Gerstorfer mit 89,7 Prozent wiedergewählt

Beim Landesparteitag der SPÖ ist die Landesvorsitzende, Birgit Gerstorfer mit 89,68 Prozent bestätigt worden. In ihren Reden sparten weder Gerstorfer noch Christian Kern mit Kritik an Landes- und Bundesregierung.

258 Delegierte waren beim Parteitag in der Linzer Tips Arena anwesend, die Anzahl der abgegebenen gültigen Stimmen betrug 252. Sichtlich zufrieden zeigte sich die 54-Jährige mit dem Ausgang. Sie fühle sich jetzt „noch mehr mit der Sozialdemokratie verbunden“, dankte sie für das ihr entgegengebrachte Vertrauen. Ihr gutes Ergebnis, auch wenn es nicht an ihr erstes von 95,8 Prozent heranreicht, sieht sie auch als Bestätigung für ihren nicht von allen Genossen goutierten Kurs.

Weitere Wahlergebnisse

Der Klubvorsitzende Christian Makor erhielt 87,3 Prozent, Nationalratsabgeordneter Alois Stöger 80,56 Prozent, FSG-Landesvorsitzender Andreas Stangl 83,73 Prozent, die dritte Landtagspräsidentin Gerda Wechsler-Hauer 90,08 Prozent und für Landtagsabgeordnete und Frauensprecherin Sabine Promberger votierten ebenfalls 90,08 Prozent der Delegierten.

Landesparteitag der SPÖ in Linz

APA/Hannes Draxler

Bereits in ihrer Rede vor der Wiederwahl geißelte Gerstorfer unter anderem das „Spardiktat“ von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) auf dem Rücken der Armen, der Ausländer, der Mindestsicherungsbezieher: „Von eh schon wenig noch mal die Hälfte wegnehmen, das ist menschenverachtend, das ist herzlos, das ist schamlos und das ist ganz bestimmt nicht christlich-sozial.“

Birgit Gerstorfer

APA/Hannes Draxler

Dann spielte sie auf Stelzers Plakatserie „Land der Möglichkeiten“ an. Genau diese sieht sie jungen Menschen genommen, wenn „Lehrlingen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten die Ausbildungsentschädigung halbiert“ oder eine Studiengebühr an Fachhochschulen eingeführt werde. Angriffig auch die Worte, die Gerstorfer ganz in Oppositionsdiktion an Stelzers blauen Stellvertreter Manfred Haimbuchner richtete: „Was denken Sie sich eigentlich dabei, wenn sie das Friedenslicht entgegen nehmen und in der nächsten Sekunde wieder gegen Flüchtlinge und Asylweber hetzen?“

Heftige Kritik an Bundesregierung

„Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, zitierte Gerstorfer in ihrer Rede beim Landesparteitag aus der Bibel und prophezeite damit der schwarz-blauen Regierung einen „roten Sturm“.

Birgit Gerstorfer und Christian Kern

APA/Hannes Draxler

Wie ein „Tschickstummel“ sei die „Aktion 20.000“ zertreten worden, das Sozialversicherungssystem werde „mit dem Presslufthammer zertrümmert“, das Aufgehen der Oberösterreichichen Gebietskrankenkasse in eine österreichweite sei ein „Raub an den Menschen“, es werde „in den Sack der Ärmeren gegriffen“ und in „die Taschen der Reicheren“ gegeben, die Frauen-Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) habe mit der Änderung bei den Kindergartengebühren die Frauen „beraubt“ –die Liste der Vorwürfe in Gerstorfers Rede, mit denen sie dem Publikum wohl ihren Unmut mit den derzeitigen Machtverhältnissen deutlich machen wollte, war lang.

