Christine Haberlander und Thomas Stelzer
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
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Coronavirus

Neue CoV-Maßnahmen ab Montag

Landeshauptmann Thomas Stelzer und seine Stellvertreterin Christine Haberlander (beide ÖVP) haben am Donnerstagvormittag die Maßnahmen vorgestellt, mit denen das Land auf die explodierenden Infektionszahlen reagiert. Am Donnerstagnachmittag wurde ganz Österreich auf Rot geschaltet.

Nach einem „Sommer, wie er früher war“, werde das Land jetzt „vom Corona so richtig gebeutelt, das Coronavirus hat uns wieder richtig im Griff“, erklärte der Landeshauptmann. Die Bedrohung sei nur mit der Impfung in den Griff zu bekommen, die Durchimpfungsrate stagniere aber schon länger. Dagegen erreichten die Infektionszahlen neue Rekordwerte und immer mehr an Covid-19 Erkrankte müssten in Krankenhäusern behandelt werden. Gesundheitslandesrätin Haberlander sprach von einer „sehr hohe Dynamik in dieser Welle“, die mit sehr vielen Krankenhausaufnahmen verbunden sei. In den Spitälern könne sich daher rasch eine noch viel kritischere Situation entwickeln.

Stelzer: „Da schau ich nicht einfach zu“

Angesichts dieser Zahlen könne Oberösterreich nicht warten, bis der Bund neue Beschlüsse fasst. „Da schauen wir nicht zu und da schau auch ich nicht einfach zu“, betonte Stelzer. Es gelte auch einem neuen Lockdown oder der Schließung von Schulen und Kindergärten vorzubeugen.

Das ist neu ab Montag

  • 2,5-G-Regel – „geimpft, genesen oder PCR-getestet“ – für die Gastronomie, Hotellerie, bei körpernahen Dienstleistern, in Kultureinrichtungen, Theatern, Kinos und Pflegeeinrichtungen. Für die Nachtgastronomie wird 2-G gelten, bei Veranstaltungen bis 500 Besucher 2,5-G, bei mehr als 500 Besuchern 2-G. Beschränkt wird auch die Anzahl der Besuche, die in Krankenhäusern möglich sein werden. Pro Tag darf jeder Patient von einer Person für eine Stunde besucht werden.
  • In den Teststraßen des Landes gib es schon ab Donnerstag die Möglichkeit für PCR-Tests. Ab Mittwoch kommender Woche werden dann in ganz Oberösterreich landeseigenes PCR-Gurgel-Tests ausgerollt. Begonnen wird damit im Innviertel. Daneben wird es laut Haberlander auch die bereits bestehenden Möglichkeiten für PCR-Tests, wie zum Beispiel in den Apotheken, weiterhin geben. Gemeinsam mit der Handelskette Spar wird auch die Möglichkeit von PCR-Gurgeltests geschaffen. Insgesamt sollen damit in der kommenden Woche 235.000 PCR-Tests in Oberösterreich möglich sein.
  • Mitte November wird eine Impflotterie beginnen, die den ganzen Winter laufen soll. Stelzer verspricht attraktive Preise. Auch Geimpfte werden an dieser Lotterie teilnehmen können.

Erneuter Aufruf zur Impfung

Sowohl Landeshauptmann Stelzer als auch Gesundheitslandesrätin Haberlander riefen erneut zu mehr Impfbereitschaft auf, denn nur gemeinsam sei die derzeitige Herausforderung zu bewältigen – immerhin sei ein Drittel der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher nicht geimpft. Stelzer: „Die Impfung liegt als Geschenk am Silbertablett, aber es wird immer weniger zugegriffen.“ Verbunden wurde damit auch der Aufruf, die dritte Impfung nicht zu vernachlässigen.

Haimbuchner sieht Maßnahmen „äußerst kritisch“

Stelzers Koalitionspartner Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) sieht die Einführung der 2,5-G-Regel in der Gastronomie und anderen Bereichen „äußerst kritisch“, bemühte sich aber, die Kritik eher gegen den Bund zu richten: Er habe Verständnis, dass bei der derzeitigen Entwicklung in den Spitälern „die Verantwortlichen im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung etwas unternehmen müssen, um einer Überlastung des Gesundheitssystems entgegenzuwirken“, schrieb er in einer Stellungnahme zu der von Stelzer angekündigten Landesverordnung. 2,5-G in vielen Lebensbereichen sieht er aber sehr kritisch und will sich die Sache auch rechtlich noch ansehen. Haimbuchner moniert vor allem, dass sich Genesene nach 180 Tagen mit einem entsprechenden Antikörpertest nicht mehr freitesten können. „Das ist eine völlig unsachliche Behandlung der Genesenen und eine gesundheitspolitische Fehlentscheidung der Bundesregierung.“

Gerstorfer: "Alles zu spät und zu wenig“

„Typisch Stelzer: Alles zu spät und zu wenig“, ist das Resümee der Ankündigungen von Oberösterreichs SPÖ-Vorsitzender und Landesrätin Birgit Gerstorfer. Anstatt sich nach der Decke zu strecken, tauche der Landeshauptmann regelmäßig ab und verlängere damit die Pandemie, schreibt sie in einer Aussendung. Gerstorfer ist der Meinung, dass Wien oder das Burgenland vorzeigen würden, wie es geht, viele Menschen zum Testen und Impfen zu motivieren.

