Protestmarsch in St. Georgen
APA/Daniel Scharinger
APA/Daniel Scharinger
Politik

Protest gegen Asylzelte in St. Georgen

In St. Georgen im Attergau ist am Mittwoch gegen die in Thalheim aufgebauten Zelte für Asylwerber demonstriert worden. Laut Polizei beteiligten sich bis zu 1.000 Menschen an dem Protestmarsch, bei dem auch Personen aus der rechtsextremen Szene zu sehen waren.

Aus Polizeikreisen war zu hören, dass die Veranstaltung zu einem Aufmarsch „der rechten und rechtsextremen Szene aus ganz Österreich“ geworden sei, konkret wurde eine Anzahl von etwa 50 Personen genannt. Der Großteil der Teilnehmer kam aber aus der Region und hat mit der rechten Szene nichts zu tun. Um 10.30 Uhr versammelte sich vor dem Marktgemeindeamt eine Menschenmenge.

Friedliche Protestaktion

Bei dieser „Bürgerinformation“ vor dem Gemeindeamt waren auch Identitäre und andere amtsbekannte Personen aus der rechten Szene Österreichs zu sehen, unter ihnen Identitären-Chef Martin Sellner. Im Anschluss fand ein Marsch zur Westautobahn statt. Die Autobahnauf- und -abfahrten St. Georgen im Attergau waren von 10.30 Uhr bis 13.30 Uhr gesperrt. Die Protestaktion verlief friedlich.

„Wir sind nicht ausländerfeindlich“

Aufgerufen zur Kundgebung hatten Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) und alle Gemeinderatsfraktionen. Der Auslöser sind 17 Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen, die vor eineinhalb Wochen neben der Bundesbetreuungsstelle Thalham aufgestellt worden waren. Mit dem Erstaufnahmezentrum West trage die Gemeinde ohnehin schon zur Unterbringung von Flüchtlingen bei, argumentierte der Bürgermeister. Weiterhin habe man in einem ehemaligen Sanatorium Kinder und Jugendliche aus einem Waisenhaus in der Ukraine aufgenommen, mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung, betonte er.

Protestmarsch in St. Georgen im Attergau

„Wir sind nicht ausländerfeindlich. Wir sind kooperativ, aber wir lassen nicht über uns drüberfahren. Das ist ganz klar die Ansage heute“, sagte der Bürgermeister von St. Georgen bei der „Bürgerinformation“ am Mittwochvormittag.

Der Protest richte sich gegen „diese 17 menschenunwürdigen Zelte, die – ohne uns zu fragen – aufgestellt worden sind“, so der Ortschef. „Diese bringen das Gefüge im Ort aus dem Gleichgewicht, weil jetzt einfach zu viele junge Männer da sind.“

„Wir sind nicht für Extremismus zu haben“

Bürgermeister Aigner (ÖVP) sagte im Vorfeld der Protestkundgebung, dass er über jede Unterstützung froh sei, wies aber darauf hin, dass die Demonstration friedlich ablaufen müsse: „Wir sind nicht für Extremismus zu haben, egal auf was für einer Seite. Das ist eine Veranstaltung der Marktgemeinde St. Georgen. Wir freuen uns über jede Unterstützung, aber im normalen Ablauf.“

Protest in St. Georgen im Attergau
fotokerschi/Kaltenleitner

„Menschenunwürdige Zelte müssen weg“

Die Gemeindevertreter und die Bevölkerung hofften, dass der Protestmarsch dazu führt, dass die Zelte umgehend wieder abgebaut werden, so Aigner: „Das Ziel ist, diese menschenunwürdigen 17 Zelte wegzubringen. Und dass irgendwer wieder mal mit uns Kontakt aufnimmt. Ich komme mir irgendwie etwas abgenabelt vor – vom Bund und vom Land.“

Protestmarsch in St. Georgen
fotokerschi/Kaltenleitner

Weitere Protestmaßnahmen möglich

Sollte sich an der derzeitigen Situation nach der Protestkundgebung nichts ändern, so werden laut Bürgermeister Aigner weitere Protestmaßnahmen stattfinden. Eine Sperre der Autobahn sei untersagt gewesen, sagte Aigner vor der Kundgebung: „Momentan wollen wir noch friedlich auf unser Thema aufmerksam machen, daher haben wir gesagt, wir sperren jetzt einmal die Auf- und Abfahrt. Sollte sich nichts ändern, werden sicher eventuell noch weitere Maßnahmen überlegt.“

Karner: Von Rechtsradikalen nicht beeinflussen lassen

Am Mittwochnachmittag reagierte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) auf die Proteste in St. Georgen: „Ich habe großes Verständnis für Sorgen und Ängste der Menschen und auch der örtlichen Politik. Eines sei jedoch ganz klar gesagt: Von Rechtsextremen und Rechtsradikalen oder von deren Parolen und deren übler Hetze lasse ich mich keinen Millimeter auf dem jetzt notwendigen Weg beeinflussen.“

Hattmannsdorfer fordert stufenweisen Abbau der Zelte

Gegen die Zelte in St. Georgen sprach sich am Sonntag erneut Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) aus. Oberösterreich habe und werde weiterhin seinen Beitrag leisten, darum solle die zuständige Bundesagentur einen stufenweisen Abbau der Zelte in St. Georgen ermöglichen, so Hattmannsdorfer in einer Aussendung: „Ich verstehe die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung, und auch mir sind die Asylzahlen viel zu hoch. Es ändert aber nun mal nichts daran, ob es einem gefällt oder nicht, dass es unsere humanitäre Verantwortung ist, jene Asylwerber, die hier sind, zu versorgen und ihnen ein ordentliches Verfahren zu ermöglichen.“ Die Flüchtlingsquote habe sich zuletzt in Oberösterreich gebessert, mehr als ein Drittel der vom Bund überstellten Flüchtlinge im Oktober sei von Oberösterreich übernommen worden, heißt es.

Bund: Kapazitäten sind erschöpft

Thomas Fussenegger, der Sprecher der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen sagte im Interview mit dem ORF Oberösterreich, dass auch seine Behörde die Zelte „so schnell wie möglich“ weg haben wolle: „Wir stellen die Zelte nicht gerne auf, aber wir weisen seit Monaten darauf hin, dass unsere Kapazitäten erschöpft sind.“ Man müsse jeden Tag mehr Menschen aufnehmen, als man in die Grundversorgungsquartiere der Bundesländer zurückgeben könne. Österreichweit benötige man an die 1.000 neue Plätze, so Fussenegger, damit man die täglich neu Ankommenden „normal und ordentlich“ unterbringen kann.