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Wolf übernimmt MAN Steyr

In den Verhandlungen über den Erhalt der Arbeitsplätze und des Produktionsstandorts von MAN Steyr gibt es eine Einigung. Investor Siegfried Wolf bestätigte das am Donnerstag gegenüber dem ORF Oberösterreich. Die Politik zeigt sich erfreut, für die Gewerkschaften ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Ein erster Anlauf Anfang April war noch gescheitert. Damals stimmten 64 Prozent der Belegschaft gegen eine Übernahme durch Wolf.

„Einstimmiger Beschluss“

Wolf sagte gegenüber dem ORF Oberösterreich: „Es gibt einen klaren Aufsichtsratsbeschluss der MAN, den Betrieb Steyr an mich und meine WSA zu verkaufen. Das wurde heute einstimmig beschlossen. Ich sehe das als sehr, sehr gute Basis und als einen sehr klaren Auftrag, dass man jetzt endlich an die Zukunft hier in Steyr denken kann.“

1.400 Stellen sollen erhalten bleiben

In dem nachgebesserten Angebot sollten statt 1.250 nun 1.400 Stellen erhalten bleiben, indem 150 Jobs über eine Forschungsgesellschaft abgesichert werden. Jene, die trotzdem vom Wegfall von 500 Jobs betroffen wären, sollen etwas besser aussteigen als zuvor geplant.

Sie sollen, wenn sie den Sozialplan annehmen, „nach dem deutschen Modell in der Nettoausgleichszahlung“ gleichgestellt werden, bot Wolf an. Dank eines Altersteilzeitmodells müssten sich ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht „beim Arbeitsamt anstellen“. 166 Lehrstellen würden gesichert. Gehaltskürzungen, wie sie beim ersten gescheiterten Angebot vorgesehen waren, blieben freilich aufrecht.

MAN-CEO Tostmann: „Gute Nachricht“

Der CEO von MAN, Andreas Tostmann, bestätigte in einem sozialen Netzwerk den Deal: „Das ist eine gute Nachricht: für Steyr, für Oberösterreich, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort – und für MAN. Das Werk in Steyr bleibt erhalten!“ Die Firma WSA von Wolf werde den Standort übernehmen. Damit würden Arbeits- und Ausbildungsplätze gerettet, und es gebe eine klare Zukunftsperspektive.

„Einzige tragfähige Alternative“

Als einzige tragfähige Alternative zur Schließung sei nur der Verkauf an WSA infrage gekommen, da darüber hinaus – trotz gegenteiliger Berichte – bis zuletzt keine weiteren Kaufinteressenten industriell schlüssige Angebote vorgelegt hätten. Damit das gelingen konnte, hätten beide Seiten aufeinander zugehen müssen.

Das sei jetzt passiert. Es habe Handlungsdruck bestanden: Die Maßnahmen zur Schließung seien bereits weit vorangeschritten gewesen. „Ich freue mich deshalb sehr, dass wir gemeinsam die Rettung erreicht haben und das Werk unter der Führung von WSA eine echte Zukunft hat“, hielt Tostmann fest.

„Standort planvoll übergeben“

Die gemeinsamen Pläne mit WSA „sollen der großen Mehrheit der Mitarbeiter ebenso wie den Auszubildenden weiterhin gute und sichere Arbeitsplätze sowie Entwicklungsperspektiven bieten“. Der Verkauf sei für alle Beteiligten die bestmögliche Lösung. Der Vorstand habe dem Verkauf bereits Mittwochabend zugestimmt. Heute erfolgten Tostmann die Unterschrift unter den Vertrag und die Zustimmung des Aufsichtsrats: „Wir werden jetzt alles dafür tun, den Standort planvoll zu übergeben.“

Neue Fertigungen werden bis 2023 aufgebaut

Wolf schrieb in einer Presseausendung, bis Anfang 2023 würden weiter im Auftrag von MAN Lkws und Lkw-Komponenten hergestellt und parallel dazu neue Fertigungen aufgebaut. Von diesen sollen ab 2023 sieben neue Nutzfahrzeugtypen unter der Marke Steyr für den Export auf den Weltmarkt vom Band laufen.

Wolf will dabei seine Zusagen aus dem verbesserten Übernahme- und Sozialplankonzept einlösen: Es sollen 1.250 Mitarbeiter und sämtliche Lehrlinge beschäftigt werden. Die maximale Lohnreduktion werde 15 Prozent vom Nettobezug betragen. Zusätzlich könnten in einer mit dem Land Oberösterreich geschaffenen, zweckgebundenen offenen Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft weitere 150 Beschäftigte Arbeit finden.

Neue Produktlinie mit sieben Nutzfahrzeugen

Insgesamt sei es so möglich, zwei Drittel der bisher am Standort tätigen Stammbelegschaft zu halten. Bei der neuen Produktlinie – sieben Nutzfahrzeuge vom Kastenwagen über einen Citybus bis zum Lkw – werde man in Steyr künftig auf die Schwerpunkte Elektromobilität, Wasserstofftechnologie und autonomes Fahren setzen. „Damit kann der traditionelle Industriestandort mit seinen hoch qualifizierten Beschäftigten unter der wiederbelebten Marke Steyr einer erfolgreichen Zukunft entgegensehen“, versicherte Wolf in der Mitteilung.

Gewerkschaften: „Noch nicht letztes Wort gesprochen“

Die Gewerkschaften Pro-Ge und GPA sehen zwar mit der Übernahme durch Wolf einen ersten Schritt nach vorne, wie sie Donnerstagabend sagen. Mit dem Eigentümerwechsel sei aber noch nicht das letzte Wort gesprochen, meinen sie. Es gebe bisher nur einen Deal von Wolf mit MAN. Es gebe aber noch keinen Deal mit den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften, so die beiden Gewerkschafter Alois Stöger und Karl Dürtscher.

SPÖ: „Immer gleich nachzugeben rettet keine Jobs“

Die Entschlossenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Steyr habe unzählige Arbeitsplätze gerettet, so SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer in einer ersten Reaktion. Wolf habe sein Angebot nachgebessert, steige in die Verträge ein und übernehme Verantwortung für das Werk. Jene, die sich gegen die Mitsprache und Entscheidung der Belegschaft ausgesprochen hätten, würden nun eines Besseren belehrt. Immer gleich nachzugeben rette keine Arbeitsplätze, so Gerstorfer.

ÖVP: „Blick nach vorne richten“

Jetzt seien alle Beteiligten aufgerufen, den Blick nach vorne zu richten und dafür zu sorgen, dass das Werk Steyr und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder eine Perspektive haben, so Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) in einer Presseaussendung. Das Angebot des Landes, im Bereich Forschung und Entwicklung Unterstützung zu leisten, werde natürlich aufrecht bleiben.

Grüne erfreut über nachhaltige Mobilität

Es habe sich ausgezahlt, wieder in Verhandlungen einzusteigen, die nach dem ersten Scheitern doch noch Nachbesserungen gebracht haben, so die grüne Wirtschaftssprecherin Ulrike Schwarz in einer Aussendung. Jetzt sei es wichtig, Belegschaft und Betriebsrat in den angekündigten Einzelgesprächen zu überzeugen. Erfreut zeigte sich Schwarz über die Schwerpunktsetzung auf nachhaltige Mobilität. Das sei eine sehr gute Ansage, so Schwarz.^

NEOS fordert Senkung der Lohnnebenkosten

Der NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer zeigte sich über die jüngste Entwicklung froh. Er kritisierte aber, was zuletzt in Steyr passiert sei, „ist das desaströse Ergebnis eines ganzen Jahrzehnts an versäumter, unzureichender Standort- und fehlender Innovationspolitik.“ Es brauche eine Senkung der Lohnnebenkosten, um den Standort konkurrenzfähig zu machen.

Wirtschaftskammer: „Viel Firmen bleiben im Geschäft“

Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer sagte, mit dem Kauf sei sichergestellt, dass viele Unternehmen im Sog der Nachfolgefirma weiter im Geschäft bleiben und so viele wichtige Arbeitsplätze gesichert werden.