PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
Gericht

Zehn Monate bedingte Haft für Ernst August

In Wels ist am Dienstag Ernst August vor Gericht gestanden. Ihm wurde vorgeworfen, unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss u. a. einen Polizisten verletzt, eine weitere Beamtin sowie Angestellte bedroht zu haben. Er wurde zu zehn Monaten bedingter Haft und zahlreichen Weisungen verurteilt.

So muss er sich einen anderen Wohnsitz suchen als am Anwesen Auerbach in Grünau, darf sich gewissen Gebäuden der dortigen Cumberland Stiftung nicht mehr nähern, keinen Kontakt zum Verwalterpaar dieser Gebäude aufnehmen, keinen Alkohol trinken und er muss eine Psychotherapie machen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

„Unmöglich, lebe seit 50 Jahren dort“

Vor allem auf die Weisung, er müsse sich einen anderen Wohnsitz suchen, reagierte der Adelige wütend: „Unmöglich“, meinte er, „ich lebe seit 50 Jahren dort.“ Seine Anwälte beruhigten ihn. Die Richterin betonte, dass die Weisungen dem 67-Jährigen helfen sollen.

Ernst August wurde im Sinne des Strafantrags der Staatsanwaltschaft Wels schuldig gesprochen, sich mit Alkohol und Medikamenten fahrlässig in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt und in dieser Verfassung dann in Grünau bzw. in Scharnstein (Bezirk Gmunden) u. a. einen Polizisten verletzt, eine andere Beamtin sowie Angestellte bedroht zu haben. Der Welfenprinz hatte sich nicht schuldig bekannt. Als mildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet, als erschwerend, dass es mehrere Opfer gab, mehrere Delikte und strafbare Handlungen während eines laufenden Ermittlungsverfahrens. Weder Anklage noch Verteidigung gaben dazu eine Erklärung ab.

Nicht schuldig bekannt

Hannover bekannte sich nicht schuldig, dennoch meinte der 67-Jährige, der von seinen beiden Verteidigern Malte Berlin und Otto Dietrich sowie mehreren Mitarbeitern begleitet durch einen Seiteneingang in den Gerichtssaal kam: „Ich möchte mich für alles bei den Beteiligten entschuldigen, bedauere das Geschehene und bin bereit, für die Schäden aufzukommen. Damit ist aus meiner Sicht alles gesagt.“

Er kündigte an, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Zu Beginn der Verhandlung hatte die Richterin festgehalten, dass sie ihn mit Herr Hannover anreden werde, weil „es in Österreich ein Adelsaufhebungsgesetz gibt“. Damit zeigte sich Ernst August einverstanden, zumal er ankündigte, als Risikopatient den Gerichtssaal nach der Ausführung des psychiatrischen Gutachtens, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, wieder zu verlassen.

Fotostrecke mit 5 Bildern

PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
PROZESS GEGEN PRINZ ERNST AUGUST VON HANNOVER IN WELS
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Auseinandersetzungen mit Beamten

In der Nacht auf den 15. Juli 2020 kam es zu einem Polizeieinsatz in seinem Jagdhaus in Grünau, bei dem er sich heftig gewehrt und einen Beamten verletzt haben soll. Zudem beleidigte er laut Staatsanwaltschaft massiv Beamte und drohte „mit der Hinrichtung ihrer Familien“. Danach habe er einen Messerschleifer ergriffen, der ihm jedoch abgenommen werden konnte.

Mit Handfesseln sei er schließlich abgeführt und in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Vöcklabruck gebracht worden. Ernst August wiederum behauptete, dass er von Polizisten geschlagen worden sei. Seine Beschwerden gegen das vorläufige Waffenverbot und den Polizeieinsatz an sich sind beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach wie vor anhängig.

Zum nächsten Zwischenfall kam es am 20. Juli. Diesmal soll Ernst August eine Polizistin mit einem Baseballschläger gefährlich bedroht haben. Mit einem Taxi war der Welfenprinz zur Polizeiinspektion Scharnstein gekommen, um – nach den Vorfällen einige Tage zuvor – Anzeige wegen Polizeigewalt zu erstatten. Er traf aber niemanden an.

Auf dem Rückweg stieß er auf zwei Polizistinnen. Er habe die Beamtinnen aus dem Taxi heraus angesprochen und schließlich einer von ihnen verbal Gewalt angedroht – neben ihm lag ein Baseballschläger. So soll er laut Anklagebehörde gemeint haben, der Beamtin mit dem Schläger „eins über die Rübe“ zu ziehen und ihr „die Fresse einzuschlagen“.

Nach Festnahme wieder enthaftet

Am 7. September um 3.00 Uhr kam es erneut zu einem Vorfall, der ebenfalls Eingang in den Akt fand: Er soll bei einem Haus, das der Stiftung seiner Familie gehört, ein Fenster mit einem Verkehrszeichen eingeschlagen und die darin wohnenden Angestellten bedroht haben.

Laut Strafantrag habe er versucht, das Paar samt seiner Tochter zum Verlassen des Gebäudes zu nötigen. Wenn sie nicht „bis 9.00 Uhr verschwunden“ seien, werde er einen „Schlägertrupp“ schicken. Nach diesem Vorfall wurde er festgenommen – und zwei Tage später gegen nicht näher genannte „gelindere Mittel“ wieder enthaftet.

Verteidiger: Mandant befand sich in „Ausnahmesituation“

Bevor die Verteidigung ihre Sicht der Ereignisse darstellte, erklärte sie vorweg: „Unser Mandant ist keine Person des öffentlichen Interesses, auch wenn der Boulevard das gerne so sehen möchte.“ Er bereue die Vorfälle und „entschuldigt sich bei allen, denen er unrecht getan hat“. Es sei ohne Absicht geschehen.

Seit den Vorfällen habe sich Ernst August einer Behandlung unterzogen und sich „wohl verhalten“. Im Sommer des Vorjahres habe er sich in einer „Ausnahmesituation“ befunden, weil er „über Jahre isoliert und vom eigenen Sohn hintergangen wurde“. Das Verhalten erklärten die Anwälte damit, dass er von seinem Zahnarzt starke Schmerzmittel erhalten habe. Weiter übten die Anwälte Kritik daran, dass Blut- und Harnproben nicht aufgehoben worden seien, denn die Richtigkeit der Werte zogen sie in „Zweifel“.

Drei Beteiligten 1.000 Euro zugesprochen

Das Gericht sprach Ernst August im Sinne des Strafantrags schuldig. Neben zehn Monaten bedingt und den Weisungen sprach das Gericht drei Privatbeteiligten insgesamt 1.000 Euro zu. Als mildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet, als erschwerend, dass es mehrere Opfer gab, mehrere Delikte und strafbare Handlungen während eines laufenden Ermittlungsverfahrens. Weder Anklage noch Verteidigung gaben dazu eine Erklärung ab.