Zwar gab es 2020 mit 1.044 um 27 Prozent weniger Privatkonkurse als 2019, doch für die Jahre 2021 und 2022 rechnet die Schuldenberatung mit einer Steigerung um 40 Prozent im Vergleich zu 2020. Als einen Grund dafür nannte der Geschäftsführer der Schuldnerberatung OÖ Thomas Berghuber in einer Pressekonferenz mit Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) am Montag das Auslaufen der Pandemie-Stundungen.
Kreditstundungen seit April
Bei weniger Einkommen aufgrund der Coronakrise wurden ab April 2020 fällige Kreditraten bis 31.1.2021 gestundet. Diese Frist sei nun abgelaufen, sagte Berghuber und riet Betroffenen, das Gespräch mit der Bank zu suchen oder sich an die Schuldenberatung zu wenden. „Die Überschuldungsgefahr in privaten Haushalten hat sich massiv erhöht. Viele nahmen Stundungen in Anspruch, haben aber nicht kalkuliert, dass es so lange dauert“, erklärte Gerstorfer.
2020 waren durchschnittlich rund 46.500 Menschen im Bundesland arbeitslos gemeldet, rund 37 Prozent mehr als 2019, sagte Gerstorfer. Das bedeute 45 Prozent weniger Einkommen und mit ein Hauptgrund für Schulden. Hauptursachen der Überschuldung waren 2020 mit 24 Prozent Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Einkommensverschlechterung, gefolgt von mangelnder Budgetplanung (21 Prozent). Es sei davon auszugehen, dass bei mehr Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit der Anteil in den Beratungen steigen werde. Sie forderte Betroffene auf, bald Kontakt mit den Beratungsstellen aufzunehmen, „nicht erst bei Pfändungen“.
Im Schnitt 65.000 Euro Schulden
Die Durchschnittsverschuldung der Klienten lag 2020 bei 65.000 Euro. „In circa drei bis vier Jahren verdoppelt sich der Außenstand“, wies Ferdinand Herndler, Geschäftsführer der Schuldnerhilfe OÖ auf die Zinsenspirale hin. „Die Coronakrise hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, seine Finanzen gut im Griff zu haben.“ Die Schuldnerhilfe habe schon vor Jahren E-Learning-Tools entwickelt und ab Herbst auch Videokonferenzen eingesetzt. „Das kam bei den Schülern gut an“, so Herndler, der betonte, dass Finanzbildung wirke.
Gefordert wird, das Existenzminimum (1.000 Euro) zu erhöhen, das derzeit unter der Armutsgefährdungsschwelle (1.268 Euro) liege. Auch sollen die Pfändung von Gegenständen reformiert und die Arbeitgeber bei der Lohnpfändung entlastet sowie unpfändbare Beträge wie Familienbeihilfe und Kindesunterhalt am Konto besser geschützt werden.