Pflege, Altenheim, Pflegekraft, Pflegeheim
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Coronavirus

Situation in Altersheimen „zermürbend“

Oberösterreichs Pflegeheime haben vergangene Woche den Höhepunkt der Pandemie erlebt, mit mehr als 740 Pflegekräften in Quarantäne. Aus den Heimen heißt es jetzt, die Luft sei draußen. Es brauche dringend Geld für mehr Personal, vor allem für Hilfskräfte.

Nur langsam entspannt sich die Lage in den oberösterreichischen Alters- und Pflegeheimen. Die Omikron-Welle traf die Einrichtungen im März mit voller Wucht. Noch nie in dieser Pandemie fielen so viele Pflegekräfte mit einer Corona-Infektion aus. Die Folge der Personalengpässe waren zahllose Überstunden der nicht erkrankten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir sind alle an unsere Grenzen gekommen. Es war zermürbend zum Teil“, schildert Paula Lebschy aus St. Georgen an der Gusen, die seit 30 Jahren in der Altenpflege tätig ist. Ihr und vielen in der Kollegenschaft sei die Luft ausgegangen.

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Paula Lebschy ist Fachsozialbetreuerin Altenpflege im Seniorenwohnheim St. Georgen an der Gusen im Bezirk Perg.

Öffnungsschritte zu früh

Größere Träger, die mehrere Pflegeheime betreiben, taten sich in den vergangenen Wochen leichter. Sie konnte Pflegekräfte von einem Heim vorübergehend in ein anderes versetzen, wo die Personalnot größer war, sagt etwa der Geschäftsführer der Linzer Seniorenzentren Robert Ritter-Kalisch. Das sei an die Substanz gegangen und nur durch „eine unglaubliche Einsatzbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ möglich gewesen. In manchen Linzer Heimen sei zur stärksten Zeit ein Drittel der Belegschaft ausgefallen. Für Mitschuld an der angespannten Lage hält Ritter-Kalisch die Öffnungsschritte. Die seien „zum Höhepunkte der Infektionswelle viel zu früh gekommen“.

„Auch vor Omikron-Welle die Hausaufgaben gemacht“

Für den Herbst sei man gerüstet. Man habe auch vor der Omikron-Welle die Hausaufgaben gemacht. Mit den Öffnungsschritten und dem langen Zeitraum, in dem die Personalausfälle jetzt anhielten und auch noch anhalten, sei aber nicht zu rechnen gewesen. Es brauche dringend mehr Personal. Denn bei den Pflegekräften sei die Luft jetzt draußen. Nicht nur Paula Lebschy als Pflegekraft, auch Ritter-Kalisch als Geschäftsführer der Seniorenzentren sieht jetzt dringenden Bedarf an Hilfskräften.

Robert Ritter-Kalisch
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Robert Ritter-Kalisch, Geschäftsführer der Seniorenzentren Linz im ORF-Interview.

Ruf nach Geld für Hilfskräfte

Es brauche Personal, das die Pflegekräfte bei einfachen Tätigkeiten unterstütze. Es brauche jetzt „rasches Handeln“ von der Politik, so Lebschy. In den Heimen sei von einer Entlastung auch nach zwei Jahren Pandemie nichts zu spüren. Hilfskräfte würden akut Abhilfe schaffen, indem sie hauswirtschaftliche Dienste übernehmen. Sie könnten Frühstück machen, Betten überziehen und bei der Reinigung helfen.

Das sehen auch Personalvertreter so. Sie fürchten, dass die Betreuung in den Alters- und Pflegeheimen sonst auf Dauer nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Stefan Bauer, Zentralbetriebsrat des Sozialhilfeverbandes Linz-Land und Betriebsrat im Pflegezentrum Enns, berichtet bereits von leeren Zimmern in den Heimen. Teilweise könnten trotz großer Nachfrage und vorhandener Kapazitäten keine neuen Bewohnerinnen und Bewohner aufgenommen werden, weil es an Personal fehle.

Immer mehr kündigen

Bauer spricht auch von immer mehr Kündigungen, die es im Pflegebereich in diesem Ausmaß vorher nicht gegeben habe. Die meisten, die jetzt aufhören, würden den Beruf wechseln, sich um eine Umschulung bemühen oder sich nach der langen CoV-Krisenzeit einfach eine Auszeit nehmen. Groß ist die Befürchtung, dass sich die Lage im Herbst wiederholt. Da seien die bisherigen Überstunden noch nicht einmal abgebaut, heißt es.