Landesgericht Linz
Pressefoto Scharinger © Scharinger
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Gericht

Erinnerungslücke nach Attacke auf Ehefrau

Ein Syrer, der im Mai in Linz seine Frau niedergestochen haben soll und deshalb wegen Mordversuchs vor Gericht steht, ist laut psychiatrischem Gutachten von Adelheid Kastner nicht geistig abnorm. Der Syrer behauptet aber eine Erinnerungslücke zu haben.

Für die Erinnerungslücke gebe es aber keine medizinische Erklärung, außer dass er sich nicht erinnern wolle, so die Gutachterin. Der Angeklagte meint, dass Kastner „die orientalische Mentalität nicht kennt“. Der Angeklagte soll seine Frau bei einem Streit mit einem Teppichmesser mehrmals in den Hals gestochen haben.

Eifersucht als Tatmotiv

Die 41-Jährige überlebte nur dank einer Kette glücklicher Umstände und einiger couragierter Passanten, die einschritten und den Angreifer unter erheblichem eigenen Risiko außer Gefecht setzten. Motiv war Eifersucht, weil die Frau mit anderen Männern gechattet hatte.

Der Angeklagte habe verlangt, dass sie den Kontakt abbreche, was sie nicht tat, schilderte der Staatsanwalt. Der Verteidiger meinte, sein Mandant sei sich seiner Schuld bewusst und es tue ihm „wahnsinnig leid“. Aber was das Motiv angeht, müsse man den kulturellen Hintergrund sehen.

„Schwere Eheverfehlung“

Der Angeklagte bestreitet die Tötungsabsicht. Er bezeichnete sich als „sehr liberal“, meinte aber gleichzeitig, dass seine Frau zwar zu männlichen Kollegen am Arbeitsplatz und zu gemeinsamen Bekannten, aber nicht zu Fremden Kontakt haben dürfe.

„Sie hat eine schwere Eheverfehlung begangen, das ist ein Hochverrat“, hatte er beim Prozessauftakt im Oktober der Vorsitzenden des Geschworenensenats erklärt.

Erinnerungslücke nicht erklärbar

Das Gericht gab damals ein Gutachten bei Kastner in Auftrag. Sie kommt darin zu dem Schluss, dass die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten „noch nicht als höhergradig seelisch-geistige Abartigkeit“ einzustufen sei. Für die von ihm behaupteten Erinnerungslücken gebe es aber keine medizinische Erklärung, „außer, dass er sich nicht erinnern will“.

Der Angeklagte meinte daraufhin, dass die Gutachterin, die erst beim nächsten Prozesstermin das Gutachten selbst vortragen wird, die orientalische Kultur nicht kenne. „Im Orient ist es sehr schwer, wenn eine Frau ihren Mann angreift. Ich habe das nicht ausgehalten.“

Pfarrer eilte Frau damals zur Hilfe

Ob er einen Pfarrer, der der Frau zu Hilfe kommen wollte, an der Hand verletzt und mit dem Messer bedroht habe, wisse er nicht mehr. Er sei „bewusstlos“ gewesen – gemeint sei damit, „ohne Gefühle“ und ohne Kontrolle. Was die Attacke auf seine Frau angeht, will er nicht gezielt gegen den Hals gestochen haben, sondern „willkürlich“ – was die Vorsitzende zu der Frage brachte, woher er das wisse, wenn er sich nicht mehr erinnern könne.

Unklarheiten gab es auch, weil der Angeklagte davon sprach, er habe seine Frau mit dem Messer „geschlagen“. Auf die Frage, ob er nun gestochen oder geschlagen habe, sagte er: „Ich kenne den feinen Unterschied zwischen stechen und schlagen nicht“. Nach längerer Diskussion einigte man sich doch auf das Verb „stechen“.

Urteil erst bei nächstem Prozesstermin

Im Lauf des Mittwochs sind noch mehrere Zeugen geladen, auch die Videos der kontradiktorischen Einvernahme des Opfers werden abgespielt. Ein Urteil soll erst zu einem weiteren Termin gesprochen werden, zu dem auch die psychiatrische Gutachterin kommen soll.