Politik

Kritik an Ehrenurkunde trotz Vergewaltigungsvorwurfs

Eine Ehrenurkunde für einen wegen Vergewaltigung verurteilten ehemaligen ÖVP-Politiker, über die die „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“) am Freitag berichteten, sorgt für Kritik. Die zuständige Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) räumte eine „irritierende Optik“ ein.

Die Ehrung sei noch vor dem rechtskräftigen Schuldspruch in die Wege geleitet worden, so die zuständige Landesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP). „Zum heutigen Zeitpunkt wäre eine Ehrung vollkommen ausgeschlossen.“

Urkunde für Tätigkeit als Obmann eines Regionalverbandes

„Wer mich kennt, weiß, dass ich niemanden vor den Kopf stoßen oder verletzen wollte“, so Langer-Weninger in einem Statement am Freitag. Der Ex-Politiker habe die Urkunde für seine langjährige Tätigkeit als Obmann eines Regionalverbandes erhalten, „so wie andere ausgeschiedene Obleute“ auch, sagte sie gegenüber den „OÖN“. Die Würdigung erfolgte rund ein Jahr nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung und wenige Tage, bevor der Oberste Gerichtshof (OGH) den Schuldspruch bestätigte.

Ex-Politiker zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt

Der ehemalige Landtagsabgeordnete und Bürgermeister war im Herbst 2021 zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht befand ihn schuldig, eine Mitarbeiterin zweimal sexuell belästigt, dreimal vergewaltigt und – als sie ihr Schweigen schließlich brach – verleumdet zu haben. Er hatte die Frau, nachdem sie Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte, angezeigt und eine Unterlassungsklage eingebracht. Die daraus resultierenden Ermittlungen brachten ihn aber schließlich selbst vor Gericht. Die Anklage stützte sich unter anderem auf ein von der Frau vorgelegtes Taschentuch mit DNA-Spuren.

Angeklagter leugnete alle Vorwürfe vehement

Der Angeklagte leugnete im Prozess alle Vorwürfe vehement und ortete eine Intrige. Gegen das erstinstanzliche Urteil ergriff er alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel. Am 27. Oktober wies der OGH seine Nichtigkeitsbeschwerde zurück. Nun muss noch das Oberlandesgericht (OLG) Linz entscheiden, ob es beim in erster Instanz verhängten Strafmaß bleibt. Sein Landtagsmandat stellte der Mann nach Bekanntwerden der Vorwürfe ruhend und trat einige Monate später schließlich zurück, auch als Bezirksparteiobmann wurde er rasch abgelöst.

Als Bürgermeister wiedergewählt

Bürgermeister blieb er aber und wurde im Vorjahr – wenige Tage vor dem Urteilsspruch in erster Instanz – sogar wiedergewählt. Nach dem Schuldspruch räumte er aber schließlich doch seinen Sessel als Ortschef. Wie es mit seiner ÖVP-Mitgliedschaft weitergeht, ist noch offen. Es sei nicht Direktmitglied, sondern über Teilorganisationen, hieß es aus der Landespartei. Daher sei auch nicht die Landespartei für Konsequenzen zuständig, sondern die Teilorganisationen, und diese würden über die Mitgliedschaft entscheiden, sobald das Strafmaß fixiert sei.

Haberlander: „Ist klar, dass Ausschluss aus ÖAAB erfolgt“

„Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen Vergewaltigung ist klar, dass ein Ausschluss aus dem ÖAAB Oberösterreich erfolgt“, teilte ÖAAB-Landesobfrau Christine Haberlander mit. Die entsprechenden Beschlüsse seien in Vorbereitung. Als für Frauenagenden zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin stellte sie sich hinter ihre Parteikollegin Langer-Weninger, wonach eine Ehrung „zum heutigen Zeitpunkt vollkommen ausgeschlossen wäre“, und unterstrich, dass die Optik „keine gute“ sei. Gerade für sie und Langer-Weninger als den „zwei Frauen in der Landesregierung ist klar, dass sexuelle Gewalt gegen Frauen ein absolutes No-Go ist“, so Haberlander.

Beim Seniorenbund Oberösterreich ist der Betroffene ebenfalls Mitglied. Dort hieß es am Freitag auf APA-Anfrage, er habe aus eigenem Anlass mitgeteilt, dass er für die Zeit des Strafvollzugs seine Mitgliedschaft zurücklegt.

SPÖ fordert klare Distanzierung von Tat und Täter

SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner forderte von Haberlander – sie ist Obfrau des oö. ÖAAB, bei dem der Mann Mitglied ist, und Frauenlandesrätin – „eine klare Distanzierung von Tat und Täter sowie Solidarität mit den Opfern“. Für SPÖ-Landesfrauenvorsitzende Renate Heitz war es „schon eine Schande, dass jemand, der wegen so schwerer Vorwürfe vor Gericht steht, nochmals kandidiert, und es ist absolut untragbar, dass die ÖVP das Strafverfahren nicht nur bis heute ignoriert, sondern sich auch nicht vom mittlerweile rechtskräftig Verurteilten und seiner Tat distanziert“.

Sie beklagt, dass im Ort offenbar eine Solidaritätskundgebung für den Mann organisiert werden soll, wie ein kursierendes Flugblatt zeigt. Der Beschuldigte selbst besingt unterdessen in YouTube-Videos seine Unschuld und dass ihm übel mitgespielt worden sei.