Wie aus NS-Täterin ein „Opfer“ wurde

Jahrzehntelang ist die aus dem Innviertel stammende Massenmörderin Maria Mandl in einer amtlichen Todeserklärung als NS-Opfer geführt worden. Mandl war aber Oberaufseherin im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

Die Mühlen der Justiz mahlten im Fall Mandl besonders langsam, aber jetzt ist die falsche Todeserklärung „ersatzlos aufgehoben“. „Die Bestie“ wie Mandl genannt wurde, war von 1939 bis 1945 Aufseherin in mehreren nationalsozialistischen Konzentrationslagern, leitete das Frauenlager in Auschwitz und wurde nach dem Krieg wegen der Beteiligung an Tausenden Morden in Krakau hingerichtet.

Maria Mandl

Mauthausen Komitee

Mandl wählte Gefangene für den Tod in den Gaskammern aus und war an Misshandlungen beteiligt

Mandl schuf das bekannte Mädchenorchester von Auschwitz, das mit seiner Musik Appelle, Hinrichtungen und Transporte von Insassen begleiten musste. Am 10. August 1945 wurde sie von Soldaten der US-Armee festgenommen. Nach ihrer Auslieferung an Polen im September 1946 wurde sie Ende Dezember 1947 vom Obersten Volkstribunal im Krakauer Auschwitzprozess zum Tode durch den Strang verurteilt. Einen Monat später wurde Mandl im Krakauer Montelupich-Gefängnis hingerichtet.

Falsche Todeserklärung aus dem Jahr 1975

Auf Betreiben ihrer Heimatgemeinde Münzkirchen (Bezirk Schärding) stellte 1975 das damalige Kreisgericht Ried aber eine Todeserklärung aus, laut der Mandl 1939 in ein Konzentrationslager eingeliefert worden und dort dann auch verstorben sein soll.

Urkunden im Fall Maria Mandl

ORF

Die Todeserklärung aus dem Jahr 1975

Wie aus dem vollständig erhalten gebliebenen Akt hervorgeht, hätte der Richter schon damals zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Ob das aus Schlampigkeit oder anderen Gründen geschehen ist, sei ihm nicht bekannt, sagt der Präsident des Landesgerichts Ried, Franz Maier.

Geschichtsfälschung aufgeklärt

Durch Medienberichte wurde die Rieder Justiz auf die falsche Todeserklärung aufmerksam. Bei seinen Recherchen wurde das Landesgericht Ried vom Mauthausen Komitee unterstützt, das die Überlebenden des Konzentrationslagers vertritt. Robert Eiter vom Mauthausen Komitee erklärt, warum es so wichtig war, die Geschichtsfälschung aufzuklären: „Einerseits weil es um die historische Wahrheit geht – es kann nicht sein, dass die Justiz mit einem Rechtsakt eine Geschichtsfälschung stützt –, und andrerseits geht es um die wirklichen KZ-Opfer, von denen ja manche noch leben.“

Robert Eiter, Mauthausen Komitee

„Die Opfer fühlen sich zu Recht verhöhnt, wenn eine nationalsozialistische Massenmörderin als eine von ihnen dargestellt wird."

Am Gemeindeamt von Münzkirchen ist der neue Beschluss des Landesgerichts Ried inzwischen eingelangt. In der Bevölkerung sei bekannt, so der Bürgermeister, dass Mandl kein Opfer, sondern eine Täterin war. Nun ist es auch amtlich.

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