Venus von Wels
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Politik

Protest gegen „Nazi-Kultobjekt“ in Wels

Der Bronzeabguss einer Venus-Figur, der von der Stadt Wels in der Fußgängerzone aufgestellt wurde, sorgt für Unmut. Laut der Welser Initiative gegen Faschismus und dem früheren Leiter des Stadtarchivs soll die Figur in der Nazizeit ein Kultobjekt gewesen sein.

1917 wurde eine 15 Zentimeter hohe Venus-Statue aus dem ersten oder zweiten Jahrhundert in Gunskirchen (Bezirk Wels-Land) von einem Bauern ausgegraben. 1938 machten die Nationalsozialisten die Venus zum Kultobjekt – wohl, weil sie ihrem „Rasseideal“ entsprach, mutmaßt die Welser Initiative gegen Faschismus in einer Aussendung. Damals sei nicht nur eine große Nachbildung der Statue angefertigt worden, sondern auch mehrere kleine Nachbildungen.

Geschenk für „verdiente Männer der Bewegung“

Mit der Übergabe der kleinen Exemplare soll dann der Welser NS-Bürgermeister Josef Schuller „verdiente Männer der Bewegung“ geehrt haben. „Der erste Empfänger war Hitlers Kampfgefährte Hermann Göring, damals Pate von Wels“, wird Günter Kalliauer, der früherer Leiter des Stadtarchivs, in einer Aussendung zitiert.

Zusatztafel mit historischer Erklärung gefordert

Es sei klar, dass die Statue ein römisches Relikt sei, sagte Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer (SPÖ) im Interview mit dem ORF Oberösterreich, sie sei aber auch von den Nationalsozialisten missbraucht worden. Daher müsste der Umgang der Nazis mit der Statue zumindest auf einer Zusatztafel vermerkt werden: „Da höre ich aber, dass sich die FPÖ weigert, das zu tun.“ Für ihn gebe es daher nur die Konsequenz, dass die Statue weggeräumt wird, wenn man nicht den historischen Kontext herstellt.

Nicht zum ersten Mal Probleme mit Welser Venus

Laut Initiative gegen Faschismus musste eine große Nachbildung der römischen Venus schon einmal verschwinden. Jahrzehntelang sei diese auf dem Messegelände gestanden. 2010 habe sie der damalige FPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Wieser vor dem Kulturzentrum Herminenhof wieder aufstellen wollen, was nach Protesten der Antifa aber dann doch nicht geschehen sei.

„Kunst für alle sichtbar machen“

Jetzt steht plötzlich ein 1,25 Meter hoher Bronzeabguss einer römischen Venus-Statue unweit des Stadtplatzes. Der SPÖ-Kulturstadtrat sagt, er sei in diese Entscheidung nicht eingebunden worden. Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) sieht auch keinen Grund, die Statue zu entfernen oder eine Zusatztafel anzubringen. In einer Aussendung der Stadt Wels wird Rabl so zitiert: „Die Venus zeigt uns, wie wichtig Wels in der Römerzeit war und wie alt die Geschichte unserer Stadt ist. Sie nun im öffentlichen Raum lebendig werden zu lassen, ist ein weiterer Schritt, Kunst für alle sichtbar zu machen.“

Links die Anfang des 20. Jahrhunderts in Gunskirchen gefundene Venus-Figur, rechts die Venus-Statue in der Welser Fußgängerzone
Stadtmuseum Wels/privat
Links die Anfang des 20. Jahrhunderts in Gunskirchen gefundene Venus-Figur, rechts die Venus-Statue in der Welser Fußgängerzone

Bürgermeister: Das ist eine ganz andere Statue

Im Interview mit dem ORF Oberösterreich sagt Rabl, dass es eine völlig andere Statue sei, als diejenige, „die an Göring oder andere verschenkt worden ist“. Die Gegner der Statue würden Äpfel mit Birnen vergleichen und Geschichtsfälschung betreiben. Eine Zusatztafel lehnt Rabl ab, „weil diese Statue mit dem NS-Regime rein gar nichts zu tun hat“.

Es sei einfach eine römische Statue, so Rabl. Man werde zwar, wie geplant, eine Tafel anbringen, die darauf verweist, welche Statue das ist, wo sie gefunden wurde und wer sie gemacht hat: „Aber jetzt bei einer römischen Statue einen NS-Hinweis anzubringen, obwohl es sich gar nicht um eine NS-Statue handelt, halte ich für übertrieben und nicht passend.“

Presseaussendung der Stadt über „bekannte Venus-Figur“

In einer Presseaussendung der Stadt Wels ist über die Bronze-Statue in der Fußgängerzone zu lesen: „Mitten im Leben, unter freiem Himmel und jederzeit zugänglich können Besucher der Innenstadt nun eine neu in Bronze gegossene Replik der bekannten Venus-Figur aus dem römischen Wels betrachten.“ Und zum Ursprung der Figur: „Die ursprüngliche Bronzestatuette wurde 1917 in Gunskirchen (gehörte zum römischen Stadtbezirk Ovilava) gefunden und stammt aus dem ersten bis zweiten Jahrhundert nach Christus. 1926 erwarb die Stadt Wels das Original, das im Stadtmuseum Minoriten (Minoritenplatz 4) ausgestellt ist.“