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Mehr Eigenverantwortung für CoV-Infizierte

Die Eigenverantwortung wird mehr Gewicht bekommen: das Land OÖ hat ja die Erfassung von Kontaktpersonen weitgehend eingestellt. Die Betroffenen sollen selbst ihre Kontakte informieren. Eine Berechnung des Infektionsgeschehens sei weiterhin möglich, so Experten.

Es ist eine besondere Form der Detektivarbeit: die Mitarbeiter des Contact-Tracings haben bisher versuchen müssen, die Kontakte, von positiv getesteten Personen herauszufinden, um diese dann zu informieren und gegebenenfalls in Quarantäne zu schicken – eine Arbeit die in den vergangenen Monaten immer schwieriger wurde. „Die Teams haben immer weniger Kontaktpersonen genannt bekommen“, so Barbara Spöck, Bezirkshauptfrau Steyr-Land.

Ein Schritt, der angesichts der hohen Infektionszahlen nachvollziehbar ist, so Rainer Gattringer, Leiter der Mikrobiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen im Interview mit dem ORF OÖ. Gerade bei Omikron, wo die Inkubationszeit sehr kurz ist, müssen auch sämtliche nötigen Schritte (etwa Absonderung von Infizierten und Kontaktpersonen) in kürzester Zeit erfolgen. Mit mehr als 4.200 Neuinfektionen innerhalb in 24 Stunden sei das nicht mehr möglich, so Gattringer. „Jede Aktion sollte ja eine sinnvolle Konsequenz nach sich ziehen“. Und wenn das nicht mehr gegeben sei, dann müsse eine Anpassung vorgenommen werden, „sodass ein Minimum an Erfolg noch erzielt werden kann“.

Selbstisolation und testen

Künftig werden nur mehr positiv getestete Personen registriert und in Quarantäne geschickt. Kontaktpersonen nicht – bei ihnen ist Eigeninitiative gefragt: „Die Kontaktpersonen sollen sich bestmöglich selbst isolieren, testen – wenn sie Symptome haben 1450 anrufen, dann werden sie von den Behörden kontaktiert und bis zum Vorliegen des Testergebnisses behördlich in Quarantäne gesetzt“, so Böck.

Richtwert in Sieben-Tagesinzidenz erreicht

Eine Lösung, die nicht nur vorübergehend angewendet werden soll. Der gesetzte Richtwert dafür wurde mit einer Sieben-Tagesinzidenz von 1.800 jetzt ungefähr erreicht, „und wir gehen davon auch, dass in den nächsten Wochen die Zahl ja noch steigen werden – auf 7.000 Neuinfektionen vielleicht pro Tag“, so Landeshauptmann-Stellvertreterin Gesundheitsreferentin Christine Haberlander. Sie rechnet damit, dass diese Vorgangsweise einige Wochen aufrecht bleibt.

Gleichzeitig soll es beim Kontaktpersonenmanagement aber auch Schwerpunkte geben, wenn es zu Infektionsausbrüchen in besonders gefährdeten Bereichen kommt, zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen oder Schulen.

SPÖ spricht von Pandemiebekampfung im Blindflug

Heftige Kritik an Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) übt die SPÖ. Der Landeshauptmann sei bei der Pandemiebekämpfung weiter im Blindflug unterwegs, so der Gesundheitssprecher der SPÖ im Landtag, Peter Binder. Nachdem das PCR-Testsystem zusammengebrochen sei, gebe man nun das Contact Tracing auf. Die logische Konsequenz müsse eigentlich ein breiteres Testangebot sein. Stelzer müsse es ehrlich zugeben, wenn er nun endgültig auf FPÖ-Linie sei und die Durchseuchung der Bevölkerung wolle. Doch ÖVP und FPÖ würden sich vor der Verantwortung drücken und alles an die Gemeinden und in die Privatsphäre verlagern, so der dritte Landtagspräsident Peter Binder.

Berechnungen für Infektionsgeschehen trotzdem möglich

Berechnungen zum Infektionsgeschehen könnten so schwieriger werden. Prognosen sind auf jeden Fall möglich, so Stephan Winkler zu Gast in der Fernsehsendung „Oberösterreich heute“. „Für uns ist ja interessant, dass wir wissen, wie viele Menschen im Land sind infiziert“. Und er habe großes Vertrauen, dass die Menschen die Eigenverantwortung ernst nehmen, „denn es geht ja um die Gesundheit von jedem einzelnen“.

Die Veränderung bei der Kontaktermittlung ist auch für Winkler nachvollziehbar, aus mehreren Gründen: „Erstens haben wir es mit einer so großen Anzahl an Infektionen pro Tag zu tun, dass sich das mit dem Nachtelefonieren nur mehr schwer ausgeht“. Das andere sei, dass Contact Tracing in den ersten Phasen einer Krankheitsausbreitung darum geht, vielleicht eine Pandemie zu verhindern noch sehr sinnvoll sei. „Aber wir sind ja jetzt nicht mehr am Anfang dieser Pandemie“, so Winkler.

„Ohne Impfung wäre sich das nie ausgegangen“

Winkler betonte die Wichtigkeit der Impfung. Große Studien, die jüngste aus Kalifornien sei erst wenige Tage alt, zeige, „dass die Omikron-Variante zwar zu ungefähr 50 Prozent weniger Krankenhauseinweisungen führt als die Delta-Variante“. Und sie führe zu 70 Prozent weniger oft zu einer intensivmedizinischen Betreuung und zu 90 Prozent weniger oft zu einem Todesfall. Allerdings ist dieses Variante viele ansteckender, „das wäre sich ohne Impfung nie und nimmer ausgegangen“.

45.000 Menschen in Quarantäne

Genau 4.245 Menschen sind in Oberösterreich innerhalb von 24 Stunden neu auf das Coronavirus getestet worden, so der Krisenstab am Montag. Dabei ist die Zahl der Neuinfektionen an Montagen vergleichsweise niedrig, da am Wochenende weniger getestet wird. Fast 45.000 Menschen befinden sich derzeit in Quarantäne. In den oberösterreichischen Spitälern ist die Zahl der Infizierten im Vergleich zur Vorwoche um mehr als die Hälfte gestiegen. 17 sind es auf den Intensivstationen, 130 auf den Normalstationen.

Weitgehendes Aus für Contact Tracing

Das Land OÖ stellt in der letzten Jännerwoche das Contact Tracing weitgehend ein. Es wird künftig nur mehr der positiv Getestete kontaktiert, der dann in Quarantäne muss. Dieser ist aufgefordert, sich selber darum zu kümmern, die Menschen zu verständigen, mit denen er näher zu tun hatte.