Sauerei und Frechheit“ nach 150 Jahren Selbstverwaltung zu sagen: „Ihr könnt’s das nicht“ und auch eine Beleidigung der Arbeiterkammer: „Ihr habt’s bisher immer Unfähige geschickt“ - denn die Zusammensetzung der Vertreter der Versicherten werde durch das AK-Wahlergebnis bestimmt.

„Fusionen verursachen immer Kosten“

Er sieht keine Einsparung von einer Milliarde Euro, die den Versicherten zugutekommen soll - ein wiederholt vorgebrachtes Argument für die Reform. Zuletzt sei ohnehin nur noch ein Einsparungseffekt von 33 Millionen Euro genannt worden. Dem stehe die Erfahrung gegenüber, dass Fusionen immer Kosten verursachen.

„Reform wird Mehrkosten verursachen“

Deshalb fasste er zusammen: Die geplante Reform werde Mehrkosten verursachen, sei nicht Versicherten-freundlich und verfassungswidrig. Er plädierte angesichts der massiven Bedenken dafür, die Änderungen nicht im Eilzugstempo durchzuziehen. Denn wenn sie später vom obersten Gericht aufgehoben würden und es dann ein „Kommando zurück“ gebe, werde ein Chaos ausbrechen, prognostizierte der AK-Präsident.

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