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APA/Gerd Altmann/Pixabay
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Wissenschaft

Kein Geld für „besseres ChatGPT“ aus Linz

In Österreich fehlt eine vernünftige KI-Strategie, die Politik vernachlässigt die Forschung und andere Länder ziehen davon. So die Kritik von JKU-Forscher und KI-Pionier Sepp Hochreiter, der sagt: „Ich sitze hier in Linz auf etwas Genialem, habe aber nicht das Geld, es zu machen.“

500 Millionen oder besser eine Milliarde Euro – „weil die anderen schon bei der zweiten Charge sind“ – in vier Jahren brauche es für eine KI-Strategie in Österreich.

„Sitze ganz vorne und merke, dass etwas fehlt“

Im APA-Gespräch wird Hochreiter, der mit der Technik Long Short-Term Memory (LSTM) eine der Grundlagen für KI-Systeme geschaffen hat, deutlich: „Ich schrei’ jetzt, weil ich ganz vorne sitze in der Forschung und merke, dass was fehlt. In ein paar Jahren schreien andere wie die Industrie dann auch, weil sie merken, dass wir was verpasst haben.“ Das verdeutlicht eine Analyse der US-Denkfabrik Brookings, wonach Österreich sieben Millionen Euro in seine KI-Strategie investiere, Schweden dagegen 500 Mio. Euro, die Niederlande zwei Milliarden, Deutschland fünf Mrd. Euro, wie auch die „OÖN“ (Dienstag-Ausgabe) berichteten.

KI-Institut seit sechs Jahren gefordert

Hochreiter fordert seit sechs Jahren ein KI-Institut, auch als Bindeglied zwischen Forschung und Firmen für die forschungsnahe Technologie. „Es ist frustrierend, ich sitze in Gremien in Deutschland und sehe, wie dort Gelder fließen, aber was noch mehr weh tut: Ich sitze hier in Linz auf etwas Genialem, habe aber nicht das Geld es zu machen.“ Aufbauend auf seiner LSTM-Technik könnte man quasi ein „besseres ChatGPT“ machen. Derzeit schlage das Linzer System in einer Rohfassung auf kleinem Datensatz GPT2, ein Vorgängermodell von ChatGPT.

Verarbeitung längerer Texte möglich

Sein System müsse man noch feiner abstimmen, aber „ganz klar ist jetzt schon: Wir können längere Sequenzen verarbeiten, also längere Texte“, ist der Forscher begeistert und überzeugt von seinem Ansatz. Zwei bis drei Millionen Euro im Jahr bräuchte er, um weiterzumachen. „Wir können ohnehin nur forschungsmäßig zeigen, dass das System besser wäre als ChatGPT, um es auf große Datensätze zu bringen, braucht es Firmen, das wären allein 100 Mio. Euro Energiekosten“, ist der Bayer, der an der Linzer JKU (Johannes Kepler Universität) das Institut für Machine Learning und das Artificial-Intelligence-Lab leitet, realistisch.

OpenAI und Google dürften keine Freude haben

Klar ist ihm auch, dass GPT-Erfinder OpenAI und Google keine Freude mit seinem System haben dürften, denn wenn Hochreiters Idee reüssiert, würden die Leute auf sein System umsteigen, dessen IP-Rechte und Patente bei ihm bzw. in Österreich lägen. Angebote habe es freilich schon gegeben, doch er möchte seine Arbeit nicht an ein Unternehmen abgeben. Falls es doch soweit komme, „hat Österreich Milliarden verloren“. Abwanderungsangebote schlug der 56-Jährige bisher aus, weil Bund und Land stets beteuerten, zu investieren – was aber nicht geschehen sei. „Hier habe ich ein Team aufgebaut, ein Studium, da kommen die Leute aus dem AI-Lab, hier wäre alles da, um weiterzumachen, aber keine Gelder für KI“, verdeutlicht er das Dilemma.

Achleitner: „Braucht auch Fördermittel vom Bund“

Forschungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hält entgegen, dass das Land OÖ schließlich den Aufbau des LIT AI Lab finanziert habe. Dieses Forschungszentrum sei „ein wichtiger Teil der aktuellen Rahmenvereinbarung des Landes OÖ mit der JKU, die bis 2025 läuft.“ Insgesamt wende das Land für das LIT AI Lab und den Aufbau zusätzlicher Rechnerleistung 9,6 Mio. Euro auf, informierte er. In der Sitzung der Landesregierung am Dienstag wurde dazu eine Fördertranche von gut einer einer Million Euro beschlossen. „Hier wird Landesgeld investiert, obwohl die Universitäten eigentlich Bundeskompetenz sind. Es braucht daher auch entsprechende Fördermittel vom Bund für Grundlagenforschung im Bereich der KI“, so Achleitner.