„Kaputtmachertruppe mit Ablaufdatum“

Was über Jahre von der Sozialdemokratie aufgebaut worden sei, werde jetzt innerhalb kürzester Zeit von Schwarz-Blau zerstört, so Gerstofer: „Diese schwarze Kaputtmachertruppe hat ganz sicher ein Ablaufdatum.“ Die Menschen würden den schwarz-blauen Dominoeffekt „Umfallen, Umfallen, Umfallen“ bald satt haben, gab sich die SPÖ-Landesvorsitzende für kommende Wahltermine siegessicher: „Wir sind die Guten, weil wir bei den und für die Menschen sind.“ Wenig überraschend wurden diese Aussagen von den Delegierten und Zuhörern in der Linzer Tips Arena eifrig beklatscht.

Kern verurteilte „Arroganz“ der Regierung

SPÖ-Bundesparteichef Christian Kern wollte im Anschluss an Gerstorfers „bemerkenswerte Rede“, nach dem ihm inhaltlich „nicht viel übrig geblieben“ sei, vor allem eines hinzufügen: „Das sozialdemokratischer Erbe“ werde von der aktuellen Regierung zerstört, verurteilte er deren „Arroganz“. Die SPÖ werde die „Verschiebung von Anstand und Moral“ nicht hinnehmen.

Christian Kern

APA/Hannes Draxler

Über die Reform der Mindestsicherung zu reden, sei seiner Ansicht nach „durchaus legitim“. Die Bezieher aber, wie es die Regierung tue, als „nichtsnutzige Sozialschmarotzer“ darzustellen, sei schäbig, setze er die Mängelliste an ÖVP und FPÖ fort. Die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz verurteilte er neuerlich als „Anschlag auf unseren Rechtsstaat“. In Zeiten von „Rekordprofiten“ der Unternehmen die Arbeitszeiten ausweiten zu wollen, erachte er als „Hohn“. Dieses Zukunftsbild entspreche nicht jenem der Sozialdemokratie, erklärte er in seinem empathischen Referat den Genossen. „Der Wert der Menschen hänge nicht von der Brieftasche ab.“

Bedeutung Oberösterreichs

Zum Schluss hob er die Bedeutung Oberösterreichs hervor. Das Trendland für Nationalratswahlen zeige, dass die Sozialdemokraten auf dem richtigen Weg seien. Gewonnene Betriebsratswahlen und wachsende Mitgliederzahlen seien der Beweis. „Oberösterreich ist ein guter Boden für die Sozialdemokraten.“

Luger sprach Genossen Mut zu

Zuvor hatte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger eher auf die „sehr schwierige Situation der Sozialdemokraten“ hingewiesen. Es sei „Fakt, dass wir Sozialdemokraten uns in ganz Europa schwertun, mehrheitsfähig zu sein“. Aber die Roten hätten das „Rüstzeug, um wieder in die Offensive zu kommen“, sprach er den Genossen doch Mut zu.

ÖVP: „Folklore eines Parteitages“

Eher weniger Emotionen ließ der Landesgeschäftsführer der ÖVP, Wolfgang Hattmannsdorfer, im Titel seiner Aussendung erkennen: „Parteitag bleibt Parteitag: Hoffen, dass Gerstorfer ab Montag wieder zur gewohnten Zusammenarbeit zurückkehrt.“ Verbunden mit Gratulationen zur Wiederwahl schreibt Hattmannsdorfer: „Bei allem Verständnis für die Rhetorik und Folklore eines Parteitages" sollte am Montag wieder gemeinsam an einem Strang für Oberösterreich gezogen werden. Er könne aber „die Parteitags-Emotionen von Gerstorfer aufgrund des aktuellen Zustandes der SPÖ nachvollziehen“.

FPÖ kritisiert „Frontalopposition“ der SPÖ

Mit der Aussage, dass Gerstorfer offensichtlich Frontalopposition betreibe und „dabei vergisst, dass sie als Regierungsmitglied Verantwortung trägt“, reagierte der Landesparteisekretär der FPÖ Oberösterreich, Erwin Schreiner, auf den Landesparteitag der SPÖ Oberösterreich: „Solche Wahlkampfreden bringen dem Land nichts, genau so wenig wie die SPÖ.“

Link: