Missbrauch: 79-jähriger Pater vor Gericht
Mehr als drei Jahre sind vergangen, seit die sexuellen Übergriffe im Internat des Stiftes Kremsmünster bekannt wurden. Die Vorfälle reichen bis in die 1970-er Jahre zurück. Ursprünglich wurde in 39 Fällen ermittelt. Einige Verfahren wurden eingestellt, weil die Taten verjährt oder es an schlagkräftigen Beweisen mangelte. Übrig blieben 24 Opfer und ein mutmaßlicher Täter, der am Montag vor Gericht steht. Diese Vorwürfe seien vor allem deshalb nicht verjährt, weil eine Gutachterin bei drei Opfern schwere psychische Folgen festgestellt hat.
Sexuelle Handlungen und „Stereowatschen“
Der vom Vatikan wieder in den Laienstand versetzte Geistliche soll zwischen 1973 und 1993 an 15 Zöglingen sexuelle Handlungen unterschiedlicher Intensität vorgenommen haben. Weitere neun sollen laut Staatsanwaltschaft Opfer gewalttätiger Übergriffe geworden sein - dazu zählten gemäß Anklage u.a. Ohrfeigen, Tritte, „Stereowatschen“, Schläge mit einer Ochsenpeitsche oder das „Vogelfrei“-Erklären einzelner Zöglinge. Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten auch den Besitz einer nicht registrierten Pumpgun zur Last.
ORF/Thomas Psutka
Bis zu 15 Jahre Haft
Im Ermittlungsverfahren verweigerte der Ordensmann stets die Aussage. In einem früheren Verfahren gab er aber zu, dass die von einem Schüler damals geschilderten Übergriffe „möglich“ gewesen seien. Er räumte zudem eine „homoerotische“ sowie eine pädophile Neigung ein. Dem ehemaligen Konviktsdirektor drohen bis zu 15 Jahre Haft. Der 79-Jährige ist der erste höhere Geistliche, der sich im Zuge der Missbrauchsaffäre in der römisch-katholischen Kirche vor einem weltlichen Richter verantworten muss.
Der Prozess soll vier Verhandlungstage dauern. In Hinblick auf das fortgeschrittene Alter des Angeklagten will das Gericht die Verhandlungstage bereits am Nachmittag beenden. Die Öffentlichkeit dürfte über weite Strecken von der Verhandlung ausgeschlossen werden. Voraussichtlich wird der Schöffensenat am Donnerstag, dem 4. Juli, ein Urteil fällen.
Diözese begrüßt Aufarbeitung durch Gerichte
Es sei im Sinne der Vorgaben der katholischen Kirche und der Diözese Linz, dass in dem Missbrauchsfall nun die staatliche Gerichtsbarkeit zum Tragen komme, reagierte der Linzer Generalvikar Severin Lederhilger auf die Anklageerhebung gegen den ehemaligen Pater. Die Kommission gegen Missbrauch und Gewalt habe alle Fälle an die staatlichen Stellen gemeldet und werde das gegebenenfalls auch weiterhin tun.
Vom Kloster Kremsmünster heißt es, man begrüße, dass der Fall jetzt gerichtlich geklärt wird
Links:
- Angeklagtem drohen bis zu 15 Jahre Haft (ORF.at)
- Chronologie des „Systems Kremsmünster“ (ooe.ORF.at; 9.4.2013)
- Verdacht der Vertuschung in Kremsmünster (ooe.ORF.at; 26.3.2013)
- Zivilprozess gegen Stift beendet (ooe.ORF.at; 19.3.2013)