OBER…STERREICH: PROZESS GEGEN 18-J€HRIGEN NACH MESSERATTACKE AUF BRUDER
APA/KARIN SCHELLER
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Gericht

Prozess: Messerattacke auf Bruder

Weil er auf seinen 15-jährigen Bruder im November 2021 eingestochen haben soll, ist am Freitag in Linz ein 18-Jähriger vor Gericht gestanden. Das Gericht hat auf die Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher entschieden, da er psychisch krank sei.

Der Verteidiger sprach im Gegensatz der Verteidigung, die sich für eine Unterbringung in einer Anstalt eingesetzt hatte, von absichtlich schwerer Körperverletzung. Der junge Mann gab an, die Krankheit nur vorgetäuscht zu haben. Kurz vor seinem 18. Geburtstag hatte der Bursche aus dem Kongo, der vorübergehend in einer Wohngruppe lebte, seine Familie in Wels besucht. Schnell dürfte er laut den Ermittlungen mit seinem Bruder wegen des Handys der Mutter in Streit geraten sein. Nachdem dieser ihm das Passwort nicht habe geben wollen, sei der junge Mann in die Küche gegangen und habe ein Messer geholt, gab die Staatsanwältin den Tathergang wieder.

„Ungutes Gefühl gehabt“

Anschließend habe er sich hinter seinen Bruder gestellt, der vor einem PC saß. Der 15-jährige soll ein ungutes Gefühl gehabt haben, da der 17-jährige schon die „ganze Woche mit einem Messer herumgelaufen ist“ und erklärt habe, er müsse aus „Loyalität“ jemanden töten. „Aus dem Nichts heraus“ habe er dann auf den Jüngeren einmal in den Bauch eingestochen, so die Staatsanwaltschaft. Dem Verletzten gelang es, dem Angreifer das Messer abzunehmen und zur Nachbarin zu flüchten.

Der Bub überlebte den potenziell lebensgefährlichen Stich, der bis in die Leber ging, führte die Staatsanwältin weiter aus. Bei der ersten Einvernahme gab sein Bruder an, er habe Visionen und höre Stimmen, die ihm Aufträge erteilen würden. Aufgrund der „akut unbehandelten Krankheit in Kombination mit dem Cannabiskonsum“ sei zu befürchten, dass er erneut gefährliche Taten begehe. Daher beantragte sie die Einweisung. Nachdem er auch gesagt habe, es sei ihm egal gewesen, ob sein Bruder sterbe, sah sie das Anlassdelikt des versuchten Mordes gegeben.

„Er wollte nicht töten“

Dem widersprach der Verteidiger: „Ja, mein Mandant hat ein Tatsachengeständnis abgelegt, jedoch wollte er nicht töten.“ Bei der Polizei habe er angeben, der Verletzte werde nicht sterben, das werde man sehen. Der Anwalt stellte somit eine Tötungsabsicht in Abrede und sprach lediglich von absichtlich schwerer Körperverletzung. „Eine nachhaltig gefährliche Prognose“ plus Unzurechnungsfähigkeit – Voraussetzung für eine Einweisung – sah der Verteidiger nicht.

Der 18-Jährige selber meinte, gar nicht krank zu sein. Er habe gelogen, um nicht in den „Knast zu müssen“, erklärte er der Richterin und den Geschworenen im Landesgericht Linz. Er habe lieber ins Krankenhaus gewollt, daher habe er vorgetäuscht, Stimmen zu hören. Er bezeichnete sich als gesund und wolle auch keine Medikamente mehr nehmen. Heute vor Gericht mache er „reinen Tisch“. Er wollte am 9. November 2021 seinem Bruder eine Lektion erteilen und „ich will jetzt doch in den Knast“. Angeblich habe der 15-Jährige falsche Freunde. Jene Tschetschenen hätten am Tag der Tat am Linzer Bahnhof dem 18-Jährigen, der auf dem Weg nach Wels gewesen sei, erklärt, sie wollten seine Mutter umbringen, begründete er den Messerstich.

Die psychiatrische Sachverständige ließ keinen Zweifel an einer schon im Jugendalter beginnenden Form der Schizophrenie, an der der junge Mann mit 15 Jahren erkrankt sei. Die Eltern hatten schon vor einigen Jahren an ihrem Sohn erste Veränderungen bemerkt. Es begann mit Schlafstörungen, Gedanken drehten sich im Kreis.

In weiterer Folge kam der Sohn in eine Wohngruppe. Dort fiel sein Gotteswahn und seine Unberechenbarkeit auf. Keinerlei Einsicht stellte auch die Sachverständige bei ihm fest. Die Themen Religion und Töten seien „dauerpräsent“. Er leide an einer „höhergradigen Störung, die ihn leider für andere weiter gefährlich macht“, so ihre Diagnose. Nachdem er bisher „keiner wirksamen Behandlung zugeführt“ werden konnte, da er diese ablehne, komme aus aktueller Sicht auch kein bedingte Einweisung infrage. Das Gericht ist der Argumentation gefolgt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.