Birgit Gerstorfer neue SPÖ-Chefin in OÖ

Montagvormittag ist die Leiterin des AMS in Oberösterreich, Birgit Gerstorfer, zur neuen Vorsitzenden der Sozialdemokraten in Oberösterreich bestellt worden. Sie soll auch die Nachfolgerin von Reinhold Entholzer als Landesrätin werden.

Geplant war es wenige Stunden vor dem Parteipräsidium am Montag noch anders: Bis dahin galten Minister Alois Stöger und Linz-AG-Managerin Karin Weilguny als die Kandidaten für die gesuchten Posten als Parteivorsitzender und Landesrätin. In den frühen Morgenstunden kam die Wende, und Interimschef Johann Kalliauer überraschte das Parteipräsidium mit einem neuen Vorschlag: Gerstorfer.

Johann Kalliauer und Birigt Gerstorfer

ORF/Gernot Ecker

Johann Kalliauer und Birigit Gerstorfer bei der ersten Pressekonferenz nach dem Parteipräsidium

Beide Positionen in einer Hand

Nach dem monatelangen Ringen wurde nicht mehr herumgefackelt: Das Parteipräsidium einigte sich auf Gerstorfer. Die 52-Jährige soll somit künftig zwei Positionen übernehmen, nämlich sowohl den Parteivorsitz als auch den Sitz in der Landesregierung. Beide Funktionen in einer Hand - das soll auch die Position der Sozialdemokraten stärken. Auch der 50-köpfige Parteivorstand entschied sich für Gerstorfer. Am Montagvormittag stellte sich bereits eine Reihe von SPÖ-OÖ-Granden hinter die Entscheidung Kalliauers und bestätigte: Ja, Gerstorfer wäre eine gute Wahl.

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Die Stunden bis zur Entscheidung

ORF-Redakteur Gernot Ecker hat am Montag die Stunden bis zur Entscheidung begleitet.

Neue Frau an Spitze

Die Chefin des AMS Oberösterreich wird also die neue starke Frau an der Spitze der SPÖ Oberösterreich - auch als Signal an die derzeit reine Männerregierung in Oberösterreich. Gerstorfer gilt als Frau der Mitte in der SPÖ mit guten Kontakten und Verbindungen in alle Richtungen. Bis zuletzt wurde versucht, Stöger zu überzeugen, den Chefposten zu übernehmen. Offenbar wollte er aber nicht an einer Doppelspitze mit Gerstorfer stehen und sagte ab.

Birgit Gerstorfer

ORF

Die 52-Jährige gilt als lösungsorientiert und gut vernetzt

Seit Jänner Suche nach neuer Führung

Entholzer, einziges rotes Mitglied der Landesregierung, hatte angekündigt, in der Landtagssitzung am 16. Juni seinen Abschied zu nehmen. Bis Jänner hatte er auch die Landespartei geführt. Wegen einer umstrittenen Personalentscheidung zog er wenige Stunden vor Beginn des Landesparteitags Mitte Jänner seine Kandidatur zur Wiederwahl zurück. Interimsnachfolger, AK- und ÖGB-Landeschef Kalliauer suchte seitdem eine neue Führung für die oberösterreichischen Sozialdemokraten. Bei einem außerordentlichen Landesparteitag am 18. Juni wird Gerstorfer offiziell zur neuen SPÖ-Chefin ernannt.

Von der Sekretärin zur Parteivorsitzenden

Von der Teilzeitsekretärin zur Landesparteichefin führte der bisherige berufliche Werdegang der zukünftigen Parteivorsitzenden der Sozialdemokraten in Oberösterreich. Gerstorfer wurde 1963 geboren, wuchs in Alkoven auf, ganz in der Nähe des Schlosses Hartheim, und besuchte die Handelsakademie in Eferding. Ihr Vater war Schichtarbeiter in der Kokerei der voest, ihre Mutter war ebenfalls Schichtarbeiterin bei Kindermoden Stummer in Leonding.

Bundes-SPÖ sehr zufrieden

Der designierte SPÖ-Bundesparteivorsitzende Bundeskanzler Christian Kern und der interimistische SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler erklärten in einer Presseaussendung, mit Gerstorfer habe die Landespartei ein „starkes Zeichen für Aufbruch und Erneuerung in Oberösterreich gesetzt“. Sie verwiesen auf Gerstorfers Expertise in Sachen Beschäftigung und darauf, dass mit Gerstorfer „wieder eine Frau Teil der oberösterreichischen Landesregierung ist und die oberösterreichische Landespartei eine weibliche Vorsitzende hat“.

Ähnlich äußerten sich die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek und SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner: „Im Gegensatz zur schwarz-blauen Koalition in Oberösterreich, die keine einzige Frau in die Landesregierung entsandt hat, geht die SPÖ Oberösterreich nun mit gutem Vorbild voran.“

Pühringer lobt Neo-Landesrätin

Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) zeigte sich am Montag überzeugt, dass Gerstorfer an ihre neuen Funktionen als Parteivorsitzende und Landesrätin mit demselben Sachverständnis und Elan herangehen werde, wie sie es als AMS-Chefin in der Vergangenheit schon bewiesen habe. Pühringer verwies auch auf den notwendigen Schulterschluss aller Parteien, denn nur mit diesem seien die großen Herausforderungen zu lösen.

Maria Buchmayr, die Landessprecherin der Grünen, sagte, sie freue sich vor allem, dass eine Frau eine Spitzenposition in der Politik einnimmt und damit „die beschämende Phase einer frauenlosen Landesregierung“ beendet.

FPÖ-Landesparteisekretär Erwin Schreiner hofft, dass es mit Gerstorfer „zu einem Abrüsten der Worte gegenüber der FPÖ kommen wird“ und „mit diesem Wechsel nunmehr im Sozialressort ein vernünftiges Haushalten und Wirtschaften Einzug hält“. Insgesamt zeige die Personalentscheidung aber, „dass die Zeiten der qualifizierten Personalreserven bei den Genossen längst der Vergangenheit angehören“, mit der neuen SPÖ-Chefin komme nur „die dritte Wahl zum Zug“, so Schreiner.

Gerstorfer Kalliauer

ORF

Vor 25 Jahren begann Gerstorfer ihre Arbeit beim AMS - nach einer Babypause in ihrer ersten Ehe arbeitete sie Teilzeit als Sekretärin in der Regionalstelle in Eferding. Nachdem sie vom Teilzeit- in einen Vollzeitjob als Beraterin gewechselt war, ging es rasch beruflich bergauf. Schon mit 32 war Gerstorfer die Chefin des AMS in Eferding, dann wechselte sie auf den Führungsposten des größten Regionalbüros des AMS nach Wels. Am 1. August 2010 wurde sie zur Landeschefin des AMS in Linz bestellt. Privat ist die 52-jährige Mutter von zwei Töchtern und die Großmutter von drei Enkeln als begeisterte Tennisspielerin bekannt.

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