Gruppenbild der oberösterreichischen Landesregierung vom 06.12.2022
Land OÖ/Max Mayrhofer
Land OÖ/Max Mayrhofer
Politik

Neuer Anlauf gegen den Proporz

Oberösterreichs SPÖ hat am Wochenende eine Diskussion über den Proporz in der Landesregierung ausgelöst. Am Donnerstag haben die Grünen die Abschaffung des Proporzes in einem Unterausschuss des Landtags gefordert.

Laut dem Proporzsystem hat jede Partei ab einem gewissen Stimmenanteil auch Anspruch auf einen oder mehrere Sitze in der Landesregierung. In den meisten Bundesländern ist diese Regierungsform Geschichte, in Ober- und Niederösterreich allerdings nicht. Die Grünen fordern bereits seit Jahrzehnten die Abschaffung, NEOS und MFG sprachen sich ebenfalls dagegen aus. Die SPÖ hat sich längere Zeit nicht an dieser Diskussion beteiligt, wegen der „Machtkonstruktion der ÖVP“ seit der letzten Landtagswahl habe es bei den Sozialdemokraten aber ein Umdenken gegeben, so Michael Lindner, der Landesvorsitzende der SPÖ. Von der ÖVP war dagegen zu hören, dass gerade in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung der Proporz ein wichtiger Kontrapunkt sei, und ein System, welches zum Miteinander verpflichte.

SPÖ: „Schwarzblaue Dampfwalze“

Bei der Sitzung des Unterausschusses „Landesverfassung und Landtagsgeschäftsordnung“ hätten die Grünen einen erneuten Anlauf genommen, der Antrag auf einen OÖ. Konvent, der die Vorarbeit für ein neues, modernes Regierungssystem hätte sein sollen, wurde aber laut Aussendungen von Grünen und der SPÖ von ÖVP und FPÖ abgelehnt. Die SP-Klubvorsitzender Sabine Engleitner-Neu spricht von einer „schwarzblauen Dampfwalze, die versucht Probleme ungelöst zu begraben“, für den Grünen Klubobmann Severin Mayr zeigt sich „nicht nur Angst vor Veränderung, sondern vor Demokratie, Mitbestimmung, Einbindung und Kontrolle“. Der Klubobmann von NEOS, Felix Eypeltauer, wirft FPÖ und ÖVP „alte Politik“ vor und den Versuch, eine öffentliche Debatte zur Modernisierung der Landespolitik zu verhindern.

Filzmaier: Proporz im Jahr 2023 nicht mehr logisch

Der Politologe Peter Filzmaier erklärt die Einführung des Proporzes in der oberösterreichischen Landesregierung so: „Man muss den Proporz aus Sicht der Nachkriegszeit, als Oberösterreich wieder eine Demokratie wurde, verstehen. Die politischen Lager, Sozial- und die Christdemokraten hatten 1934 gerade auch in Linz aufeinander geschossen. Die beiden wollte man an einen Regierungstisch zwingen, damit sie eben nicht wieder aufeinander mit Maschinengewehren schießen, sondern miteinander sprechen. Das ist in der Nachkriegszeit sehr logisch für den Proporz und dessen Einführung gewesen, aber nicht im Jahr 2023.“

Weil sie dadurch die absolute Mehrheit in der Landesregierung habe, obwohl sie mit knapp 38 Prozent der Stimmen klar darunter liege, sei die ÖVP ein Profiteur des Proporzes, so Filzmaier: „Sie ist daher gegen die Abschaffung des Proporzes, obwohl sie eine Mehrheit gegen sich nicht wirklich fürchten müsste, da ja beispielsweise Grüne und NEOS nicht mit der FPÖ zusammenarbeiten würden.“

„Generalverdacht der Befangenheit“

Auf die Frage, ob das System Proporz heute noch sinnvoll ist, antwortet der Politologe: „Das Problem beim Proporzsystem ist, dass das Wechselspiel von Macht und Kontrolle zwischen Regierung und Landtag nicht funktioniert. Bis 2021 war jede Partei im oberösterreichischen Landtag auch Regierungspartei und müsste sich also selbst kontrollieren. Wenn ich mich selbst kontrolliere, dann ist das nicht der beste Weg der Kontrolle. Man steht unter dem Generalverdacht der Befangenheit und genau das kann, und ist auch schon in Oberösterreich früher passiert. Je nach Wahlergebnis könnten theoretisch alle Parteien in der Regierung sein, jetzt sind es MFG und NEOS nicht, aber das kann bei der nächsten Wahl auch wieder anders sein.“