Der Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger schlägt einen Runden Tisch vor, mit dem unter Einbeziehung der Sozialpartner, der Ärzte- und Apothekerkammer, der Gesundheitskasse sowie von Gemeinde- und Städtebund ein breiter gesellschaftlicher Konsens mit klaren und einhaltbaren Vorgaben wieder hergestellt werden soll.

Mayr: „Langfristiger Plan überfällig“

Die Maßnahmen kämen reichlich spät, so der Landtagsabgeordnete Severin Mayr (Grüne) in einer Medienaussendung: „Ich hoffe sehr, dass Schwarz-Blau mit der heutigen Ankündigung von strengeren Maßnahmen den Ernst der Lage endlich erkannt hat und endlich mit Nachdruck daran arbeitet, die Pandemie in den Griff zu bekommen“. Es sei ein langfristiger Plan zur Bekämpfung der Pandemie überfällig.

Stelzer weist Kritik zurück

In der Fernsehsendung „Oberösterreich heute“ am Donnerstagabend wies Landeshauptmann Thomas Stelzer im Gespräch mit Jutta Mocuba OÖ die Kritik zurück. Im Spätsommer sei Wien das Bundesland gewesen, das trotz eigener Maßnahmen weit vor allen anderen war.

LH Stelzer zu den neuen CoV-Maßnahmen

Die Landesregierung hat am Donnerstag strengere CoV-Maßnahmen beschlossen. Angesichts der hohen Zahlen könne Oberösterreich nicht warten, bis der Bund neue Beschlüsse fasst, so Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP).

Auf die geplante Impflotterie angesprochen, bestätigte Stelzer, dass das viel Steuergeld sei, „aber am Ende möchte ich, dass die Leute geimpft sind“.

Situation bleibt angespannt

Verantwortlich für die weiterhin angespannte Situation ist laut Experten vor allem die zu niedrige Impfquote, die in Oberösterreich nur bei knapp 58 Prozent liegt. Das Ziel müsse hingegen ein Wert von 75 bis 80 Prozent sein, sagt der Medizin- und Bioinformatiker Stephan Winkler von der Fachhochschule Hagenberg. In Dänemark, Italien oder in Spanien habe man das längst erreicht, daher zeige sich in diesen Ländern jetzt auch ein weit besseres Infektionsgeschehen: „Man sieht, dass die Impfung wirkt, dass die Wahrscheinlichkeit zu erkranken niedriger ist und auch die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiterzugeben dadurch eklatant verringert werden kann.“

Booster-Impfung für alle

Oberösterreich steht mit der höchsten Sieben-Tage-Inzidenz und der niedrigsten Impfquote schlecht da. Unterdessen beginnen andere Bundesländer bereits Impftermine für den dritten Stich für alle freizugeben. Auch das Nationale Impfgremium empfiehlt mittlerweile eine Auffrischungsimpfung nach sechs Monaten.

Oberösterreich sei von dieser kritischen Impfrate noch weit entfernt. Die Erhöhung der Impfquote sei keine politische Forderung, so Winkler, sondern etwas, das man aus den Naturwissenschaften ableiten könne. „Wenn wir unter dieser Impfquote bleiben, dann passiert leider das, was wir jetzt sehen, undzwar, dass sich die Krankheit nicht ohne weiteres aufhalten lässt. Es ist zu befürchten, dass die Anzahl der Neuinfektionen entweder so hoch bleibt oder gar noch weiter hinaufgeht.“ Ein Rückgang, der sich von selbst ereignet, sei in den Simulationen nicht zu sehen.

Angespannte Lage auf Intensivstationen

Die hohen Infektions- und die niedrigen Impfzahlen sind dafür verantwortlich, dass auf den Intensivstationen die Lage nach wie vor angespannt bleibt. 62 Menschen müssen derzeit in Oberösterreich wegen einer Covid-19-Erkrankung intensivmedizinisch behandelt werden.

Pflegeleiter Reiter im Gespräch

Markus Reiter ist Pflegeleiter der Intensivstation im Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr.

Im Steyrer Krankenhaus gehört eine erst 18-jährige Frau zu dieser Gruppe, erzählt der Pflegeleiter der dortigen Intensivstation Markus Reiter. Ein gesundes Leben, ein gutes Immunsystem und eine gute mentale Haltung könnten vor dieser Krankheit nicht schützen, so Reiter in der Sendung „Oberösterreich heute“ an Mittwochabend: „Wenn wir jetzt 34 Patienten seit 8. August haben und 30 nicht geimpft sind, kann man ganz klar sagen: Wären nur die Patienten bei uns, die geimpft sind und die Intensiv brauchen, hätten wir Normalbetrieb. Es zehrt enorm an unseren Nerven, aber ich kann gottseidank für mein Team sagen, dass wir eine hohe Stabilität haben und gemeinsam einen Weg gefunden haben, uns zu unterstützen.