Streit um „geheim gehaltenen“ Sozialbetrug

Nach einem Millionenbetrug im Sozialbereich werfen ÖVP und FPÖ Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) vor, den Fall „geheim gehalten“ zu haben. Laut Gerstorfer wusste Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) seit Wochen davon, dieser wies das zurück.

Stelzer dürfte seit Wochen von dem Betrugsfall gewusst haben, so Gerstorfer, denn die Finanzabteilung, die zur Zuständigkeit Stelzers zählt, sei bei einem Treffen am 3. Oktober von dem Betrugsfall informiert worden. Sie selbst habe am 18. September davon erfahren und daraufhin externe Wirtschaftsprüfer betreut.

Birgit Gerstorfer

Land OÖ/Stinglmayr

Stelzer dürfte seit Wochen von dem Betrugsfall gewusst haben, so Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ)

Deren Bericht habe sie Ende Oktober erhalten und erst dann sei das wahre Ausmaß bekannt geworden. Um die Opfer zu schützen und die kriminalpolizeilichen Ermittlungen nicht zu gefährden, habe sie den Skandal nicht öffentlich gemacht.

Land und Behinderte um 1,5 Mio. Euro betrogen

ÖVP-Sozialsprecher Wolfgang Hattmannsdorfer spricht von einem „Skandal“, für FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr „stinkt der Fall zum Himmel“. Gemeint ist damit der mutmaßliche Betrug durch zwei Mitarbeiter eines Sozialvereins.

Wolfgang Hattmannsdorfer

ÖVP OÖ

ÖVP-Sozialsprecher Wolfgang Hattmannsdorfer spricht von einem „Skandal“

Sie sollen mit fingierten Rechnungen das Land und die betroffenen Behinderten um rund 1,5 Millionen Euro betrogen haben soll. Die Kripo ermittelt seit längerem – mehr dazu in Sozialbetrug über rund 1,5 Mio. Euro (ooe.ORF.at).

ÖVP: „Parteipolitik wichtiger als Sachpolitik“

Der Fall sei Gerstorfer bereits seit September bekannt und sei geheim gehalten worden, so Hattmannsdorfer gegenüber dem ORF Oberösterreich: „Der Verdacht liegt nahe, dass Birgit Gerstorfer den Skandal wegen der Nationalratswahl und vor allem jetzt wegen der aktuellen sozialpolitische Debatte bewusst nicht öffentlich gemacht hat. Denn der Skandal schadet natürlich ihrer politischen Linie und ihrer Stimmungsmache, die sie derzeit betreibt. Ich glaube, man muss ihr schon vorwerfen, dass ihr die Parteipolitik wichtiger als die Sachpolitik ist.“

Gerstorfer: „Bericht lag am 31. Oktober vor“

Gerstorfer weist diesen Zusammenhang mit der Nationalratswahl am 15. Oktober entschieden zurück, wie sie gegenüber dem ORF Oberösterreich sagte: „Die Wahl hat überhaupt keine Rolle gespielt, weil zum Zeitpunkt der Wahl das Ausmaß des Betruges noch gar nicht bekannt war und sich die Details erst Zug um Zug entwickelt haben.“

Auf die Frage, ab wann sie konkret davon gewusst habe, dass das Land OÖ geschädigt wurde, sagte Gerstorfer: „Wir haben diese Vermutung schon zu Beginn gehabt, wussten aber nicht in welchem Ausmaß. Dieses ist durch den Bericht der KPMG (Wirtschaftsprüfer; Anm.) bekannt geworden. Der Bericht lag am 31. Oktober vor.“ Und erst an diesem Tag und damit nach der Nationalratswahl sei der Betrug bestätigt gewesen, so Gerstorfer.

Gerstorfer: „Stelzer wusste seit Wochen davon“

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) dürfte nach Recherchen von Landesrätin Birgit Gerstorfer auch seit Wochen von dem mutmaßlichen Betrugsfall gewusst haben. Am späten Sonntagnachmittag erhielt sie aus ihrer Fachabteilung die Mitteilung, wonach am 3. Oktober die Finanzabteilung, die zur Zuständigkeit Stelzers zählt, bei einem Treffen über den mutmaßlichen Betrugsfall informiert worden sei.

Am 7. November habe diese dann Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, so Gerstorfers Informationen. Von einer Geheimhaltung, wie die ÖVP ihr vorhält, könne nicht die Rede sein.

Büro Stelzer: Keine Information bekommen

Aus dem Büro Stelzer heißt es, der Landeshauptmann sei weder von Gerstorfer, noch von sonst jemanden aus dem Amt der Landesregierung von den Vorfällen informiert worden, bevor sie am Freitag an die Öffentlichkeit gekommen waren.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP)

ORF

Laut einem Sprecher von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sei man weder von Gerstorfer, noch von sonst jemanden aus dem Amt der Landesregierung von den Vorfällen informiert worden

Der Landeshauptmann erwarte sich Aufklärung und habe Landesrätin Gerstorfer zu einem Gespräch eingeladen.

Mahr: „Spitze des Eisbergs?“

Mahr stellt sich die Frage, ob dieser Fall nicht nur die Spitze eines Eisbergs ist. Er hält das Sozialressort für „offenbar völlig überfordert“, fordert unverzüglich Konsequenzen spricht sich für eine lückenlose Überprüfung aller Vereine, die vom Land für Betreuungsleistungen bezahlt werden, aus.

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