Politik

NEOS will Seniorenbund OÖ anzeigen

Oberösterreichs NEOS hat am Dienstag angekündigt, bei der Staatsanwaltschaft in den nächsten Tagen eine Sachverhaltsdarstellung gegen den Seniorenbund wegen des Verdachts des Missbrauchs von Fördergeldern einbringen zu wollen. Gemeinsam mit SPÖ und Grünen wurde ein offener Brief an LH Thomas Stelzer verfasst.

Er sehe Indizien dafür, dass die umstrittenen knapp zwei Millionen Euro an Covid-19-Hilfen vom gleichnamigen Verein der ÖVP-Teilorganisation „rechtswidrig“ kassiert wurden, so Landessprecher und Klubobmann Felix Eypeltauer: „Wir werden darüber hinaus zwei Schritte setzen, um für die Menschen in Oberösterreich Klarheit zu schaffen. Wir werden einerseits eine Sachverhaltsdarstellung gegen den Verein des Seniorenbundes einbringen. Und wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten, im Landtag aber auch im Nationalrat, durch schriftliche Anfragen aufklären, welche weiteren Förderungen an Parteiorganisationen – nicht nur der OÖ VP, aber gerade auch der OÖ VP – geflossen sind.“

„Hinreichende Indizien auf Rechtswidrigkeit“

Man sei der Meinung, dass es hinreichende Indizien darauf gebe, dass hier im vollen Bewusstsein um die Rechtswidrigkeit trotzdem eine Förderung beantragt worden sei, so Eypeltauer. Das sollte der Rechtsstaat, die Ermittlungsbehörden aufklären, und deshalb mache man eine Sachverhaltsdarstellung, meinte Eypeltauer.

Pühringer: „Geld zur Gänze für Seniorenarbeit verwendet“

Oö. Seniorenbundobmann Josef Pühringer wiederum betonte, „dass der gemeinnützige Verein OÖ Seniorenbund schon 1956 gegründet wurde, also nicht erst jetzt, um Hilfe zu erhalten. Damals war von Corona noch keine Rede“. Inzwischen sei der Verein mit rund 11.000 Ehrenamtlichen und mehr als 75.000 Mitgliedern „eine der größten gemeinnützigen Sozialorganisationen unseres Landes“. Diese „Funktionäre“ würden „Wertschätzung und nicht Verurteilung“ verdienen, so Pühringer weiter. Die Gelder des NPO-Fonds seien zur Gänze „für die Seniorenarbeit im Verein Seniorenbund verwendet“ worden, meinte er.

Offener Brief an Landeshauptmann

NEOS, SPÖ und Grüne haben in der Causa heute außerdem gemeinsam einen offenen Brief an ÖVP-Landesparteiobmann und Landeshauptmann Thomas Stelzer veröffentlicht. Darin fordern sie, dass der Seniorenbund die Förderungen „bis auf den letzten Cent“ zurückzahlt.

Bundes-SPÖ: „Skandal weitet sich zunehmend aus“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch erklärte in einer Aussendung, der „ÖVP-Förderskandal rund um den Seniorenbund weitet sich zunehmend aus“. Auch die Junge Volkspartei, der (ÖVP-)Wirtschaftsbund und der (ÖVP-)Bauernbund hätten Förderungen erhalten, die ihnen nicht zustehen, so Deutsch mit Blick auf einen „Kurier“-Bericht vom Vortag. Demnach hat auch beim oö. Wirtschaftsbund eine einzelne Ortsgruppe einen Förder-Antrag gestellt, dort wird nun eine Rückzahlung veranlasst.

Und auch beim Bauernbund OÖ soll ein gemeinnütziger Verein (trotz Weisung des Bauernbundes, dies nicht zu tun) Förderungen aus dem NPO-Fonds beantragt haben, dort werde eine Rückzahlung geprüft, hieß es.

Deutsch sieht ÖVP-Chef Karl Nehammer gefordert

„Die Frechheit der ÖVP kennt keine Grenzen mehr“, sagte Deutsch am Dienstag zu den Vorgängen. „ÖVP-Chef Nehammer muss endlich einlenken und dafür sorgen, dass alle zu Unrecht erhaltenen Fördermillionen sofort auf Heller und Pfennig zurückbezahlt werden.“ Sollte Nehammer weiter „mauern“ und nicht bereit sein, „die schamlose Selbstbedienung rückgängig zu machen, dann muss die Republik vor Gericht ziehen und den Klagsweg beschreiten“. Darüber hinaus kritisierte Deutsch die „türkis-grüne Halbzeitbilanz“, diese sei „desaströs“.

Grüne: Austria Wirtschaftsservice eingeschaltet

Aus dem für die Förderungen zuständigen Ressort von Vizekanzler Kogler (Grüne) hieß es dazu laut Ö1, das Austria Wirtschaftsservice prüfe nun die Angelegenheit, das dürfte „einige Wochen“ dauern. Kogler selbst erklärte am Rande eines Pressetermines: „Entlang des Parteiengesetzes muss beurteilt werden, ob das überhaupt zwei Organisationen sind (die Vereine und der politische Arm des Seniorenbundes, Anm.)“

Seniorenbund verwies auf korrekte Anträge

Der Seniorenbund verwies am Dienstag laut Ö1-„Mittagsjournal“ auf die korrekte Einbringung der Förderanträge: „Die Anträge wurden im Vorfeld rechtlich von externen Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern geprüft und in voller Transparenz und richtlinienkonform eingereicht. Es ist davon auszugehen, dass der NPO-Unterstützungsfonds Anträge geprüft hat“, hieß es laut ORF-Radio in einem schriftlichen Statement des Seniorenbundes. Die Ergebnisse seien abzuwarten.

Politikberater: Causa bestärkt Vorurteile gegenüber Politik

Für den Politikberater Thomas Hofer ist die Optik für die ÖVP denkbar ungünstig. Gerade in dieser Zeit des zunehmenden ökonomischen Drucks sei der Eindruck in der Öffentlichkeit fatal „und bestärkt Vorurteile gegenüber der Politik in der Bevölkerung“ – auch wenn diese zum Teil auch zu Unrecht bestünden.

Politologe Thomas Hofer zum Seniorenbund

Politberater Thomas Hofer spricht über die Frage, ob ein Verein Seniorenbund tatsächlich losgelöst und unabhängig von der ÖVP Parteiorganisation zu betrachten sein kann.

Da müsse mehr als nur sauber agiert werden. „Und damit sage ich noch immer nicht, dass das rechtlich nicht in Ordnung war, denn natürlich kann man das in irgendeiner Art und Weise argumentieren, auch wenn die personellen Überschneidungen der betroffenen Institutionen so deckungsgleich sind, dass man die Unabhängigkeit nur schwer darstellen kann".