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APA/BARBARA GINDL
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coronavirus

Harter Lockdown: Alle Änderungen

Aufgrund explodierender Infektionszahlen verschärft die Regierung die CoV-Maßnahmen drastisch – ab Dienstag 0.00 Uhr gilt ein harter Lockdown. Das hat die Regierungsspitze am Samstag in einer Pressekonferenz benanntgegeben.

Zentral bedeutet das: die Ausgangsbeschränkungen werden rund um die Uhr gelten. Geschäfte müssen schließen, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) – ausgenommen seien Lebensmittelhandel, Apotheken, Drogerien und Trafiken, Banken und Post.

„Verschärfungen notwendig“

Die Verordnung gilt ab Dienstag (in der Nacht von Montag auf Dienstag) bis Sonntag, 6. Dezember, 23.59 Uhr. Weil die Zahlen mit dem bereits seit zwei Wochen geltenden Lockdown light nicht sinken, sondern weiter steigen, mache das eine Verschärfung notwendig, so Kurz. Die Behörden könnten 77 Prozent der Neuansteckungen nicht mehr nachvollziehen, in manchen Bundesländern wie Kärnten, Vorarlberg und Oberösterreich gebe es sogar weiter ein exponentielles Wachstum.

Darum sei der zweite Lockdown „das verlässliche Mittel, dass es funktioniert“, so Kurz. Die sozialen Kontakte werden nun klar geregelt, so Kurz: Abseits der eigenen Haushaltszugehörigen darf man für die Zeit des harten Lockdowns künftig nur noch den Lebenspartner, „einzelne engste“ Angehörige bzw. „einzelne wichtige Bezugspersonen“ treffen. Kurz appellierte, möglichst nur eine Person zu treffen: „Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel.“ Denn nur so könne Weihnachten und die Zeit davor gerettet werden.

Schulen werden auf Fernunterricht umgestellt

Auch Schulen werden bis inklusive 6. Dezember auf Fernunterricht umstellen, und es wird eine Betreuung (und keinen Unterricht) in den Schulen geben. Auch in Kindergärten wird es weiterhin eine Betreuungsmöglichkeit geben, für alle, die eine Betreuung brauchen, sagten Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unisono.

„Kindergärten und Schulen bleiben für die, die sie brauchen, offen“, so Kogler. Viele würden das in Anspruch nehmen müssen, das sei auch notwendig für viele, die lebensnotwendige Arbeit verrichten würden. Die Kinder würden dann auch beim Lernen unterstützt. Die Enge eines Lockdowns könne auch zu Überforderung und Spannung innerhalb von Familien führen, meinte Kogler weiter. Er appelliert, Angebote zu nutzen, um Konflikte zu verhindern.

Persönliche Dienstleister schließen

Schließen müssen alle persönlichen Dienstleister. Das betrifft etwa Friseure, Kosmetikerinnen und Masseure. Überall, wo es möglich ist, soll auf Homeoffice umgestellt werden, sagte Kurz. Weiter offen hat neben dem gesamten Lebensmittelhandel, Post, Trafiken und Apotheken der Agrar- und Tierfutterhandel, Tankstellen, Handyshops, Abfallentsorger und Fahrrad- und Kfz-Werkstätten. Die Öffnungszeiten bleiben auf 6.00 bis 19.00 Uhr limitiert.

Handel bekommt 20 bis 60 Prozent Umsatzverlust

Jene Geschäfte, die schließen müssen, werden einen Teil des Umsatzverlusts durch den Lockdown ersetzt bekommen, so Kogler. Allerdings werden nicht so viele Ausfälle wie in der Gastronomie kompensiert, wo man zuletzt 80 Prozent festgelegt hatte. Im Handel werden es je nach Branche zwischen 20 und 60 Prozent sein.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) dankte den Polizistinnen und Polizisten dafür, die Verordnungen durchzusetzen und Kontrollen durchzuführen. Auch jetzt wieder im Einsatz, um eine Senkung der Infektionszahlen herbeizuführen. Es brauche wieder den gemeinsamen Schulterschluss von März und April. Es gehe darum, weniger Kontakte zu haben. Eines sei klar, es sei ihm bewusst, „es zipft jeden an“, zugleich sei es aber nötig. Es gelte darum, gemeinsam in die Normalität zurückzufinden.

Kirche zieht beim Lockdown mit

Die katholische Kirche setzt während des neuen Lockdowns die öffentlichen Gottesdienste befristet aus. Das kündigte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, an. Die näheren Details sollen nach Gesprächen mit den anderen Kirchen und Religionsgesellschaften festgelegt werden, die am Montag stattfinden sollen. Diesen Sonntag werden Messen noch zelebriert – mehr dazu in religion.ORF.at.

Stelzer: „Bittere Medizin, aber leider notwendig“

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat den neuerlichen Lockdown als „eine bittere Medizin, die jetzt leider notwendig ist, um die Gesundheitsversorgung vor dem Kollaps zu schützen“ bezeichnet. Er bat in einer Presseaussendung am Samstag „alle Landsleute jetzt mitzuhelfen, die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Ohne ihre Mithilfe werden wir es nicht schaffen“. „Wir haben es in der Hand, ob weiterhin jeder Mensch in unserem Land medizinische Hilfe bekommt, wenn er sie benötigt“, sagte Stelzer und betonte: „Für uns in Oberösterreich ist wichtig, dass bei den Überbrückungshilfen niemand durch die Finger schaut oder vergessen wird.“

Im Distance Learning für alle Schüler sieht der Landeshauptmann eine große Herausforderung für alle Eltern. „Wichtig ist jedenfalls, dass allen Eltern und Kindern, die es benötigen, ein ausreichendes Betreuungsangebot an den Schulen zur Verfügung gestellt wird.“ LHStv. Manfred Haimbuchner, mit der FPÖ Koalitionspartner im Land, hatte noch am Freitag an die Verantwortlichen appelliert, von einer nochmaligen Schließung der Pflichtschulen Abstand zu nehmen, da dies in der ohnehin schon angespannten Situation zu einer unverantwortlichen Belastung der Familien führen würde.

