Am Donnerstag gaben Jair Lapid und Karl Nehammer in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ihre Erklärungen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag ab. Lapids Großvater Béla Lampel, ein ungarischer Jude, ist am 5. April 1945, einen Monat vor der Ankunft amerikanischer Soldaten, im KZ Ebensee, einem Außenlager Mauthausens, ermordet worden. „Akute Herzschwäche“ wurde als Todesursache des damals 46-Jährigen angegeben. „Die Todesursache wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit von der SS getürkt“, teilte Martin Dunst von der KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit.
Kranzniederlegung und Gedenken
Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen legten der israelische Außenminister, der auch alternierend Premierminister ist, und der österreichische Kanzler beim Sarkophag am Appellplatz des ehemaligen Konzentrationslagers einen Kranz nieder – gemeinsam mit Außenminister Alexander Schallenberg, Innenminister Gerhard Karner und Landeshauptmann Thomas Stelzer (alle drei ÖVP) wurde der rund 90.000 Toten von Mauthausen gedacht.
Für Lapid auch persönliches Gedenken an Großvater
Im „Raum der Namen“, in dem in Glas die Namen von 81.000 bekannten Ermordeten eingraviert sind, entzündete Lapid am Schriftzug seines Großvaters eine Kerze. In einem sehr persönlichen Statement erklärte er anschließend, dass die Opfer von Mauthausen keine Nummern waren, die ausgelöscht wurden, sondern Menschen mit Namen – so wie sein Großvater, der mit seinen Kindern auf den Fußballplatz ging. Um 6 Uhr wurde er von deutschen Soldaten in SS-Uniformen aus dem Schlafzimmer abgeholt. Die Großmutter flehte noch einen Soldaten an: „Vergessen Sie nicht, auch Sie haben eine Mutter“, erzählte Lapid mit leiser Stimme.
Sein Großvater habe ihn heute nach Mauthausen gesandt, um in seinem Auftrag zu sagen, dass die Juden nicht aufgegeben haben: „Die Nazis dachten, sie wären die Zukunft und Juden würde es nur noch im Museum geben. Stattdessen ist der jüdische Staat die Zukunft und Mauthausen ist ein Museum. Ruhe in Frieden, Großvater.“
Entschlossenes Handeln gegen Antisemitismus
Außenminister Schallenberg sprach in seiner Rede davon, dass sich Österreich viel zu lange davor gescheut habe, seine historische Verantwortung anzuerkennen. „Heute nehmen wir diese Verantwortung vollumfänglich wahr“, so Schallenberg. Sie bedeute entschlossenes und konsequentes Handeln gegen jede Form von Antisemitismus – jetzt und in der Zukunft. „Nur wenn Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt in Sicherheit und Freiheit leben können, kann aus einem ‚niemals vergessen‘ wirklich ein ‚niemals wieder‘ werden“, so Außenminister Schallenberg.
Nehammer entschuldigt sich für Ermordung
Auch der Bundeskanzler unterstrich, dass die Namen der Opfer nicht vergessen werden dürften. Sie hielten die Erinnerung lebendig, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Nehammer entschuldigte sich im Namen Österreichs bei Lapid für die Ermordung des Großvaters und versprach ihm, das „jüdische Leben in Österreich“ zu unterstützen.
Stelzer: „Sichtbares Zeichen gegen Feinde der Demokratie“
Karner, dessen Ministerium für die Gedenkstätte verantwortlich ist, sprach von einem „unglaublichen Gräuel“ in Mauthausen. Daraus erwachse die politische Verantwortung, für Demokratie und Menschlichkeit einzutreten. Die KZ-Gedenkstätte stehe zum einen für das „dunkelste Kapitel der Geschichte“, meinte auch Landeshauptmann Stelzer. Sie sei zugleich auch ein „sichtbares Zeichen gegen jegliche Feinde der Demokratie“.
„Erinnern darf nicht aufhören“
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) hat anlässlich des Holocaust-Gedenktags am Donnerstag dazu aufgerufen, antisemitischen Tendenzen entschieden entgegenzutreten. Das Erinnern dürfe nicht aufhören, „denn ohne Erinnerung gibt es weder eine Überwindung des Bösen noch Lehren für die Zukunft“.
Anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Jänner 1945 wird der Holocaust-Gedenktag seit 2005 alljährlich begangen.
Weltweites Holocaust-Gedenken
Weltweit wird heute der Opfer des Holocaust mit Schweigeminuten gedacht. Am Donnerstag vor 77 Jahren wurde das Nazi-Vernichtungslager Ausschwitz-Birkenau befreit. Auch die österreichische Regierung gedenkt im KZ Mauthausen der sechs Millionen Opfer.