Weiter Diskussion über Asylwerber in Lehre

Die Diskussion über Asylwerber in Lehrausbildung hat neuen Zündstoff bekommen. Die Initiative von Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) ist jetzt um zwei Proponenten reicher: Wolfgang Eder, Generaldirektor der voestalpine, und auch KTM-Chef Stefan Pierer meldet zumindest vage Zweifel an.

Anschober will unbedingt erreichen, dass junge Asylwerber ihre Ausbildung trotz negativen Asylbescheids fertig machen dürfen und erst dann im Fall des Falles abgeschoben werden. Von der türkis-blauen Bundesregierung gibt es dazu ein kategorisches Nein, auch wenn zuvor dieses Beenden der Lehre noch versprochen worden war.

Eder: „Argument reichlich weit hergeholt“

Wolfgang Eder, der Generaldirektor der voestalpine, einem der größten Lehrlingsausbilder Österreichs, sagte: „Da frage ich mich dann schon, ob es wirklich sinnvoll ist, aus formalrechtlichen Gründen auf die Kompetenz dieser jungen Leute zu verzichten, die noch dazu ein positiver Faktor im Bereich der Integration von Asylsuchenden sind. Die sind hoch engagiert, und ich frage mich wirklich, ob wir es uns leisten können, sollen und wollen, unter menschlichen Aspekten genauso wie unter simplen unternehmerischen Aspekten, auf dieses Potenzial zu verzichten. Und weil dann immer dieses Argument kommt, dass dies ja die Rechtslage sei: Ehrlich gesagt, wenn ich in Österreich schaue, wie schnell manche Gesetze aus möglicherweise weniger wichtigen Gründen geändert wurden, dann finde ich dieses Argument reichlich weit hergeholt.“

Wolfgang Eder

Pierer: „Gewisse Dinge würde man schlauer lösen“

Und auch ein zweiter prominenter Wirtschaftsboss meldet zumindest vage Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Linie der Bundesregierung an: KTM-Chef Stefan Pierer. Er war im Wahlkampf der größte finanzielle Unterstützer der türkisen Bewegung von Kanzler Sebastian Kurz und sagt jetzt zu dessen Linie bei den Asylwerbern in Lehre: „Gewisse Dinge würde man als Unternehmer eleganter und schlauer lösen. Wir haben in Österreich einen Rechtsstaat, aber der wird auch nicht immer so angewandt. Und wegen 855 Lehrlingen – ob dieser Partoutstandpunkt so ein Bringer ist?“

Stefan Pierer

ÖVP: „Lösung mit Hausverstand gewünscht“

Schon im Landtag hat dieses Thema am Donnerstag für sehr unterschiedliche Meinungen gesorgt. Dabei sind auch deutliche Haltungsunterschiede zwischen ÖVP und FPÖ in Oberösterreich sichtbar geworden. ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer sagte, Asylrecht sei zwar kein Instrument aktiver Arbeitsmarktpolitik und müsse Schutzinstrument für Menschen bleiben, die um ihr Leben fürchten. Aber, so Hattmannsdorfer: „Wir hätten uns gewünscht, und der Herr Landeshauptmann hat das medial auch kundgetan, dass es jetzt zu einer Lösung mit Hausverstand kommt, dass man jetzt jungen Menschen, die bereits eine Lehrausbildung begonnen haben, auch die Möglichkeit bietet, diese auch abzuschließen. Wir sind enttäuscht, dass entgegen anders lautender Ankündigungen dieses Versprechen nicht eingelöst wurde. Wir bedauern das und finden es schade, müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass dies eine Entscheidung des zuständigen Innenministeriums ist und die Würfel gefallen sind, auch wenn wir als oberösterreichische Volkspartei kein Verständnis dafür aufbringen können.“

Wolfgang Hattmannsdorfer

FPÖ: „Lehrlingsniveau spottet jeder Kritik“

FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr verwies einmal mehr darauf, dass nur unabhängige Gerichte in dieser Frage zu entscheiden hätten und keinesfalls die Frage, ob jemand ein Lehrverhältnis hat oder nicht. Und zum in diesem Zusammenhang oft zitierten Lehrlings- und Fachkräftemangel, sagt Mahr, das Problem sei das schlechte Image der Lehre an sich, so Mahr: „Warum hat die Lehre so einen schlechten Ruf? Weil jeder immer sagt: wenn du nicht lernst, musst du in die Lehre gehen. Das ist ja bereits ein gesellschaftspolitisches Problem. Das zweite Problem ist, dass die Lehrlinge, die derzeit am Arbeitsmarkt oder in der Ausbildung sind, ein Bildungsniveau erreicht haben, das wirklich jeder Kritik spottet, es ist ein Niveau, das ‚unter dem Hund‘ ist, um es brutal zu sagen. Ich habe 25 Jahre lang acht Lehrlinge pro Jahr ausgebildet, und es ist immer schlechter geworden. Fünf Prozent von 140 ist für die meisten Lehrlinge nicht mehr lösbar.“

Herwig Mahr

Einigkeit bei zu langer Dauer der Asylverfahren

Anschober verwies in diesem Zusammenhang auf EU-Recht, wonach bei Asylverfahren, die länger als sechs Monate dauern, Asylwerber der Zugang zu einer Beschäftigung zu gewähren sei. Einig waren sich alle Parteien, dass die Asylverfahren in Österreich nach wie vor zu lange dauern.

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