Hundert-Euro-Bündel
ORF
ORF
Coronavirus

Seniorenbund bekam zwei Millionen aus CoV-Fördertopf

Der oö. ÖVP-Seniorenbund hat aus einem CoV-Fördertopf des Bundes für Non-Profit-Organisationen knapp zwei Millionen Euro bezogen, obwohl politische Parteien und ihre Teilorganisationen explizit davon ausgeschlossen waren. Das kam bei der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der NEOS-Abgeordneten Katharina Werner zutage.

Der Seniorenbund rechtfertigte sich damit, dass es neben der ÖVP-Teilorganisation auch einen gleichnamigen gemeinnützigen Verein gebe, der das Geld bekommen habe. Allerdings sind Bund und Verein beinahe deckungsgleich.

Fonds für finanzielle Ausfälle durch CoV-Krise

Der NPO-Fonds wurde im Frühjahr 2020 im Ressort von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) eingerichtet, um für Non-Profit-Organisationen finanzielle Ausfälle durch die Coronavirus-Krise abzufedern. Gedacht wurde dabei an gemeinnützige Vereine, Umweltinitiativen, Freiwillige Feuerwehren und Einrichtungen anerkannter Glaubensgemeinschaften. Politische Parteien und ihre Vorfeldorganisationen wurden in der Richtlinienverordnung des Fonds dezidiert ausgenommen.

Dennoch gingen von den bisher 50.000 geleisteten Auszahlungen auch einige an diverse Vereine und Bünde, die politischen Parteien nahestehen, wie die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von NEOS ergab. Der oberösterreichische Wirtschaftsbund, der Bauernbund, die Schülerunion, die Junge Volkspartei sowie der Ring freiheitlicher Jugend erhielten vergleichsweise geringe finanzielle Zuwendungen bis maximal 11.000 Euro.

Seniorenbund erhielt mehr als 1,9 Millionen Euro

Der Seniorenbund allerdings erhielt zwischen März 2020 und Juli 2022 etwas mehr als 1,9 Millionen Euro aus diesem Fonds. Und das, obwohl im Antragsformular deutlich bestätigt werden muss, dass „kein Ausschlussgrund“ gemäß der Fondsrichtlinie besteht, die eben explizit politische Parteien ausschließt.

Seniorenbund-Geschäftsführer Franz Ebner argumentierte damit, dass der Seniorenbund wie in anderen Bundesländern quasi eine Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein desselben Namens führe und nur der Verein Förderungen erhalten habe. Ebner räumte in seiner ersten Stellungnahme zwar ein, dass die beiden Seniorenbünde zwar fast deckungsgleich dieselben Führungskräfte und Mitglieder hätten, finanziell aber völlig unabhängig voneinander seien. Man habe die Förderungen auch nicht für Parteiarbeit verwendet.

Nachprüfung in Auftrag gegeben

Dass man mit dem Verhalten eine Gesetzeslücke ausgenutzt habe, weist Ebner zurück. Schließlich habe das Sozialministerium dem Seniorenrat – in dem auch der Seniorenbund vertreten ist – sogar empfohlen, sich bei Einnahmenausfällen an den Fonds zu wenden. Alles sei mit Steuerberatern korrekt eingebracht worden, so Ebner. Im Ressort von Vizekanzler Kogler zweifelt man inzwischen aber an der Rechtmäßigkeit der Auszahlung und hat eine Nachprüfung in Auftrag gegeben.

Im Sozialministerium wies man die Darstellung des Seniorenbundes gegenüber der APA am Mittwoch zurück: Der Seniorenrat als überparteiliche Organisation habe um eine Sonderförderung angesucht, um die Folgen der CoV-Krise abzufedern. Man habe den Seniorenrat dann über alle bestehenden Fördermöglichkeiten informiert – es habe „zu keinem Zeitpunkt Förderzusagen in diesem Zusammenhang“ gegeben. Zudem betonte das Sozialministerium, „dass es selbstverständlich in der Verantwortung der einreichenden Organisationen liegt, selbst sicherzustellen, dass alle Förderkriterien und -vereinbarungen eingehalten werden“.

