Diskussionen über „Kultusbeitrag“
Debatte: Wie soll die Kirche finanzieren?
Für das BZÖ ist der Vorstoß „an Schwachsinnigkeit kaum zu überbieten“.
Max Hiegelsberger (ÖVP) schlug den „Kultusbeitrag“ in seiner Funktion als Landesobmann des ÖVP-Bauernbundes vor. Zahlen sollen diese jene, die aus der Kirche ausgetreten sind und damit auch keine Kirchensteuer zahlen. Hiegelsberger begründet seinen Vorschlag damit, dass mit der Kirchsteuer auch kulturell und touristisch wertvolle Gebäude erhalten werden - mehr dazu in „Kirchensteuer“ für Ausgetretene?
Hiegelsberger präzisiert seine Idee am Donnerstag
Hiegelsberger hat am Donnerstag seine Idee eines Kulutsbeitrages noch einmal präzisiert. Für alle, die bei keiner Glaubensgemeinschaft sind, soll es eine Kann-Bestimmung geben, also kein Muss und der Kultusbeitrag soll steuerlich absetzbar sein. Die Lawine, die mit dem Vorschlag losgetreten wurde, ist trotz dieser Klarstellung am Donnerstag nicht mehr aufzuhalten.
Immer weniger Kirchensteuerzahler
Unterstützung für Hiegelsberger kommt von Bert Brandstetter, dem Präsidenten der Katholischen Aktion in Oberösterreich, einer der großen Laienorganisationen der Katholischen Kirche. Man müsse ein System überlegen, mit dem man unsere Kulturgüter, die unter Denkmalschutz stehen, erhalten könne, so Brandstetter.
„Die Zahl der Kirchensteuerzahler aller Kirchen wird immer kleiner. Die Gelder, die der Staat für diese Dinge zur Verfügung hat, werden auch nicht mehr. Man kann uns den Erhalt dieser Kulturgüter und für diese wunderbaren Gebäude aufzukommen nicht alleine zumuten“, sagt Brandstetter im Interview mit dem ORF Oberösterreich.
„Markante Zeichen unserer österreichischen Identität“
Auf die Fragen, warum die muslimischen Mitbürger für den Erhalt der Kirchengebäude zahlen sollen, sagt der Präsident der Katholischen Aktion in Oberösterreich: „Ich weiß nicht, ob die nicht auch Gebäude haben, die unter Denkmalschutz stehen, die dann ebenso in diese Kategorie fallen. Aber ich glaube schon auch, dass die muslimischen Mitbürger Freunde im Ausland oder Verwandte haben, denen sie Österreich zeigen und da zeigen sie ihnen nicht nur Berge und Seen sondern auch Gebäude. Markante Zeichen unserer österreichischen Identität sind eben diese Gebäude. Dafür soll man halt auch zahlen. Eintritte für die einzelnen Gebäude zu verlangen, wie es in Italien üblich ist, halte ich für die schlechtere Wahl.“
Landeshauptmann zeigt sich ablehnend
Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer dagegen goutiert die Anregung Hiegelsbergers nicht. In der jetzigen Steuerdebatte habe das Thema nichts verloren, ließ er in der Tageszeitung „Österreich“ wissen.
Diözese: Unabhängig vom Kirchenbeitrag zu sehen
Die Diözese Linz versteht den Vorschlag einen Kultusbeitrags als Anregung zu einer Diskussion über die Verantwortung für den Schutz und Erhalt von Kulturgütern. Generalvikar Severin Lederhilger erklärte, dass das Anliegen grundsätzlich unabhängig vom Kirchenbeitrag zu sehen zu sehen sei.
FPÖ: Mehr als verpatzter Aprilscherz
Den Landesparteiobmann der FPÖ Oberösterreich, Landesrat Manfred Haimbuchner, bezeichnet in einer Aussendung den Vorschlag als "mehr als einen verpatzten Aprilscherz. Man ist ja in der Landespolitik so einiges gewöhnt, aber das eröffnet ja fast eine neue Ära der originellen Steuervorschläge.
Haimbuchner erklärt seine Zweifel am Vorschlag des VP-Landesrates und Bauernbundobmannes: „Es ist eine freie und mündige Entscheidung eines Bürgers, in einer religiösen Gemeinschaft Mitglied zu sein - oder eben auch nicht. Das ist eine liberale Errungenschaft, über die auch der Bauernbund sich einmal ernsthaft Gedanken machen sollte.“
BZÖ: Verfassungswidrig
„Der Vorschlag von VP-Landesrat Hiegelsberger, eine Zwangskultussteuer als Ersatz für Nicht- Kirchensteuerzahler einzuführen, ist an Absurdität nicht zu überbieten“, schreibt BZÖ-Landessprecher und Nationalratsabgeordneter Rainer Widmann in einer Aussendung. Jedem Menschen in Österreich stehe es nach der Verfassung frei, Mitglied einer Religionsgemeinschaft zu sein oder nicht. Damit wäre der ÖVP-Vorschlag für eine neue Zwangs- Kultussteuer als Ersatz der freiwilligen Kirchensteuer auch verfassungswidrig, so Widmann.
Steyregger Bürgermeister ortet Faschingsscherz
Der neue Steuervorschlag zeige die „besondere Qualität“ des Gemeindereferenten, meldete sich auch der Steyregger Bürgermeister Josef Buchner (Bürgerinitiative für Umwelt-und Lebensqualität SBU) in einer Aussendung zu Wort. Wenn der Vorschlag kein Faschingsscherz sein solle, könne man auch über eine Steuer für jene Personen, die weder Gewerkschafts- noch Kammermitglieder sind, nachdenken.
Link:
- Diözese Graz-Seckau will keinen Kultusbeitrag (steiermark.ORF.at; 5.1.2012)