Coronavirus

„Spaziergänge“ schwierig zu untersagen

Die sogenannten „Spaziergänge“, die von Gegnern der Coronavirus-Maßnahmen in den letzten Tagen in mehreren Orten Oberösterreichs organisiert und durchgeführt worden sind, können laut Verfassungsrechtler Andreas Janko nicht so einfach untersagt werden.

Demonstrationen gegen die Coronavirus-Politik der Bundesregierung beschäftigten in mehreren Orten Oberösterreichs die Exekutive und führten auch zu Anzeigen und vorübergehenden Festnahmen. Oft sind diese Demonstrationen, die von den Teilnehmern als „Spaziergänge“ bezeichnet werden, nicht angemeldet.

Verpflichtende Sicherheitsregeln wie der Mindestabstand oder die Maskenpflicht werden dabei nicht selten ignoriert. Man fordert ein Ende des Lockdowns und der Ausgangssperren, setzt Covid-19 mit der Grippe gleich, zweifelt wissenschaftliche Erkenntnisse und Todeszahlen an und fordert den Rücktritt gewisser Politiker auf Bundesebene. Außerdem werden diese Kundgebungen auch immer wieder von Rechtsextremen unterwandert.

Spaziergänge und Versammlungen

Polizei und Bezirksverwaltungsbehörden scheinen bisher machtlos gegen diese Kundgebungen zu sein. Es ist ein schmaler Grat zwischen Versammlungs- und Meinungsfreiheit und den Regeln und Verordnungen in einem mehrwöchigen harten Lockdown, in dem es eigentlich nur ganz bestimmte Gründe gibt, wann man sein Haus verlassen darf.

Verfassungsrechtler Andreas Janko von der Linzer Kepler Universität sagt, dass bei einer Versammlung nach dem Versammlungsgesetz das „Regime der Covid-19-Notfallmaßnahmenverordnung“ und damit auch die Ausgangssperre nicht gilt. Es handle sich dann um „eine zulässige Veranstaltung zu deren Zweck ich meinen Wohnbereich verlassen darf“. Das gelte aber nur für Versammlungen, die im Vorfeld auch bei den Behörden angezeigt wurden. Damit habe die Behörde die Möglichkeit, die Genehmigung nach dem Versammlungsgesetz zu prüfen und gegebenenfalls auch zu untersagen, so der Experte.

Konkret nach den „Spaziergängen“ befragt, die von den Coronavirus-Leugnern nicht als Demonstrationen ausgewiesen werden, sagt Janko, dass nach der Judikatur der Begriff der Versammlung sehr weit ausgelegt werde: „Es ist sogar jede organisierte einmalige Vereinigung mehrere Menschen zu einem gemeinsamen Ziel an einem bestimmten Ort eine Versammlung, auch im Sinne des grundrechtlichen Schutzes.“ Nach dieser weiten Definition würden auch die „Spaziergänge“ unter Versammlungen fallen.

Schwierige Prognose

Das bedeute aber nicht, dass Sicherheitsmaßnahmen wie Mindestabstand und Maskenpflicht ungültig wären. Laut Janko müssten die Versammlungsbehörden, in den Statutarstädten wäre das zum Beispiel die Landespolizeidirektion, darüber wachen, dass es zu keinen negativen Konsequenzen aus Versammlungen kommt. Das Untersagen solcher Versammlungen ist allerdings nicht so einfach: „Wenn man davon ausgehen kann, und das ist immer eine schwieriger Prognoseentscheidung, dass es bei dieser Versammlung zu infektiologisch-epidemiologisch problematischem Verhalten kommt – also der Mindestabstand nicht eingehalten wird oder keine Masken getragen werden – dann würde ich hier schon eine Untersagung als möglichen Schritt sehen.“

„Spaziergang“ von Coronaleugnern in Braunau. Polizei kontrolliert Teilnehmer
Pressefoto Scharinger / Daniel Scharinger
Die Polizei bei der Kontrolle einer „Spaziergängerin“

Diese Prognose sei allerdings sehr schwierig, so der Linzer Verfassungsrechtler, „aber ein nicht unwesentliches Element könnte sein, dass man mit dem Veranstalter einer solchen Demonstration im Vorfeld Gespräche führt und dann ein bisschen auch von dessen Verhalten abhängig macht, wie dann die Prognoseentscheidung ausfällt.“