Als Konsequenz müssten gewährte Förderungen zurückgezahlt werden. Wie es im Antragsformular außerdem heißt, können „unvollständige oder falsche Angaben“ auch zu strafrechtlichen Folgen und einem „mehrjährigen Ausschluss von allen Förderungen des Bundes“ führen.

Landes-ÖVP sieht kein Problem

In der Landes-ÖVP sieht man offensichtlich kein Problem. Landesgeschäftsführer Florian Hiegelsberger teilte mit, dass sich die über 400 eigenständigen Vereine, aus denen der Seniorenbund bestehe, über Veranstaltungen finanzieren. Nachdem dies in den vergangenen beiden Jahren nicht möglich war, "wurde um Unterstützung angesucht, um Ältere in der schwierigen CoV-Zeit weiter unterstützen zu können.

Pühringer: „Kein Euro zur ÖVP geflossen“

Altlandeshauptmann und Seniorenbund-Obmann Josef Pühringer fürchtet keinerlei Konsequenzen. Es sei alles rechtens gewesen. Das Ministerium hätte den Seniorenbund wahrscheinlich nicht angeschrieben, wenn er von der Förderung ausgenommen wäre, außerdem sei man in erster Linie ein Sozialverein und wickle 90 Prozent der Aktivitäten auch als Sozialverein ab, so Pühringer.

Dass man auch Teilorganisation einer politischen Partei sei, sei eine zweite Rechtsnatur, so Pühringer weiter. „Und es ist, das kann ich garantieren, kein Euro in die Parteiarbeit gegangen und kein Euro zur ÖVP geflossen, und es hat sich ganz sicher nicht jemand mit einem Euro bereichert“, betonte Pühringer.

NEOS: Republik als Selbstbedienungsladen missbraucht

NEOS forderte die Prüfung von strafrechtlichen Konsequenzen und die Rückzahlung des Geldes aus dem Non-Profit-Topf, wie Abgeordnete Werner mitteilte. Der „Skandal“ zeige „einmal mehr, dass die ÖVP die Republik ständig als Selbstbedienungsladen missbraucht“, meinte Werner. „Dieser weitere ungenierte Griff nach Steuergeld darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.“

Werner will nun in einer Folgeanfrage wissen, ob es in den anderen Bundesländern ebenso zu fragwürdigen CoV-Förderungen gekommen ist. „Es ist schlicht und einfach unmoralisch, wenn sich die ÖVP über ihre Bünde staatliche CoV-Hilfen in Millionenhöhe krallt, während viele krisengebeutelte Unternehmen bis heute nichts von den versprochenen Hilfen gesehen haben.“

„Die OÖVP lässt keine Gelegenheit aus, Steuergeld kübelweise in die eigene Kasse zu scheffeln“, kritisierte auch der oberösterreichische NEOS-Chef Felix Eypeltauer. Der Seniorenbund der ÖVP benutze „eine Parallelstruktur, die vermutlich auch für genau solche Fälle konstruiert worden ist“.

SPÖ fordert „lückenlose Aufklärung“

Auch der oberösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Florian Koppler forderte „volle Transparenz und eine lückenlose Aufklärung“. Die ÖVP und ihr Umfeld hätten die Pandemie genutzt, um Geld zu machen, etwa ein ÖVP-Manager mit dem Verkauf von überteuerten Masken an das Land Oberösterreich. „Thomas Stelzer muss endlich lernen, dass Oberösterreich kein türkiser Selbstbedienungsladen ist“, sprach Koppler den Landeshauptmann direkt an.

Grüne: „Unglaubliche Unverfrorenheit“

„Schockiert“ zeigte sich auch die grüne Landesgeschäftsführerin Ursula Roschger: „Das ist eine unglaubliche Unverfrorenheit.“ Ob dabei tatsächlich eine Vereinskonstruktion gefunden wurde, die einen Antrag zulässig erscheinen lässt, würden Juristen klären müssen und sei nicht die entscheidende Frage, befand Roschger, denn aus politischer Sicht sei der Fall eindeutig. Der Nationalrat habe mit den Stimmen der ÖVP ein Gesetz beschlossen, in dem Parteien und ihre Teilorganisationen dezidiert ausgeschlossen sind – „dass eine ÖVP-Vorfeldorganisation dann organisiert Fördermittel beantragte, ist jenseitig und absolut inakzeptabel“.