Sebastian Kurz
APA/GEORG HOCHMUTH
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Politik

Kurz tritt als Kanzler zurück

Sebastian Kurz hat am Samstagabend seinen Rücktritt bekanntgegeben. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird zumindest vorübergehend die Kanzlerschaft übernehmen. Landeshauptmann Thomas Stelzer zollt Kurz „großen Respekt“

Bei seiner Ansprache hat der bisherige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt, als Klubobmann in das Parlament zu wechseln. Als Regierungschef wird der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) übernehmen. Die familiären Wurzeln des in der Schweiz geborenen Karrierediplomaten reichen nach Oberösterreich zurück. Lesen Sie mehr in Regierungschef mit Wurzeln in OÖ (ooe.ORF.at).

Statement von Bundeskanzler Sebastian Kurz

Statement von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur weiteren Vorgehensweise in der Bundesregierung.

Kurz verlässt also die Regierung, wird aber im Nationalrat als Klubobmann seiner Fraktion weiterarbeiten und bleibt auch ÖVP-Chef. Die Vorwürfe gegen ihn bezeichnete er weiterhin als falsch. Der bisherige Klubobmann der Volkspartei, der Innviertler August Wöginger, soll die Rolle des Ersten Klubobmann-Stellvertreters einnehmen und die Klubgeschäfte führen. Mit dem Rückzug des Bundeskanzlers ist die türkis-grüne Regierung offenbar fürs Erste gerettet. Denn wenig später erklärte Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen: „Dies bedeutet, dass wir die Regierungsarbeit auf Basis des Regierungsprogrammes fortsetzen können. Da sind viele wichtige Projekte drinnen für die Menschen in Österreich. Es ist vor allem jetzt möglich ein Budget zu verabschieden“, so Kogler. Doch einige Fragen bleiben offen. Lesen Sie mehr in Kanzlerrochade rettet Koalition (ORF.at).

Stelzer: Basis für stabile Verhältnisse in Österreich

Der Schritt von Sebastian Kurz zeige Größe und sei die Basis dafür, dass es weiterhin stabile Verhältnisse in Österreich geben werde, so Stelzer in einer Aussendung am Samstagabend: „Sebastian Kurz hat bewiesen, dass natürlich auch für ihn die Handlungsfähigkeit des Staates über allem steht – so wie für die gesamte Österreichische Volkspartei. Was die im Raum stehenden strafrechtlichen Vorwürfe gegen Sebastian Kurz betrifft, gehe ich davon aus, dass er sie entkräften kann.“

Stelzer habe auch großes Vertrauen in eine objektive und unabhängige Arbeit der Justizbehörden. „Ich danke Sebastian Kurz für alles bisher Geleistete, gerade auch im Management der Corona-Krise und freue mich auf die Zusammenarbeit mit Alexander Schallenberg, der als Außenminister über die Parteigrenzen hinweg hohes Ansehen und große Akzeptanz genießt. Der von Sebastian Kurz vorgeschlagene Weg der Stabilisierung und Aufklärung wird funktionieren. Davon bin ich überzeugt“, betont der Landeshauptmann.

„Haben uns sehr aktiv eingebracht“

Die Hinweise verdichten sich aber, dass vor allem auch die ÖVP-Landeshauptleute auf den Rücktritt gedrängt haben. Stelzer sagt auf die Frage, wie es zu dem Sinneswandel bei Kurz gekommen ist, der 24 Stunden davor noch gemeint hatte, er sei als Bundekanzler handlungsfähig und handlungswillig: „Die ÖVP ist die klar führende Partei in Österreich, hat von den Wählerinnen und Wählern und mit deutlichem Abstand die Nummer eins Position mit dem Spitzenkandidaten Sebastian Kurz erhalten, daher haben wir daraus natürlich auch einen gewissen Anspruch, aber wie gesagt in der ÖVP, vor allem auch wir Ländervertreter denken daran, wie geht es mit dem Land gut weiter. Und das ist dann immer auch sehr tagesaktuell zu entscheiden, und daher sind wir dann auch gemeinsam zu diesem Schritt gekommen“, so Stelzer gegenüber Radio Oberösterreich.

Auf die Frage wie viel Druck denn wirklich von den ÖVP Landeshauptleuten gekommen sei meint er: „Bei so weitreichenden und wichtigen Entscheidungen, die zwar eine Person konkret betreffen, aber in Wahrheit für die ganze Republik wichtig sind gibt es natürlich viele Gespräche. Und selbstverständlich haben uns wir Landesvertreter, Landeshauptleute auch hier sehr aktiv eingebracht“, so Stelzer weiter.

SPÖ OÖ: System Kurz nicht beendet

Das System-Kurz werde durch diese Rochade nicht beendet, so SPÖ-Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer in einer ersten Reaktion: „ Die ÖVP ist also nicht bereit, Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre zu ziehen. Die Frage, wie sehr Thomas Stelzer – er bekleidet das zweithöchste Amt in der ÖVP – in diesen Skandal involviert ist, bleibt nach wie vor unbeantwortet.“

Bei den Vorwürfen gehe es nicht nur um strafrechtliche Fragen, sondern auch moralische, meint der SPÖ-Landesgeschäftsführer, Kurz habe auch den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen sabotiert und hunderttausenden Eltern mehr als eine Milliarde Euro vorenthalten.

Wegen Ermittlungen unter Druck geraten

Kurz war aufgrund der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn in der Inseratenaffäre zunehmend unter Druck geraten, auch durch den eigenen Koalitionspartner, den Grünen. Vizekanzler Werner Kogler hatte Kurz zuletzt als „nicht amtsfähig“ bezeichnet und diesem ein Ultimatum gestellt: Sollte der Kanzler nicht von selbst Konsequenzen ziehen, droht ein Misstrauensvotum aller anderen Parteien bei einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag.