Stadtansicht von Linz
ORF.at/Dominique Hammer
ORF.at/Dominique Hammer
Politik

Heftige Kritik an Linzer Digitaluni-Misere

Heftige Kritik hat die noch nicht einmal gegründete Linzer Digitaluni am Dienstag geerntet. Dass es bei dem vor allem in Unikreisen höchst umstrittenen Projekt wieder Schwierigkeiten gibt, ist Wasser auf die Mühle der Kritiker. Der ohnehin schon ambitionierte Zeitplan wird jetzt infrage gestellt.

Es ist der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ), der am Dienstag als erster Position bezog, indem er sagte, dass sich das so nicht mehr ausgehen könne. Er erwarte sich vom Wissenschaftsminister „endlich eine klare Aussage, dass man jetzt den Zeitdruck rausnimmt und um ein Jahr verschiebt. Dieser überhastete Start im Herbst ist völlig unrealistisch, das würde einer Bruchlandung gleichkommen.“

Luger spricht von einem enormen Imageschaden für die neue Uni, wenn schon die Wahl des ersten Rektors aus Befangenheitsgründen scheitert: „Derzeit können Sie nicht davon ausgehen, dass wir internationale Studierende bekommen, geschweige denn Interessenten für die Präsidentenstelle.“

Lindner: „Schlamassel“

Von einem Schlamassel spricht auch sein Parteikollege SPÖ-Landesparteichef Michael Lindner. Besonders irritierend finde er, dass im Gründungskonvent noch nicht über Inhaltliches gesprochen worden sei.

Für den freiheitlichen Abgeordneten Axel Kassegger zeigen die Gründe für den Rückzug „die Befangenheit von mindestens einem Drittel der Konventsmitglieder sowie die fehlende inhaltliche Dimension, worum es Schwarz-Grün tatsächlich bei der Bildungspolitik geht – nämlich um Postenschacher vor Qualität“.

Kritik kam am Dienstag auch von NEOS. Statt dem notwendigen internationalen Standing drohe das Projekt zu einer Provinzposse zu werden, so Klubobmann Felix Eypeltauer. Allein schon eine internationalere Besetzung des Gründungskonvents hätte das Problem der Befangenheit innerhalb des Konvents minimiert, so Eypeltauer.

ÖH: „Postenschacherei und ÖVP-Wahlzuckerl“

Die Österreichische Hochschülerinnenschaft (ÖH) sah sich am Dienstag bestätigt, dass es bei der Gründung der neuen Uni nicht um Inhalte gehe, sondern um Postenschacherei und ein ÖVP-Wahlzuckerl.

Stelzer: „Zeitplan sollte eingehalten werden“

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sprach sich am Dienstag gegenüber dem ORF Oberösterreich dafür aus, dass der Zeitplan eingehalten wird. Bei so einem Jahrhundertprojekt wie der Digitaluni dürfe es zu keinen Verzögerungen kommen, so Stelzer.

„Es ist natürlich bedauerlich, dass der Zeitplan jetzt nicht eingehalten werden kann. Ein bisschen verwundert bin ich allerdings, dass man so lange gebraucht hat, bis man festgestellt hat, wer befangen ist. Ich kann verstehen, dass man jetzt zu dieser Entscheidung gekommen ist. Ich glaube aber, das hätte man auch zügiger haben können“, so Stelzer – mehr dazu in Wieder Aufregung um Digitaluni (ooe.ORF.at).

Wilfried Eichlseder nachnominiert

Am späten Dienstagnachmittag gab das Bildungsministerium bekannt, dass der gebürtige Oberösterreicher Wilfried Eichlseder, Rektor der Montanuniversität Leoben, nach der Funktionszurücklegung von Gerald Bast als Mitglied des Gründungskonvents nachnominiert wurde. Damit könne die Arbeit des Gründungskonvents zügig fortgesetzt werden, so das Ministerium.

Lehrbetrieb für Wintersemester geplant

Laut Plan soll im kommenden Wintersemester der Lehrbetrieb aufgenommen werden. Das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) geht auf eine Idee des früheren Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) zurück. Der Endausbau soll 2036/2037 mit 6.300 Studierenden erreicht sein. Was die Finanzierung angeht, sind für die Gründungsphase 2022 und 2023 18,4 Mio. Euro vorgesehen, die aus der Ministerreserve des Wissenschaftsministeriums gedeckt werden.

Ab dem Endausbau im Studienjahr 2036/37 sollen der Universität, die räumlich an die Linzer Uni andocken wird, jährlich 150 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Errichtungskosten werden ab dem Studienjahr 2023/24 von Bund und Land Oberösterreich gemeinsam 50:50 getragen.