Stefan Pierer, KTM und Präsident der IV OÖ
ORF
ORF
Wirtschaft

Pierer übernimmt Autozulieferer Leoni

Die Pierer-Gruppe will den angeschlagenen deutschen Autozulieferer Leoni retten und Alleineigentümer werden. Dazu sei sie bereit, 150 Millionen Euro frisches Kapital zur Verfügung zu stellen und einen Teil der Bankschulden zu übernehmen.

„Bei diesem Sanierungskonzept handelt es sich aus Sicht des Vorstandes um die einzige verbleibende Sanierungslösung“, hieß es in einer Mitteilung Leonis. Die Verhandlungen mit Pierer und den Gläubigern seien fortgeschritten, mit einer Einigung sei kurzfristig zu rechnen.

Leoni Autozulieferer Nürnberg
Quelle: Leoni

Hochverschuldeter Kabel- und Bordnetzspezialist

Die Banken und Schuldscheingläubiger können darauf hoffen, nach der Sanierung einen Teil des Geldes wieder zurückzubekommen. Leoni wäre damit bis Ende 2026 gerettet. Die bayerische Firma ist ein hochverschuldeter Kabel-und Bordnetzspezialist und braucht schon länger dringend frisches Geld. Der Umsatz belief sich 2022 auf 5,1 Mrd. Euro. Die übrigen Aktionäre gehen im Zuge des Kapitalschnitts, der bereits erwartet worden war, leer aus.

„Bei diesem Sanierungskonzept handelt es sich aus Sicht des Vorstandes um die einzige verbleibende Sanierungslösung“, hieß es in der Mitteilung. Die Verhandlungen mit Pierer und den Gläubigern seien fortgeschritten, mit einer Einigung sei kurzfristig zu rechnen.

Pierer-Gruppe ist größter Einzelaktionär

Der Aktienbestand von Leoni befindet sich zu etwa drei Vierteln in Streubesitz. Größter Einzelaktionär ist mit einem Anteil von rund 20 Prozent die österreichische Pierer-Gruppe. Die Pierer-Holding steigerte stetig ihren Anteil an Leoni in den vergangenen Jahren. Nach der Übernahme von zehn Prozent der Anteile vor etwa zwei Jahren wollte Stefan Pierer die Restrukturierung beschleunigen. „Ich plane dort als Ankerinvestor schon eine aktive Rolle“, sagte Pierer damals der „Automobilwoche“. „Es gibt ja bisher keinen Kerninvestor bei Leoni, und börsennotierte Unternehmen ohne Kerninvestor sind manchmal schwer zu steuern.“ Eine Übernahme weiterer Anteile, wie es dann auch kam, schloss er nicht aus. Eine Komplettübernahme hatte Pierer im März 2021 aber noch offen gelassen: „Dafür ist es noch zu früh.“

Leoni Autozulieferer Nürnberg
Quelle: Leoni

Teilverkauf Ende vergangenen Jahres geplatzt

Ein Teilverkauf Leonis, der 400 Millionen Euro in die Kassa spülen und maßgeblich zur Entschuldung beitragen sollte, war Ende vergangenen Jahres geplatzt. Das Unternehmen betont, dass es sein Geschäftsmodell für solide hält und der Grund für die Schieflage vor allem in der hohen Schuldenlast zu suchen sei.

Der angeschlagene Zulieferer erzielte 2022 einen knappen operativen Gewinn vor Sondereffekten. Der Betriebsgewinn brach gegenüber 2021 (130 Mio. Euro) allerdings um 119 Mio. Euro auf rund 11 Mio. Euro ein. Erwartete Wertberichtigungen durch die Sanierung waren noch nicht enthalten. Bei der laufenden Sanierung wird ein erheblicher Wertberichtigungsbedarf erwartet, der mit einem niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbetrag das Ergebnis belasten könnte. Auch der Cashflow war im vergangenen Jahr nur dank eines Verkaufserlöses von 278 Mio. Euro positiv und betrug rund 126 (Vorjahr minus 12) Mio. Euro.

Umsatz von rund 5,5 Mrd. Euro wird erwartet

Für das Geschäftsjahr 2023 erwartete Leoni bei einer erfolgreichen Refinanzierung – die nun Pierer durchzieht – einen Umsatz von rund 5,5 Mrd. Euro, ein Ebit vor Sondereffekten im hohen zweistelligen Millionenbereich und einen ausgeglichenen Free Cashflow, der allerdings nach Finanzierungskosten auch 2023 erheblich negativ sein werde. „Die im Jahr 2022 gezeigte operative Entwicklung reicht trotz der Fortschritte nicht aus, um die Zinsen und Leasingsaufwände zu tragen“, erklärte Leoni bei der Vorlage der Geschäftszahlen fürs vorige Jahr.