Tatort an der Donaulände
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Gericht

15 Jahre für Mordversuch an Ehefrau

Jener 52-jährige Syrer, der im Mai in Linz seine Frau niedergestochen haben soll, ist Mittwochabend rechtskräftig wegen Mordversuchs zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Der Staatsanwalt hatte die Höchststrafe verlangt. Das Motiv der Tat sei Eifersucht gewesen.

Bei einem Strafrahmen von zehn bis 20 Jahren bzw. lebenslang wurde er zu 15 Jahren verurteilt und der Nötigung schuldig gesprochen. Außerdem muss er seiner Frau 10.000 Euro Schadenersatz zahlen. Ein reumütiges Geständnis „konnten wir nicht sehen“, so die Vorsitzende bei der Urteilsbegründung.

Der Angeklagte soll seine Frau bei einem Streit mit einem Teppichmesser mehrmals in den Hals gestochen haben. Die 41-Jährige überlebte nur dank einer Kette glücklicher Umstände und einiger couragierter Zeugen, die einschritten und den Angreifer unter erheblichem Risiko außer Gefecht setzten.

„Wir konnten doch nicht zulassen, dass er sie absticht“

Eine Frau sprang dem Mann in den Rücken, ein Geistlicher versuchte, ihn zum Aufgeben zu bewegen, die Mannschaft eines zufällig vorbeikommenden Krankenwagens sowie medizinisch kundige Passanten leisteten rasch Erste Hilfe. „Wir konnten doch nicht zulassen, dass er sie absticht“, sagte jene Helferin als Zeugin vor Gericht. Das Opfer sei blutüberströmt gewesen, als die Schwerverletzte im Rettungswagen versorgt wurde, habe der mutmaßliche Täter noch geschrien, sie sei eine „schlechte Frau“.

Angeklagter bestreitet die Tötungsabsicht

Das Motiv der Tat sei Eifersucht gewesen, weil die Frau mit anderen Männern in Sozialen Medien Kontakt gehabt habe, sagte der Staatsanwalt. Für den Staatsanwalt steht fest, dass der Angeklagte eine Tötungsabsicht „und sogar einen Tötungsvorsatz“ gehabt habe. Das zeige das Verletzungsmuster, die Frau des Syrers hatte u.a. sehr tiefe Stich- und Schnittverletzungen am Hals erlitten. Der Verteidiger sieht hingegen „am ehesten einen versuchten Totschlag“ oder eine absichtlich schwere Körperverletzung. Der Angeklagte bestritt in seinem Schlussstatement die Tötungsabsicht. Am späten Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück.

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Der Verteidiger meinte, was das Motiv angehe, müsse man den kulturellen Hintergrund sehen. Der Angeklagte bestreitet die Tötungsabsicht. Er bezeichnete sich als „sehr liberal“, meinte aber gleichzeitig, dass seine Frau nicht zu Fremden Kontakt haben dürfe und „Hochverrat“ begangen habe.

Keine medizinische Erklärung für Erinnerungslücken

Laut einem psychiatrischen Gutachten von Adelheid Kastner ist der Angeklagte nicht geistig abnorm. Darin kommt sie zum Schluss, dass die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten „noch nicht als höhergradig seelisch-geistige Abartigkeit“ einzustufen sei. Für die von ihm behaupteten Erinnerungslücken gebe es keine medizinische Erklärung, außer dass er sich nicht erinnern wolle. Der Angeklagte meinte, dass die Gutachterin „die orientalische Kultur nicht kennt“.

Diskussion über Frauenrechte

Er respektiere die „Meinung“ der Gutachterin, vertrete aber eine andere, „weil ich die Situation erlebt habe und aus einer anderen Kultur komme“, sagte der Angeklagte. Es gebe „einen Unterschied zwischen unseren Verhältnissen und den Verhältnissen in Österreich“. In der arabischen Welt sei es verboten, dass eine verheiratete Frau Kontakt mit einem anderen Mann habe. Und er könne „die Kultur, die ich mitbekommen habe, nicht in sechs Jahren in Österreich“ abschütteln.

Daraufhin entspann sich eine Diskussion mit der Vorsitzenden über Frauenrechte. Ob es denn in Syrien erlaubt sei, seine Frau mit dem Messer zu attackieren, wenn sie sich nicht an den Ehevertrag halte, wollte diese schließlich wissen. Nach längerem Disput räumte der Angeklagte kleinlaut ein, dass man auch dort seine Frau nicht schlagen dürfe, sondern sich scheiden lassen müsse, wenn die Beziehung nicht mehr funktioniere. „Das ist dann eh nicht so ein großer Unterschied“, befand die Richterin daraufhin.