Kind klettert auf einen Stuhl neben seiner Mutter
APA/dpa/Julian Stratenschulte
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Weltfrauentag

CoV: Tempo für Gleichstellung verlangsamt

Am 8. März ist Weltfrauentag und der geht jedes Jahr mit einer Debatte um die Gleichstellung von Mann und Frau einher. Die Zielvorgabe der Frauenstrategie des Landes OÖ bis 2030 lautet völlige Gleichstellung der Geschlechter. Ein Zwischenbericht zeigt noch viel Luft nach oben.

Eine Betreuungsquote von 17,8 Prozent bei den Unter-Dreijährigen, ein „zaghafter“ Anstieg der Anzahl von Mädchen in technischen Lehrberufen sowie bei gut 15.000 Geburten im vergangenen Jahr in Oberösterreich nur 211 Anträge auf Pensionssplitting, so der Zwischenstand der Frauenstrategie des Landes von LH-Stellvertreterin und Frauenreferentin Christine Haberlander (ÖVP).

130 Seiten Gleichstellungspapier

„Frauen.Leben 2030“ wurde von Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) im November 2016 initiiert, als sie als einziges weibliches Regierungsmitglied die – eigentlich der ÖVP zugeordneten – Frauenagenden betreute. Haberlander hat inzwischen übernommen. In der oö. Strategie haben sich rund 2.000 Bürgerinnen und Bürger in Workshops oder durch ihre Teilnahme an Umfragen eingebracht, woraus ein rund 130 Seiten starkes Papier hervorging, das sich in acht Handlungsfelder gliedert – etwa Beruf und finanzielle Absicherung oder Kinderbetreuung. Seit 2018 werden regelmäßig eine Reihe von Kennzahlen erhoben, um das Fortschreiten des Gleichstellungsprozesses zu dokumentieren.

CoV warf Errungenschaften zurück

Trotz erster Erfolge, seit 2020 sind im Amt der Oö. Landesregierung von den zehn Direktionen fünf in weiblicher Hand, zieht es sich. Daran trage auch CoV eine Mitschuld, so Haberlander. Als Beispiel nannte sie in der Pressekonferenz am Montag in Linz den Ausbau von Betreuungseinrichtungen, vor allem für Unter-Dreijährige. So hätten während der Pandemie viele Eltern die Kleinen daheim gelassen. Teilweise hätten sich in der Krisenzeit alte Rollenbilder wieder stärker durchgesetzt, so Haberlander. „Da ist ganz viel Famililenarbeit wieder einmal bei den Frauen hängen geblieben“, so Haberlander. Sie sieht zwei Schritte nötig: Zum einen zumindest wieder in die Situation vor der CoV-Pandemie zu gelangen und zum anderen soll es gelingen noch mehr Frauen in die Politik, in die Wirtschaft, in die Vereine zu bringen.

Kindergrippen: Flächendeckendes Angebot ist Ziel

Weiters würden aber auch die Gemeinden nicht in entsprechendem Maß Kinderkrippen beantragen. Denn das Land, so meinte die LH-Stellvertreterin, würde diese finanzieren. Ihr Ziel sei es, ein flächendeckendes Angebot zu erzielen. Sie riet daher unter anderem den Eltern, mehr Druck in ihren Gemeinden zu machen. Heuer sollen in Oberösterreich 100 neue Kindergarten- und Krabbelgruppen entstehen.

Pensionssplitting „gescheitert“

Deutlich zu wenig werde auch das freiwillige Pensionssplitting – die Möglichkeit, für die ersten sieben Jahre nach der Geburt des Kindes bis zu 50 Prozent der Pensions-Jahresgutschrift auf das Konto des kinderbetreuenden Elternteils gutzuschreiben – genutzt. Auch wenn Oberösterreich im Bundesländervergleich 2021 mit 211 Anträgen Nummer eins war, seien dies dennoch wenige. Hier sei das Konzept der Freiwilligkeit gescheitert. „Es ist wirklich notwendig, es dringlich auf den Weg zu bringen“, machte sich Haberlander für ein verpflichtendes Pensionssplitting stark. Außerdem will sie das Thema „dauerhaft verinnerlichen“, indem es bereits in den Schulen im Lehrplan von Geografie und Wirtschaftskunde aufgenommen wird.

Kaum Mädchen in der Technik

Mühsam scheint auch der Weg, den Anteil der Mädchen in technischen Lehrberufen zu heben. Besonders schwer dürfte es sein, junge Frauen für die Elektrotechnik bzw. Elektronik zu gewinnen. Die Zahl der weiblichen Lehrlinge in diesem Bereich ging von 2018 bis 2021 lediglich von 94 auf 111 nach oben. Die Leiterin des Frauenreferates, Beate Zechmeister, ist dennoch der Ansicht, dass Oberösterreich „auf einem guten Weg“ bei der Frauenstrategie sei.

SPÖ stellt Anfrage an Haberlander

Die Frauensprecherin Renate Heitz (SPÖ) will mit einer schriftlichen Anfrage an Haberlander Zahlen und Fakten zum gesellschaftlichen Leben von Frauen transparent machen. Wie sie in einer Aussendung am Montagnachmittag mitteilte, stehen im Fokus der Anfrage die Entwicklung der Fraueneinkommen im Vergleich zu Männern, Maßnahmen zur Schließung der Lohnschere und die Qualifizierung der Oberösterreicherinnen. „Kaum Frauen in Aufsichtsräten und ein enormer Gender-Pay-Gap trotz unzähliger hochqualifizierter Frauen? Von Chancengleichheit und Gleichstellung von Mann und Frau im Berufsleben sind wir immer noch weit entfernt “, so SP-Frauensprecherin Renate Heitz.

„Vollbesetzter Zug wartet auf Abfahrt“

Kritik kommt von den Grünen und ihrer Frauensprecherin Dagmar Engl (Grüne). Sie fordert eine frauenpolitische Offensive, denn die OÖ. Frauenstrategie sei an sich sehr gut und die Grüne würden hinter jedem einzelnen Punkt stehen. „Aber die Frauenstrategie ist wie ein vollbesetzter Zug, der im Bahnhof steht und endlich losfahren muss. Bekenntnisse und Absichtserklärungen müssen auch wirken. Daher müssen diesem Leitfaden konkrete Ziele und Maßnahmen folgen, die vor allem von allen Ressorts mitgetragen werden müssen“, so Engl in einer Aussendung am Montagnachmittag.

Mehr Frauen in die Politik und Wirtschaft

Die Politikerin der Grünen spricht sich dafür aus, dass jedes Kind bei Bedarf einen Kindergartenplatz bekommen muss und dass mehr Frauen in den Arbeitsprozess sollen. Noch immer sei die weibliche Präsenz in der Politik beschämend und das wirke sich auf Entscheidungsfindungen aus, so Engl weiter. „Viele Frauen sind bereit, gerade in den Gemeinden politische Verantwortung zu übernehmen. Aber noch immer schrecken zu viele vor den patriarchalen Strukturen zurück. Hürden müssen abgebaut und Frauen mit Gestaltungswillen gefördert werden“, so Engl.