Schilder von Impfgegenerinnen und Impfgegnern bei Demonstration am Innsbrucker Landhausplatz
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Chronik

Wirbel nach Demo vor Kinderhort

Bei der Demonstration gegen die Impfpflicht am Mittwoch in Linz haben die Teilnehmer einen Kinderhort belagert – offenbar weil sie Schüler mit Masken hinter den Fensterscheiben entdeckt hatten. Die Folge: zahlreiche weinende und verängstigte Kinder.

Der Demonstrationszug war am Nachmittag durch die Wiener Straße gezogen – auch an einem Hort vorbei. Wegen des Lärms schauten mehrere Kinder aus dem Fenster. Als die Demoteilnehmer die maskentragenden Kinder entdeckten, nahmen sie das zum Anlass, stehen zu bleiben und lautstark die Maskenpflicht zu kritisieren.

Megafondurchsagen vor Hort

Der Hort wurde mit Durchsagen durch ein Megafon und mit einem Pfeifkonzert beschallt. Eltern, die sich an den ORF Oberösterreich wandten, berichteten, dass zum Beispiel „Eure Eltern töten euch mit der Impfung“ gerufen wurde.

Dazu kam, dass Demonstranten begannen, wartende Eltern und auch Kinder, die eine Maske trugen, zu fotografieren und zu filmen. Polizisten nahmen vor dem Eingang Aufstellung und mussten teilweise aufdringliche Demoteilnehmer zurückdrängen. Diese Beobachtung wurde später von der Landespolizeidirektion (LPD) dementiert. Und: Man habe aber keine Zwischenfälle im Zusammenhang mit dem Hort wahrgenommen. Allerdings sei – wie auch die übrige Zeit der Demo – immer wieder „Maske weg!“ skandiert worden. Der Demonstrationszug hatte sich in diesem Bereich aufgehalten, weil er dort wendete, um wieder zurück in Richtung Innenstadt zu ziehen, hieß es.

Verängstigte und weinende Kinder

Im Hort war das Personal inzwischen damit beschäftigt, verängstigte und weinende Kinder – die meisten im Alter zwischen sechs und zehn Jahren – zu beruhigen. Weil die Vorhänge zu den Gruppenräumen zugezogen wurden, skandierten die Demonstranten draußen lautstark „Vorhänge auf“. Laut Hortleitung zogen sie erst nach mehr als einer halben Stunde weiter.

Belagerung sorgt für viel Kritik

Von einem absoluten No-Go spricht Joris Gruber, Präsident des Landesverbands der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen. So etwas dürfe auch nicht durch Demonstrationsfreiheit gedeckt sein. Eine Art Sperrzone rund um Schulen und Horte könnte dies verhindern – es sei schade, dass darüber nachgedacht werden müsse.

In eine ähnliche Kerbe schlägt der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ), der von einer unerträglichen Situation spricht. Er werde prüfen lassen, wie Schulen sowie Kinderbetreuungs-, Senioren- und Gesundheitseinrichtungen als Schutzzonen deklariert werden können, so Luger. Auch der Linzer ÖVP-Vizebürgermeister Bernhard Baier spricht sich für die Einrichtung von Schutzzonen aus.

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) betonte, die Protestaktion vor dem Hort sei nach den Übergriffen auf Medienvertreter und auf Gesundheitspersonal eine weitere eindeutige Grenzüberschreitung. Es müsse ein Weg gefunden werden, damit eine laute Minderheit, das Leben der schweigenden Mehrheit nicht ständig beeinträchtige.

Auch für den Landessprecher der Grünen, Stefan Kaineder, sei mit diesem Ausbund an Verantwortungslosigkeit eine rote Linie überschritten. Kaineder erwarte von den impfkritischen Fraktionen eine klipp und klare Ablehnung und öffentliche Entschuldigung verbunden mit einem einen deutlichen Aufruf zur Mäßigung, wie er per Aussendung mitteilt.

Auch SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer zeigt sich „überaus besorgt und erschrocken“. Das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit dürfe nicht zu belagerungsähnlichen Zuständen rund um einen Kinderhort führen, in dem sich sechs bis zehnjährige Kinder aufhalten. Auch für sie sei eine rote Linie überschritten.

Christian Meidlinger, Bundesvorsitzender der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, fordert Politik und Polizei zum sofortigen Handeln auf: „Es muss alles unternommen werden, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Das Aufhetzen muss endlich ein Ende haben. Das adressiere ich ganz gezielt an Herbert Kickl und die Vertreter und Vertreterinnen der MFG. Der Fall in Linz zeigt uns, wohin uns radikale Worte bringen.“

NEOS-Landessprecher und Klubobmann Felix Eypeltauer sagte: "Es ist erschreckend, wie mehr und mehr radikalisierte Personen bei den Corona-Demonstrationen Grenzen überschreiten“. NEOS verurteile dieses Verhalten gegenüber kleinen Kindern und stelle sich vor sie, vor ihre Eltern und vor alle, die das Gemeinsame fördern wollen. Die Demonstrationsteilnehmer hätten sich durch ihr Verhalten klar außerhalb des friedlichen Diskurses positioniert, so Eypeltauer.

Mehrere Demos und 21 Anzeigen

Es waren mehrere, zum Teil nicht angemeldete Veranstaltungen gegen die Impfpflicht oder Corona-Maßnahmen, die am Mittwoch in der Linzer Innenstadt stattgefunden haben – jene Demonstration, die über Landstraße bis zur Wiener Straße und wieder zurück zog, war mit 1.400 Teilnehmern die größte. Laut Polizei kam es zu 21 Anzeigen wegen der Nichteinhaltung der Maskentragepflicht sowie zu weiteren Anzeigen, unter anderem wegen Ordnungsstörung und Anstandsverletzung.