Verteidiger im NSU-Prozess referierten in Linz

Bei einer Veranstaltung an der Johannes Kepler Uni in Linz haben drei Verteidiger der Angeklagten Beate Zschäpe im NSU-Prozess nach dem nicht rechtskräftigen Urteil nun grundsätzliche Rechtsfragen aufgeworfen.

Die Verteidiger zeigten die Spannungsfelder auf, in denen das Gericht Entscheidungen treffen musste, aber auch die Herausforderungen für die Anwälte.

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ORF

Lebenslange Haft für zehnfachen Mord

Beate Zschäpe wurde vom Oberlandesgericht München fünf Jahre nach Beginn des Prozesses am 11. Juli unter anderem als Mittäterin wegen zehnfachen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihre Verteidiger kündigten sofort Revision beim Bundesgerichtshof an. Aktuell warten sie auf die schriftliche Ausfertigung des Urteils, berichteten die Rechtsanwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm in Linz.

Dafür hat das Gericht 93 Wochen Zeit. Wann es fertig wird, sei ihnen nicht bekannt. Ab der Zustellung haben die Verteidiger eine Frist von einem Monat zur Begründung ihrer Revision. Deren Inhalt wollen sie erst konkretisieren, wenn sie auf das schriftliche Urteil eingehen können. Jedoch sei Zschäpe als Mittäterin verurteilt worden. Das entspricht nicht der geltenden Rechtslage.

„Öffentlichkeitsdruck“

Die Anwälte berichteten von einem enormen Öffentlichkeitsdruck im Zusammenhang mit dem Verfahren. Es habe ein hoher Erwartungsdruck nicht nur für, sie sondern auch für die richterliche Tätigkeit bestanden. Es sei fast ausgeschlossen, dass man sich dem entziehen könne. Denn dann dürfte man keine Zeitung lesen und nicht mehr fernsehen.

Sie schilderten auch, wie sie wegen nicht näher genannter Umstände vergeblich eine Entpflichtung beantragten. Darüber hatte genau das Gericht zu entscheiden, das später das Urteil im Prozess fällen sollte. Eine geforderte Begründung für ihren Antrag wollten aber die Anwälte unter Hinweis auf ihre Verschwiegenheit nicht liefern.

„Wenige Hundert Euro Honorar für 770 Stunden“

Ähnliches bei der Honorierung ihrer Arbeit im Vorverfahren: Wolfgang Stahl dokumentierte einen Zeitaufwand von 770 Stunden. Dafür stehen dem Verteidiger als reguläre Gebühren nach Tabelle insgesamt wenige Hundert Euro zu. Er bekam als Vorschuss auf eine Pauschgebühr 5.000 Euro bewilligt. So könne die Justiz den Geldhahn für die Verteidiger abdrehen und sie an ihrer Arbeit hindern, warnten die Anwälte. Auch um die Zahl der genehmigten Pflichtverteidiger habe man kämpfen müssen.

Mit dem Kolloquium für Studierende, aber auch praktizierende Juristen am Mittwoch will Uni-Rektor Meinhard Lukas den Anspruch an die rechtswissenschaftliche Bildung untermauern: Absolventen des Studiums müssten die Garantien des Rechtsstaates verinnerlicht haben. Dieser müsse auch seinen Gegnern umfassende Rechte garantieren, wenn sie einer Straftat beschuldigt werden.

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