Das Für und Wider eines erneuten Lockdowns

Ob es das braucht? In Oberösterreich gehen die Meinungen auseinander. Der Handel soll – wie im März – zusperren, ausgenommen Lebensmittel, Drogerien, Banken und Apotheken. Auch die Schulen sollen offenbar geschlossen werden und nur für Familien mit Betreuungsbedarf offenhalten.

Eltern: „Homeschooling geht nicht von heute auf morgen“

Aber eine Umstellung der Schulen auf Distance Learning sei von heute auf morgen unmöglich, warnt der Elternvertreter Joris Gruber. „Der Wechsel in das Distance Learning braucht Zeit. Wir fordern das immer wieder, dass so etwas Vorbereitung braucht. Und ich hoffe, die Schulen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Das Umstellen braucht Zeit – es muss klar und strukturiert mit richtigen Vorgaben gemacht werden. Von heute auf morgen würde eine Umstellung das System noch mehr schädigen.“

Eine leere Schulklasse
ORF
Homeschooling ist für Elternsprechern nicht von heute auf morgen möglich

Handel: „Keiner hat was vom Zusperren“

Dass der Handel bis auf die Grundversorgung geschlossen wird, sorgt bei vielen Unternehmern im Land für Kopfschütteln. Der oberste Branchenvertreter der Handelsunternehmen in Oberösterreich, Ernst Wiesinger, sagt: „Zusperren ist eine absolut schlechte Lösung. Weil niemand was davon hat. Außerdem gibt es im Handel auch kaum Infektionen. Viel wichtiger ist es, dass die Politiker das Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen, sich zusammenzureißen – zuhause in den eigenen vier Wänden – denn da passiert die Ansteckung. Hier in den Geschäften passiert sie nicht.“

Medizin: „Einzige Möglichkeit“

Aber: "Für die medizinische Situation ist ein Lockdown notwendig. Denn nur so kann es gelingen, die Infektionskurve abzuflachen und die Krankenhäuser zu entlasten“, so der Linzer Lungenspezialist Bernd Lamprecht.

Mediziner Lamprecht über die CoV-Situation

Bernd Lamprecht, Vorstand an der Klinik für Lungenheilkunde KUK Linz, spricht über die aktuelle CoV-Situation.

Aktuelle Zahlen für OÖ

Insgesamt gelten derzeit (Stand Samstag, 12.00 Uhr) 15.292 Menschen in Oberösterreich als infiziert. 35.294 Menschen befinden sich in Quarantäne. 101 von 132 Altersheimen sind mittlerweile auch von Covid-19 betroffen: insgesamt sind 416 Bewohner und 455 Mitarbeiter erkrankt. Im Schulbereich sind an 453 Standorten 770 Schüler und 357 Lehrer infiziert.

Infizierte in Bezirken (Land OÖ, 19. Dezember, 12.00 Uhr)

Linz-Stadt 428
Steyr-Stadt 69
Wels-Stadt 164
Braunau am Inn 407
Eferding 61
Freistadt 156
Gmunden 468
Grieskirchen 175
Kirchdorf 160
Linz-Land 430
Perg 167
Ried 158
Rohrbach 169
Schärding 325
Steyr-Land 196
Urfahr-Umgebung 162
Vöcklabruck 492
Wels-Land 215

Spitalsbehandlungen nehmen zu

Auf den Intensivstationen nimmt die Zahl der zu behandelnden Coronavirus-Patienten stetig zu: Mit Stand Samstagmittag lagen 847 Patienten auf Normal- und 117 auf Intensivstationen. Die Intensiv- und Beatmungsplätze für Covid-19-Patienten sind zuletzt auf 150 aufgestockt worden, kommende Woche sollen weitere 50 Plätze dazukommen, dann wären es 200.

Soldaten aus Kärnten helfen in OÖ aus

Kärntner Soldaten helfen ab dem Wochenende in Oberösterreich beim Contact Tracing. 80 Angehörige des Führungsunterstützungsbataillon 1 in Villach werden nach Hörsching verlegt. Das Vorkommando sei am Freitag bereits eingetroffen, der Rest solle am Samstag folgen, berichtete das Militärkommando Oberösterreich. Die Soldaten unterstützen den Contact Tracing Pool im Landesdienstleistungszentrum in Linz und werden in zwei Schichten pro Tag Kontaktpersonen erfassen, Fälle an die zuständigen Bezirkshauptmannschaften verteilen und Daten einpflegen. Der Assistenzeinsatz beginnt Samstagnachmittag, wie lange er dauert, ist noch offen.

Bereits jetzt sind rund 90 Soldaten in Oberösterreich zur Unterstützung der Gesundheitsbehörden in den Bezirken und im Magistrat Wels im Einsatz. Der oö. Militärkommandant Dieter Muhr kündigte zudem an, dass in zwei Wochen eine Einheit vom Panzergrenadierbataillon 13 in Ried im Innkreis zur Botschaftsbewachung nach Wien abrücken werde.