OP-Schwester zieht sich in einer Klinik vor ihrer Arbeit im OP Handschuhe an
dpa/Angelika Warmuth
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CoV: Personalengpass in Spitälern

Die oberösterreichischen Spitäler beginnen wieder, elektive Leistungen herunterzufahren und Coronavirus-Patienten gleichmäßig auf alle Häuser zu verteilen, um die medizinische Versorgung so lange wie möglich aufrechterhalten zu können. Zwar kann die Zahl der Intensivbetten noch aufgestockt werden, der Engpass ist aber das Personal.

Das wurde in einem Hintergrundgespräch am Dienstag deutlich. „Auch ein sehr gutes Gesundheitssystem kann an seine Grenzen geraten“, warnte Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Linzer Kepler Uniklinikum (KUK). Gefordert sei man vor allem personell. Auf einer Covid-Station brauche man etwa um 50 Prozent mehr Personal als auf einer anderen Station, erläuterte er – das habe vor allem mit der Schutzausrüstung zu tun.

Auf Intensivstationen könne sich eine Pflegekraft nicht wie sonst um zwei bis drei Patienten, sondern nur um einen kümmern. Er appellierte an die Bevölkerung, die Maßnahmen einzuhalten, denn wenn der Trend der Neuinfektionen weiter anhalte, wären in Oberösterreich die für Coronavirus-Patienten vorgehaltenen Plätze Anfang November aufgebraucht, was einen Totalstopp elektiver Leistungen bedeuten würde.

Situation in den Spitälern spitzt sich zu

Acht Monate nach den ersten bestätigten SARS-CoV-2-Infektionen in Österreich ist die Zahl der Toten in ganz Österreich auf über 1.000 gestiegen. Deutlich erhöht hat sich auch die Zahl der Patienten im Spital. In Oberösterreich sind in den letzten 24 Stunden 405 Neuinfektionen dazugekommen.

7.500 Normal- und 243 Intensivbetten

Insgesamt stehen in den oö. Spitälern knapp 7.500 Normal- und 243 Intensivbetten zur Verfügung. Derzeit werden – nach einem starken Anstieg in den vergangenen Tagen – mehr als 330 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern des Bundeslandes behandelt, davon 30 auf Intensivstationen. Die Intensivbetten können zwar etappenweise auf 270, 358 und in einem dritten Schritt sogar auf 420 aufgestockt werden, das Problem sind aber weniger die Beatmungsgeräte etc., sondern das Personal, warnte Jens Meier, Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Kepler Klinikum.

4,7 Prozent des Personals fallen derzeit aus

Die Politik sei sich bewusst, dass es hier Personalressourcen bauche und diese nur durch Reduktionen in anderen Bereichen bereitgestellt werden könnten. Man versuche natürlich zusätzliches Personal zu bekommen, etwa aus der Pension zurückzuholen, aber Intensivpflegekräfte und -mediziner könne man nicht „aus dem Boden stampfen“, so Meier. Laut der Sprecherin der Oö. Gesundheitsholding, Jutta Oberweger, fallen derzeit 4,7 Prozent des Personals in den Spitäler aus, das sei wesentlich weniger als in der ersten Welle. Zahlen, wie viele Mitarbeiter Coronavirus-infiziert sind, gibt es nicht.

Derzeit seien die Intensivstationen in Oberösterreich zu 68 Prozent ausgelastet, rechnete Meier, vor. Um noch auf Notfälle reagieren zu können, sollten Intensivstationen mit maximal 80 Prozent Auslastung laufen. „Wenn die Intensivstation immer zu 100 Prozent voll ist, kann man keine Reanimationen mehr machen oder Autounfälle aufnehmen.“ Man werde daher jene Eingriffe, die sich verschieben lassen, verschieben. „Aber auch elektive Eingriffe sind indiziert“, warnte er, müssten also irgendwann nachgeholt werden.

Auch Normalstationen bald ausgelastet

Im Schnitt landen fünf bis zehn Prozent der Coronavirus-Patienten im Spital, erklärte Lamprecht, in Oberösterreich seien es aktuell 8,1 Prozent. Derzeit werden zehn Prozent der Intensivbetten von Covid-Patienten, die mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von zwei Wochen sehr lange in Intensivbehandlung bleiben, belegt. Auch bei den Normalstationen wird es eng: Derzeit seien zwei Covid-Stationen voll, „das wird nicht ausreichen“, so Lamprecht.

Holger Rumpold, Leiter des Viszeralonkologischen Zentrums am Ordensklinikum Linz betonte, es sei Ziel, die Lege-Artis-Versorgung von Krebspatienten weiter aufrecht zu erhalten. Dass während der ersten Welle offenbar viele Krebserkrankungen nicht diagnostiziert wurden, hänge seiner Ansicht nach nicht mit der Verschiebung von Leistungen zusammen, sondern damit, dass diese Personen erst gar nicht „in das medizinische System eingetreten sind“, also nicht zum Arzt oder ins Spital gekommen sind.

SPÖ fordert konkrete Kriterien

Der oö. SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder forderte in einer Aussendung „menschliche Lösungen für das Spitalengpass-Dilemma“. Er habe Verständnis, wenn die Spitäler Kapazitäten für den Corona-Ernstfall freihalten, man dürfe aber auch jene Menschen, die „monatelang auf wichtige, schmerzlindernde Operationen warten, nicht im Ungewissen“ lassen.

Es brauche daher „konkrete Kriterien, welche Operationen verschoben werden und wie lange. Die bessere Krankenversicherung darf dabei nicht entscheidend sein“, so Binder. Zudem müsse man einen Plan erstellen, wie man den OP-Rucksack wieder abbaue.

Land OÖ zuversichtlich bei Grippeimpfungen

Besser schaut es hingegen bei den Dosen für die Grippeimpfungen aus. LHStv. Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) hat sich am Dienstag zuversichtlich gezeigt, dass die vom Land Oberösterreich bestellten Dosen für die Influenza-Impfung rechtzeitig einlangen. Sie gehe davon aus, dass diese in den kommenden zwei Wochen geliefert werden, sagte sie am Rande einer Pressekonferenz in Linz. Heuer seien doppelt so viele wie im Vorjahr bestellt worden.

Haberlander wie Albert Maringer, Landesstellenausschuss-Vorsitzender der Österreichischen Gesundheitskasse und oö. Ärztekammer-Präsident Peter Niedermoser beteuerten, dass November der beste Zeitpunkt für eine Impfung sei, da sonst die Wirkung verfliege bevor die Grippesaison vorüber sei. Die Impfungen seien laut Apothekerkammer immer schon in Etappen geliefert worden, so Haberlander. Sie verstünde aber, dass die Menschen besorgt seien. Im übrigen würden die Hygiene-Maßnahmen wie Hände waschen, Mund-Nasen-Schutz tragen und Abstand halten gegen eine Ansteckung mit Grippe und Covid-19 gleichermaßen helfen und seien nun das Gebot der Stunde, betonte Niedermoser.