Der kleine Kößlbach entspringt auf dem Hochplateau des Sauwaldes im Gemeindegebiet von St. Aegidi. Im Unterlauf fließt der Bach auf einer Strecke von etwa dreieinhalb Kilometern in nördlicher Richtung durch ein enges Tal und entwässert in der Nähe von Wesenufer in die Donau. Nur ein kurzes Stück weiter, flussaufwärts an der Donau, befindet sich auf der Mühlviertler Seite das bekannte Rannatal. An der Südseite des Donautals, wo sich der Sauwald als Innviertler Anteil des Granithochlandes erhebt, findet man mehrere steile Gräben. Sie entstanden vor Millionen von Jahren, als sich die Donau ihren heutigen Weg bahnte. Je tiefer sie sich durch das Gestein fraß, desto mehr frästen sich auch ihre Seitenbäche ein.

Im Unterschied zum Rannatal finden wir im kleinen Kößlbachtal (das eigentlich ein Kesselbachtal ist) jedoch eine spätere Entwicklungsstufe vor: Hier wurden die, während der Eiszeit abgesprengten, Felsblöcke bereits vom Pflanzenwuchs überwuchert. Das gibt ihm auch seinen romantischen Anstrich, und deshalb wurde es auch, wie eine Tafel am Beginn des Weges verrät, zum Naturschutzgebiet erklärt.
Ein Tal wie ein Dschungel
Wer durch das Kößlbachtal wandert, dem fällt sofort der dschungelartige Uferbewuchs dieses dynamischen Flusses auf. Das Tal ist umsäumt von Auen- und Schluchtwäldern, die den Besucher in seinen Bann ziehen. Säulenartig recken sich in dem tief eingeschnittenen Erosionstal zwischen Passau und Linz vor allem Schwarzerlen und Eschen dem Sonnenlicht entgegen.

In dieser Baumgesellschaft befinden sich an den Hängen ebenso Bergahorne, Eichen, Linden, Hainbuchen, Rotbuchen, Tannen, Fichten und Ulmen. Besonders das Prachtexemplar eines Baumveteranen − eine fast zur Gänze mit Moos bewachsene Flatterulme an der Einmündung eines Seitenbächleins verlangt dem Wanderer unweigerlich Respekt ab. Typisch für diese Lichtbaumart, die vornehmlich vereinzelt wächst und ein Alter von 250 Jahren erreichen kann, sind zahlreiche verzweigte Stockausschläge, die man an diesem Solitär gut beobachten kann.
Vielseitige Flora und Fauna
Stattlich liest sich die Liste von Wildblumen dieses Gebiets. Die Frühlingsknotenblume ist im Kößlbach-Tal ebenso heimisch wie etwa die Rote Pestwurz, das Breitblättrige Knabenkraut, das Wilde Silberblatt, der Wald-Geißbart, das Wald-Vergissmeinnicht, der Waldmeister, die gemeine Kratzdistel, der Rote Fingerhut und der Beinwell. Die Auflistung der botanischen Kostbarkeiten, zu denen auch noch der seltene, bis zu 1,5 Meter hohe Straußfarn zu zählen ist, der ansonsten nur noch im Bayerischen Wald vorkommt, ist damit längst nicht erschöpft.

Gleiches gilt für die artenreiche Fauna dieses Engtals, in dessen Wildwasser einst sogar die Flussperlmuschel vertreten war. Aus Sicht des Artenschutzes ist das Vorkommen der Gelbbauchunke am herausragendsten. Dieser kleine Lurch hat bereits seit geraumer Zeit einen Stammplatz auf der „Roten Liste“. Hier, in den kleinen Tümpeln im Auenbereich und in den Pfützen des Waldweges, kann er noch überleben.
Auch der Biber hat hier einen optimalen Lebensraum. Ebenso findet der Feuersalamander in diesem Bachtal beste Lebensbedingungen. Auf den aus dem Wasser ragenden abgeschliffenen Felsen kann man immer wieder die Wasseramsel in ihrer typischen wippenden Bewegung beobachten. Auch der „Edelstein“ unter den gefiederten Bewohnern des Kößlbachtales, der Eisvogel, hat hier ein Refugium. Das allein schon dürfte ein Qualitätssiegel für die Natur dieses Wildflusstales sein.
Es „flattert“ im Kößlbachtal
Besonders gut vertreten sind an den Ufern des Kößlbaches die Falter. Häufig zeigt sich derzeit der große Schillerfalter. Aber auch der Kleine Fuchs, das Schachbrett, der Zitronenfalter, das Landkärtchen, der Trauermantel, der Schwalbenschwanz und – als besondere Attraktion – die „Spanische Flagge“, auch „Russischer Bär“ genannt, sind hier heimisch. Dabei handelt es sich um einen Falter mit markant schwarz-weiß gezeichneten Vorderflügeln und leuchtend orangefarbenen Hinterflügeln. Von ebenso bezaubernder Farbgebung ist die Blauflügel-Prachtlibelle.

Dafür ist der Fischbestand in den glasklaren Fluten sehr verhalten. Zumindest bekommt selbst der aufmerksame Wanderer auffallend wenig Fische zu Gesicht. Dennoch, wer eine „Tankstelle für alle Sinne“ sucht und dieses Tal mit all seinen Naturschönheiten entdeckt, weiß um diese und wird gerne wiederkommen.