Leerer Schanigarten in der Coronakrise
ORF.at/Georg Hummer
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Coronavirus

Zweiter Lockdown ab Dienstag in Österreich

Österreich stehen neue Coronavirus-Maßnahmen bevor, die auch eine Ausgangsbeschränkung von 20.00 bis 6.00 Uhr beinhalten. Die Verordnung soll am Dienstag um 0.00 Uhr in Kraft treten und bis 30. November gelten, wie die Bundesregierung Samstagnachmittag bekannt gab.

„Nicht mehr möglich sein werden“ der Sport- und Freizeitbereich, die Hotellerie und die Gastronomie, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Die Gastronomie darf nur noch Abhol- und Lieferdienste anbieten, Hotels ist die Aufnahme von Touristen untersagt. Für die betroffenen Unternehmen wird es ein Hilfspaket geben, kündigte Kurz an. Die betroffenen Branchen werden 80 Prozent des Umsatzes des Vorjahreszeitraums überwiesen bekommen. Zudem werde die Kurzarbeit ausgeweitet, sagte der Kanzler. Anders als im Frühjahr bleiben Geschäfte geöffnet, auch Dienstleister wie Friseure und Physiotherapeuten dürfen weiterarbeiten.

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen

Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen bedeuten ein Verbot des Verlassens des privaten Wohnbereichs. Zu diesem zählen auch Wohneinheiten in Beherbergungsbetrieben sowie in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen. Doch gibt es Ausnahmen, bei denen auch zwischen 20.00 und 6.00 die Wohnung verlassen werden darf:

  • Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum;
  • Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten;
  • Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens;
  • berufliche Zwecke, sofern das erforderlich ist;
  • Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.

Die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen gelten allerdings bis 12. November, nicht bis 30. – so sieht es das Covid-19-Maßnahmengesetz vor.

Verschärfungen in Altersheimen

Besuche in Krankenhäusern, Kuranstalten und in Alters- und Pflegeheimen werden zum Schutz der Kranken, Senioren, Pflegebedürftigen und des Personals limitiert. Bis inklusive 17. November sind Besuche nur mehr alle zwei Tage erlaubt, wobei pro Tag maximal ein Besucher zugelassen wird. Insgesamt können in den kommenden zwei Wochen Patienten, Senioren bzw. Pflegebedürftige in Spitälern und Heimen maximal zwei verschiedene Besucher empfangen.

Die entsprechenden Maßnahmen wurden von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei der gemeinsamen Pressekonferenz der Regierung verkündet. Sämtliche Besucher müssen entweder ein negatives Testergebnis vorweisen oder adäquaten Atemschutz – eine FFP2-Maske – tragen. Der Mindestabstand ist einzuhalten. Ausgenommen davon ist die Palliativ – und Hospizbegleitung sowie die Seelsorge zu kritischen Lebensereignissen. Für externe, nicht medizinische Dienstleister gilt ein Betretungsverbot in Alten- und Pflegeheimen.

Mitarbeiter in den jeweiligen Einrichtungen müssen – abhängig von der Verfügbarkeit – jede Woche ein negatives PCR- oder Antigen-Testergebnis vorlegen. Alternativ kann durchgehend während der Berufsausübung eine FFP2-Maske getragen werden.

Sport nur noch im Freien und mit Abstand

Sportliche Betätigung wird mit der Verordnung ebenfalls nur noch eingeschränkt möglich sein. Während man weiterhin im Freien laufen gehen darf, ist jede Form von Training im Innenraum untersagt. Sportstätten im Freien dürfen zwar weiterhin auch von Hobbysportlerinnen und -sportlern benützt werden; allerdings nur, wenn es nicht zu Körperkontakt mit anderen kommt.

Keine Bewirtung in Gastronomie

Starke Einschnitte zeichneten sich schon seit Tagen für die Gastronomie ab. So ist bereits laut erstem Entwurf das „Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe untersagt“ – mit anderen Worten: Gastronomiebetriebe dürfen keine Gäste bewirten. Erlaubt bleibt die Abholung von Speisen und Getränken in der Zeit von 6.00 bis 20.00 Uhr. Ausgenommen von den Schließungen sind Kantinen in Betrieben, Schulen und Krankenhäusern. Auch in Speisewagen dürfen weiterhin Speisen und Getränke serviert werden.

Schließen müssen auch Hotels. Einzig Gäste, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits dort befanden, können die gebuchte Zeit noch dort verbringen. Ausgenommen sind außerdem Übernachtungen aus beruflichen Zwecken und im Zuge einer Ausbildung. Auch Kurbetriebe fallen nicht unter die Regelung.

Handel bleibt offen

Zwar entkommt der Handel diesmal im Gegensatz zum ersten Lockdown einer Schließung, doch kehren die Personenbegrenzungen zurück. Pro Kundin oder Kunde müssen zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ist das Geschäft kleiner, darf nur eine Person eingelassen werden. Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, „sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann“. Diese Regeln für Kundenbereiche sind übrigens auch auf Bibliotheken und Archive anzuwenden.

Distance-Learning für Oberstufe und Uni

Für den Schulbereich wird es differenzierte Maßnahmen geben. Kindergarten, Volksschulen und Unterstufen bleiben vorerst offen, in der Oberstufe und an den Universitäten wird nach den Herbstferien auf Distance-Learning umgestellt.

Stelzer: „Maßnahmen leider notwendig“

ÖVP-Chef Landeshauptmann Thomas Stelzer bezeichnet die Maßnahmen der Bundesregierung als leider notwendig, damit die Gesundheitsversorgung nicht zusammenbricht. Oberstes Ziel sei immer, dass alle Menschen medizinische Hilfe bekommen, wenn sie eine benötigen. Stelzer zeigt sich froh, dass die Bildungseinrichtungen offenbleiben und er begrüßt die versprochenen Finanzhilfen für betroffene Betriebe. Es brauche jetzt die Mithilfe jedes Einzelnen, sonst würden die Schutzmaßnahmen keine Wirkung zeigen, appelliert der Landeshautmann.

Haimbuchner: „Politische Kapitulationserklärung“

FPÖ-Obmann Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner spricht angesichts des neuerlichen Lockdowns von einer politischen Kapitulationserklärung einer auf allen Ebenen überforderten Bundesregierung. Acht Monate nach dem ersten Lockdown stehe man wieder am Anfang, als hätte es die vergangenen Monate nie gegeben. Das Versagen der Bundesregierung sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit, so Haimbuchner.

Kaineder: „Beschränkungen unumgänglich“

Stefan Kaineder, der Landessprecher der Grünen, meint, dass die harten Beschränkungen unumgänglich sind, um die Gesundheit zu bewahren und Menschenleben zu retten. Kaineder appelliert daher an die Bevölkerung, die Regelungen mitzutragen und die Maßnahmen zu befolgen.

Gerstorfer: „Hausarrest deutlich überzogen“

Die SPÖ-Landesvorsitzende Birigit Gerstorfer warnt vor allem davor, dass die Fehler des ersten Lockdowns wiederholt werden könnten und fordert Kommunikation auf Augenhöhe und keine Alibiaktionen. Das ganze Land unter abendlichen Hausarrest zu stellen sei deutlich überzogen und ein Zeichen der Hilflosigkeit, so Gerstorfer.

NEOS: „Von Regierung verschuldete Notfallreaktion“

Für NEOS sind die neuen Maßnahmen eine von der Regierung selbst verschuldete Notfallreaktion. Viel wichtiger wären rasche Testungen mit kurzen Intervallen bis zum Testergebnis und effektive Kontaktnachverfolgung, die es bis heute nicht gebe, meint NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer.