Zipfer Brauerei
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Wissenschaft

Düstere Geschichte der Zipfer-Brauerei

Rund um die Zipfer-Brauerei im Bezirk Vöcklabruck ranken sich seit dem Zweiten Weltkrieg Gerüchte und Mythen. Nach jahrelangen Recherchen hat nun ein Historiker, dessen Vorfahren aus Zipf stammen, ein Buch über die Brauerei während der NS-Zeit veröffentlicht.

Auf dem Gelände der Zipfer-Brauerei in Neukirchen an der Vöckla zeugen noch Bunker und Stollen vom Raketenprogramm des nationalsozialistischen Terrorregimes. Bis Kriegsende wurden dort um die 500 Brennkammern von V2-Raketen getestet. Auch Treibstoff wurde erzeugt. Mit Unterstützung der heutigen und der früheren Eigentümer, die ihre Archive öffneten, erforschte Stefan Wedrac, der Urenkel eines Maschinenmeisters der Brauerei, fünf Jahre lang die Rolle das Unternehmens während der Nazi-Zeit. Der Rüstungsbetrieb sei aber mehr Last als Chance gewesen: „Die Brauerei wurde stark eingeschränkt, und es wurden große wirtschaftliche Werte vernichtet.“

NS-Bauten auf Gelände der Zipfer Brauerei
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Auf dem Brauereigelände sind noch heute die Überreste großer Bauten aus der NS-Zeit zu sehen

In seinem Buch dokumentiert der Wissenschafter, dass SS-Kantinen in mehreren Konzentrationslagern mit Bier beliefert sowie Zwangsarbeiter beschäftigt wurden. Tausende KZ-Häftlinge wurden in dem neben der Brauerei einquartierten Rüstungsbetrieb ausgebeutet. Ab Herbst 1943 mussten KZ-Häftlinge hinter den Kühlkellern der Brauerei Stollen in das Schliergestein treiben. Die dort hergestellten Raketenteile wurden dann auf einem Prüfstand getestet.

NS-Bauten auf Gelände der Zipfer Brauerei
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Tiefe Stollen wurden hinter der Brauerei von KZ-Häftlingen in das Gestein getrieben

Auch personell war die Brauerei mit dem Regime verbunden. Ein Bruder des Kriegsverbrechers Ernst Kaltenbrunner war ab 1938 Präsident des Verwaltungsrats. Für die heutigen Eigentümer belegen die Forschungen, wovon sie immer schon ausgegangen seien, „nämlich dass die Brauerei Zipf als Tarnung für einen Rüstungsbetrieb fungiert hat und diese Geschehnisse, die hier an diesem Standort stattgefunden haben, nicht im Interesse der Brauer waren“, sagt Christian Huber, der Braumeister Region Nord von der Brau Union Österreich.

NS-Bauten auf Gelände der Zipfer Brauerei
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Die Forschungsarbeiten sind laut dem Historiker Stefan Wedrac noch lange nicht abgeschlossen

Der Historiker Wedrac ist der Meinung, dass noch mehr zur Rolle der Brauereien in Bezug auf die SS und die KZ-Kantinen, die sie beliefert haben, geforscht werden müsse. Er ist davon überzeugt, dass das nicht nur in Zipf der Fall war, denn „es gibt andere Brauereien, wo das auch der Fall war“. Vom Rüstungsbetrieb habe die Brauerei eigentlich nicht profitiert, von Zwangsarbeit hingegen schon.