Zwölf Jahre Haft für Ex-Pater bestätigt

Das Oberlandesgericht Linz bestätigte am Donnerstag das Urteil für den ehemaligen Konviktsdirektor des oö. Stiftes Kremsmünster. Der heute 81-Jährige war im Sommer 2013 wegen gewalttätiger und sexueller Übergriffe auf Zöglinge zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Gegensatz zum Angeklagten nicht gegen das Urteil berufen. Der Oberstaatsanwalt sah aber auch keinen Grund zur Strafminderung: Der Tatzeitraum sei „exorbitant lange“ gewesen, die Übergriffe würden „Generationen von Jugendlichen“ betreffen. Der Ex-Pater habe seine Möglichkeiten als Lehrer und Repräsentant des Konvikts ausgenutzt, um seine „Sexual- und Machtbedürfnisse“ zu befriedigen.

"..haben Sie bitte Geduld mit mir"

Am Donnerstag erschien der 81-Jährige überpünktlich, im dunklen Anzug und langsam am Stock gehend im Gerichtssaal, in dem auch ehemalige Zöglinge saßen. „Ich hör’ schlecht, ich hab’ jetzt nicht alles verstanden. Wenn ich nicht folgen kann, haben Sie bitte Geduld mit mir, ich bin etwas angeschlagen“, sagte er zu Beginn der Verhandlung zur Vorsitzenden.

Dann überließ er das Reden aber weitgehend seinem Verteidiger Oliver Plöckinger. Dieser verwies u.a. auf das individuelle Strafempfinden: Auf die statistische Lebenserwartung von 88 Jahren hochgerechnet würden die zwölf Jahre für seinen Mandanten „einer lebenslangen Freiheitsstrafe plus fünf Jahre entsprechen“. Zudem habe er in den vergangenen Jahren Wohlverhalten gezeigt.

Sexuelle und gewalttätige Übergriffe auf Schüler

Dem Mann wurden sexuelle und gewalttätige Übergriffe auf insgesamt 24 ehemalige Schüler in den 1990er-Jahren vorgeworfen. Teils soll er mit einer Ochsenpeitsche, Tritten oder beidhändig ausgeführten „Stereowatschen“ auf die Zöglinge losgegangen sein. Auch soll er gelegentlich gedroht haben, er werde seine Pumpgun holen, oder Kinder für „vogelfrei“ erklärt haben. Dann durften Mitschüler den Betreffenden drangsalieren ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

Dass er die Waffe bis 2010 illegal besessen hat, war offenbar ausschlaggebend, dass die anderen Vorwürfe nicht verjährten. OGH und OLG bestätigten Schuldspruch und Strafmaß.

Ersturteil bestätigt

Der Richtersenat bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Zwar sei das Argument des individuellen Strafempfindens zu berücksichtigen, aber auch die „hohe Täterschuld und der hohe soziale Störwert“ der Delikte.

Von den Privatbeteiligten ergriffen elf Rechtsmittel. Sie wollten Schadenersatz durch das Strafgericht zugesprochen bekommen. Dabei ging es u.a. auch um die Frage, ob der 81-Jährige privat haftet oder die Republik im Zuge der Amtshaftung. Weil nicht klar sei, welche Übergriffe im „Erziehungsplan“ (Amtshaftung) und welche in der Freizeit (private Haftung) geschehen sind, wurden die Betroffenen auch in zweiter Instanz auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Klärung der Haftfähigkeit

Nun muss ein Sachverständiger klären, ob der 81-jährige Ex-Pater haftfähig ist. Laut seinem Verteidiger wurde dazu bereits ein Gutachter vom Gericht bestellt.

Verjährte Fälle

Neben dem verurteilten 81-Jährigen gerieten auch zwei andere Ordensmänner ins Visier der Justiz. Die Ermittlungen gegen sie wurden aber eingestellt. Die Vorwürfe gegen acht weitere Personen - darunter drei weltliche Lehrer - wegen körperlicher oder seelischer Gewalt wurden als strafrechtlich nicht relevant oder verjährt eingestuft. Ein Pater darf fünf Jahre lang sein Diakonat nicht ausüben und erhielt klosterinterne Auflagen.

Laut Stift sind neben den Fällen aus den 1970er- bis 1990er-Jahren auch zumindest vier Fälle aus den 1950ern dokumentiert, die drei bereits verstorbenen Patres zugeschrieben werden.

Die Gesamtzahl der Opfer ist nicht ganz exakt festzustellen: 45 hatten sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe an die Diözesane Kommission gegen Missbrauch und Gewalt gewandt, 38 meldeten sich bei der Klasnic-Kommission. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten anfangs in 39 Fällen, 24 mündeten in der Anklage gegen den Ex-Pater.

Link: