Wirbel um „rechtes“ Video von FPÖ-Politiker

Von seiner Vergangenheit wird der Fraktionsobmann der FPÖ im Linzer Gemeinderat, Sebastian Ortner, eingeholt. Er ist auf einem Video zu sehen, wie er den Nahkampf übt und dann seine von rechtem Gedankengut getränkte damalige Weltanschauung erklärt.

Ein Stich in den Hals oder die Nieren, aber auch ein Schnitt durch den Kehlkopf setzt einen Gegner im Nahkampf lautlos außer Gefecht. Was bei Mitgliedern militärischer Sondereinheiten zur Ausbildung gehört, haben auch die damals jungen Männer der rechtsradikalen Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition, kurz VAPO, Ende der 1980er Jahre trainiert.

Ortner mit Küssel bei Nahkampfübungen

Auf einem Video, das am Dienstagabend der Kurier auf seiner Homepage veröffentlicht hat, ist der bekannte Rechtsradikale Gottfried Küssel bei solchen Nahkampfübungen zu sehen. Eifrig mit dabei ist aber auch ein junger Mann namens Sebastian Ortner - jener Sebastian Ortner, der heute Klubobmann der FPÖ im Linzer Gemeinderat ist.

Damalige Meinung: „Verbotsgesetz aufheben“

Der damals 18-jährige Ortner wird in dem Video nicht nur als Kämpfer gezeigt, er erklärt in einem Interview auch seine damalige Weltanschauung. Die Masse sei von Amerikanismen verblödet, er fühle sich als Deutscher, vor allem aber solle das Verbotsgesetz aufgehoben werden, so der junge Ortner, der sich auch für eine „Ausländerrückführung“ ausspricht. Mehr dazu in Kurier: Video zeigt FP-Politiker bei Wehrsportübung.

Ortner distanziert sich heute

„Die Aufnahme ist 25 Jahre alt. Ich habe diese Dinge ja nie in Abrede gestellt, dass ich mich mit 18 Jahren in diesen Kreisen bewegt habe und das auch bedauere“, sagte Ortner im ORF-Interview.

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Das sei ein Teil seiner Vergangenheit, er habe sich aber von solchen Äußerungen und Ansichten längst distanziert, so der jetzt 43 Jahre alte FPÖ-Fraktionsobmann.

Er sei bereits im Sommer 1988 aus der VAPO ausgetreten und habe seitdem auch keinen Kontakt mehr mit Küssel gehabt. Ihm sei aber auch klar gewesen, dass dieses Video, das zwar nie öffentlich gezeigt worden war, irgendwann einmal auftauchen werde. Ortner geht davon aus, dass ihm jetzt Leute aus dem rechten Lager schaden wollen.

Politische Konsequenzen werde Ortner wegen des Videos nicht ziehen. Sollte es Konsequenzen geben, müssten die andere – etwa das entsprechende Parteigremium - ziehen, sagte Ortner.

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Einige Personen aus dem Video, unter ihnen auch Sebastian Ortner, wurden wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz bei der Staatsanwaltschaft Linz angezeigt. Dort werde derzeit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft, so ein Sprecher der Behörde.

Haimbuchner verlangt „Chance auf Resozialisierung“

Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner stellte sich am Mittwoch hinter Ortner. Er verlangte für Ortner eine „Chance auf Resozialisierung“. Die Staatsanwaltschaft Linz erachtet sich nach einer ersten Prüfung für nicht zuständig. Sie werde den Fall an die zuständige StA weiterleiten.

Der Leiter der Medienstelle Philip Christl berichtete, dass bei der Staatsanwaltschaft Linz eine acht Seiten lange Sachverhaltsdarstellung eingegangen sei. Auch Bild- und Tonaufnahmen lägen vor. Welche konkreten Taten nach dem Verbotsgesetz darin Ortner vorgeworfen werden, wollte Christl nicht sagen. Ebenso nicht, wer die Sachverhaltsdarstellung eingebracht habe. Es handle sich um eine private und nicht um einen offiziellen Bericht der Polizei. Eine erste Prüfung sei vorgenommen worden. Dabei habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, dass ein möglicher Tatort im Sprengel der Staatsanwaltschaft Linz liege. Nun werde erhoben, welche Staatsanwaltschaft zuständig ist und die Sachverhaltsdarstellung werde anschließend an diese weitergeleitet.

„Ortner hat nie ein Geheimnis daraus gemacht“

Haimbuchner erklärte, die Vergangenheit von Ortner sei schon im Wahlkampf 2009 in der Öffentlichkeit präsent gewesen. Ortner habe auch nie ein Geheimnis daraus gemacht, sich jedoch davon distanziert. Er habe immer eingestanden, dass es bei ihm „dunkle Flecken“ gebe. Er habe aber betont, er stehe inzwischen zu den demokratischen Werten und lehne die Ideologie des Nationalsozialismus ab. In dem Fall gebe es nichts Neues, er gewinne nur deshalb an Aktualität, weil nun ein Video aufgetaucht sei, stellte Haimbuchner fest.

„Irrsinniger Unsinn“

Der FPÖ-Landesparteiobmann verwies darauf, dass die inkriminierten Ereignisse 25 Jahre zurückliegen. Er stellte infrage, dass Ortner, weil er mit 18 Jahren einen „irrsinnigen Unsinn“ begangen habe, nun nicht mehr in die Gesellschaft zurückkehren dürfe. Haimbuchner verlangte, Ortner sollte eine „Chance auf Resozialisierung“ erhalten. Die österreichische Rechtsordnung gestehe diese sogar Mördern, Vergewaltigern und Betrügern zu. Er stellte einen Vergleich des Linzer Vizebürgermeisters Klaus Luger (SPÖ) mit Ortner an. Der eine sei in seiner Jugend „ganz links-außen“, der andere rechts-außen angesiedelt gewesen. „Der eine soll Bürgermeister, der andere eingesperrt werden?“, fragte er.

„Haimbuchner soll sich entschuldigen“

Die SPÖ wies am Mittwochnachmittag „in aller Schärfe“ zurück, dass Haimbuchner die Teilnahme an Nazi-Camps, in denen Tötungstechniken und Meuchelmordmethoden vermittelt wurden, mit politischen Aktivitäten von SPÖ-Politikern (Luger, Anm.) in ihrer Jugend gleichzusetzen versuche. Für diese untragbare Entgleisung habe sich Haimbuchner umgehend zu entschuldigen, so Landesgeschäftsführer Christian Horner.

„Ständiges Leugnen löst dieses Problem auch nicht“

Am Mittwoch hagelte es Kritik und Rücktrittsaufforderungen von SPÖ, ÖVP, Grünen, KPÖ und Mauthausen-Komitee. „In den Reihen der FPÖ befinden sich offenbar einige Personen, deren Gesinnung unserer Demokratie nicht gerecht wird“, zeigte sich SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Horner empört. Ständiges Leugnen löse dieses Problem auch nicht. Alle paar Wochen würden neue Beweise für latenten Rechtsextremismus und Neonazismus in der FPÖ in Oberösterreich auftauchen. „Da wirkt es nur mehr peinlich, wenn die FPÖ versucht, das Hochkommen dieses evidenten Problems den politischen Mitbewerben und den Medien in die Schuhe zu schieben“, so Horner in einer Presseaussendung. Ortner und die FPÖ müssten nun Konsequenzen ziehen, verlangte er.

Ähnlich äußerten sich der Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Österreich Wolfgang Moitzi und die oberösterreichische Vorsitzende Fiona Kaiser, die auch stellvertretende Landesparteichefin ist. Sie verlangten in einer Presseaussendung am Mittwoch den sofortigen Rücktritt von Ortner, forderten Haimbuchner auf, ihn schleunigst auszuschließen, und fragten: „Wie lange sieht Strache den rechtsradikalen, korrupten und menschverachtenden Auswüchsen in seiner Partei noch zu?“ Corinna Kovac, Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Linz, rief Ortner ebenfalls auf, seinen Sessel zu räumen. Politiker wie er seien für eine offene Stadt wie Linz nicht tragbar.

„Umgehend personelle Konsequenzen“

Der Stadtparteiobmann der ÖVP, Vizebürgermeister Erich Watzl, erklärte, in seiner Partei würden bei derartigen Vorkommnissen umgehend personelle Konsequenzen gezogen. „In der ÖVP wäre es nicht denkbar, dass jemand mit solchen konfrontiert in der ersten Reihe politisch tätig bleibt.“

„Absolut untragbar“

Der Klubobmann der Grünen im Oberösterreichischen Landtag Gottfried Hirz und seine Stellvertreterin Maria Buchmayr beurteilten in einer Presseaussendung eine Person, die im Verdacht stehe - wenn auch in vergangenen Jahren - die Ermordung Andersdenkender trainiert, den Nationalsozialismus glorifiziert und auf eine Wiedererrichtung des NS-Schreckensregimes hingearbeitet zu haben, „als Volksvertreter in unserem demokratischen System absolut untragbar“. Sie erinnerten zudem, dass FPÖ-Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner in einer Presseaussendung betont habe, er dulde ein Liebäugeln mit dem rechtsextremen Rand nicht.

„Polititscher Aufstieg ausgerechnet bei der FPÖ“

Laut dem KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner sei die Tatsache, dass Ortner ausgerechnet bei der FPÖ einen politischen Aufstieg vollziehen konnte, kein Zufall. Sie zeige vielmehr die „wechselweisen Verflechtungen und Kontinuitäten zwischen der Strache-Partei und dem rechtsextremen Umfeld“ auf.

„Österreich versinkt im braunen Sumpf“

Willy Mernyi, der Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich, sieht Österreich in einem braunen Sumpf versinken. „In Oberösterreich sind im Jänner und Februar fünf blaue Funktionäre mit rechtsextremen Aktivitäten aufgefallen - drei wurden zum Parteiaustritt bewegt, zwei durften bleiben. Kürzlich musste der Pressesprecher der Wiener FPÖ wegen SS-Postings zurücktreten. Der Salzburger Landesobmann Karl Schnell hat den NS-Begriff ‚Umvolkung‘ verwendet“ und nun tauche das Video auf, bilanzierte er.

Ortners Behauptung, er habe die braune Szene kurz danach verlassen sei falsch, so Mernyi weiter. „In Wahrheit war er noch jahrelang dort aktiv.“ Kritik übte er auch an der Exekutive: „Die Sicherheitsbehörden müssen ihre bisherige Beißhemmung gegenüber der FPÖ ablegen und endlich deren enge Verflechtung mit der Neonazi-Szene untersuchen“, verlangte er.