Handy mit Filterfoto
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Chronik

Gefahr durch Schönheitsfilter auf Social Media

Makellose Schönheit war nie so leicht zu erreichen wie heute, zumindest digital: Filter machen Gesichter auf Videos und Fotos glatter, strahlender, „perfekter“. Vor allem junge Menschen kann das aber unter Druck setzen und ihnen schaden.

Volle Lippen, große Augen, strahlende Haut – ein neuer Filter auf Social Media mit dem Namen „Bold Glamour“ zaubert all das in Sekundenschnelle. Die Gesichter der Nutzerinnen und Nutzer auf Fotos und in Videos werden verändert – vermeintlich „schöner“. Das Besondere an diesem Filter ist die Tatsache, dass er besonders stabil ist. Während bei älteren Filtern häufig kleine Fehler im Bild zu sehen waren und erkennen ließen, dass ein Filter genutzt wurde, ist „Bold Glamour“ quasi fehlerlos und damit schwieriger zu entlarven.

Influencerin für Selbstakzeptanz

Millionenfach wurde „Bold Glamour“ bereits benutzt. Aber er sorgt auch für Kritik. Kommentare lauten etwa: „Das bin nicht ich“, „Das ist unheimlich“ oder auch „Das ist gefährlich“. Das glaubt auch die aus Sankt Florian (Bezirk Linz-Land) stammende Influencerin Sophie Forster-Vogelsberger alias „sophiehearts“. Auf ihrem Kanal geht es viel um das Thema Selbstakzeptanz – und dazu gehören auch Bilder, auf denen Augenringe oder Hautunreinheiten zu sehen sind.

Sie plädiert für eine Aufklärung und eine Art Kennzeichnungspflicht für Filter. „Sehr viele jüngere Menschen und auch Menschen in meinem Alter vergleichen sich mit Influencern, die aber ein völlig falsches Bild zeigen. Wenn ich mich aber mit jemandem vergleiche, der ja so gar nicht existiert, kann ich nur verlieren.“ Darunter könne der Selbstwert leiden. Es geht aber nicht nur um den Vergleich mit anderen, auch der Vergleich mit sich selbst bzw. der „schöneren“ Version seiner selbst kann Stress erzeugen: Wer ständig Bilder von sich selbst mit Filter bearbeitet und sieht, leidet womöglich, sieht er sein unbearbeitetes Gesicht dann im Spiegel.

Mehr Nachfrage nach Schönheits-OPs

Dass die vermeintlich perfekten Menschen auf Instagram und Co immer mehr Menschen beeinflussen, bemerken auch Schönheitschirurgen. Anfragen von immer jüngeren Menschen nehmen zu. Vor allem junge Frauen kommen mit dem Wunsch nach größeren Lippen, markanteren Gesichtszügen oder nach einer Brustvergrößerung. Während Patienten und Patientinnen früher mit Bildern aus Zeitschriften als „Vorbild“ gekommen seien, zeigen sie mittlerweile Handyfotos von sich selbst, über die sie Filter gelegt haben, berichten Schönheitschirurgen.

Ärztinnen und Ärzte hätten dann viel Verantwortung, so der Linzer Schönheitschirurg Rudolf Woisetschläger. Es gebe medizinisch begründete Ausnahmen, aber vor 20 seien Eingriffe nicht sinnvoll und auch dann nur nach langen und ausführlichen Beratungsgesprächen zu verantworten. „Ich schicke immer wieder junge Frauen weg“, sagt auch Andrea Oßberger, Plastische Chirurgin in Linz – wohlwissend, dass sich in den meisten Fällen jemand findet, der den Eingriff doch durchführt.

Arbeit am „inneren Kritiker“

Auf innere statt äußere Veränderung setzt Michael Barth vom Department für Psychosomatik am Kepler Uniklinikum. Das Optimieren des Äußeren sei ein Teufelskreis, so der Psychotherapeut. „Selbst wenn man beginnt, sich vermeintlich zu optimieren, ist es nur eine Frage der Zeit bis der nächste Optimierungsschritt notwendig wird. Das ist ein Kampf, der nicht zu gewinnen ist. Wir arbeiten mit den Patientinnen und Patienten dann am sogenannten inneren Kritiker.“

Der „Bold Glamour“-Filter beschert einem unter anderem dichtere Augenbrauen, härtere Konturen und glattere Haut
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Auch der Vergleich mit dem eigenen Filter-Ich kann zur Belastung werden

Dass der Vergleich mit dem vermeintlich Perfekten in den Sozialen Medien diesen inneren Kritiker immer lauter werden lassen, glaubt auch er. In der Therapie versuche er gemeinsam mit den Betroffenen, dem inneren Kritiker Grenzen zu setzen. Auch sei es wichtig andere Faktoren psychischen Wohlbefindens zu stärken – zum Beispiel echte Beziehungen.

Bewusste Auswahl der Inhalte

„Instagram ist ein Werbekatalog“, sagt die Bloggerin Christina Tropper. Das müsse jedem bewusst sein, der diese Plattformen nutze – besonders für Jugendliche und Kinder sei das aber oft schwierig. Diese Plattformen erkennen, wofür man sich interessiert – und zeigen dann immer mehr davon an. Bei Jugendlichen sei es sinnvoll, wenn die Eltern diesen Medienkonsum begleiten. „Wenn ich mir die ganze Zeit Fußballsachen anschaue, dann zeigt mein Feed nur Fußballsachen. Wenn ich mir die ganze Zeit Schminktutorials anschaue, dann werde ich die ganze Zeit Schminksachen sehen. Es macht durchaus Sinn, dass die Eltern da vielleicht auch im Feed mitschauen und sagen: Schau dir mal das an, vielleicht interessiert dich das auch und dann vielleicht Feministinnen, Aktivistinnen oder Umweltschützerinnen folgen“, so Tropper.

Inspiration und Selbstschutz

Auch Influencerin Forster-Vogelsberger wehrt sich dagegen, Social Media insgesamt zu verdammen. „Ich bin auch oft inspiriert, wenn ich quasi wieder geh von diesen Plattformen. Es kommt eben darauf an, wem man folgt.“ Sie rät, die Profile, die man verfolgt, immer wieder kritisch zu hinterfragen und aktiv jene zu löschen, die einem nicht guttun. „Ich würde empfehlen, Accounts auszusortieren, bei denen man ein ungutes Gefühl hat und sich danach denkt: Ich fühl mich weniger gut, weniger genug.“