MAN-Werk in Steyr
APA/Fotokerschi.at/Werner Kerschbaum
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Wirtschaft

MAN will Tausende kündigen – 2.300 Jobs in Steyr wackeln

Der deutsche Lastwagenbauer MAN steht vor einer großen Umstrukturierung und will bis zu 9.500 Stellen abbauen. Betroffen davon soll auch der Standort Steyr sein – dort arbeiten 2.300 Mitarbeiter.

Die Konzernleitung hat am Freitag bekanntgegeben, dass es um eine grundlegende Restrukturierung des MAN-Geschäfts in allen Bereichen mit einem signifikanten Stellenabbau gehe – und das in Österreich und Deutschland. In diesem Zusammenhang sei die Verlagerung von Teilen des Entwicklungs- und Produktionsprozesses an andere Standorte geplant.

„Auf Standortsicherungsvertrag bis 2025 verlassen“

Genau damit stünden auch der österreichische Produktionsstandort Steyr sowie die Betriebe an den beiden deutschen Standorten zur Disposition. Der ORF Oberösterreich hat in der Früh versucht, den Betriebsratsvorsitzenden von MAN zu erreichen, Erich Schwarz ist zurzeit bei Verhandlungen in München. Bisher haben wir noch keine Reaktion bekommen. Zuletzt hatte es von seiner Seite immer geheißen, es gebe einen Standortsicherungsvertrag bis 2025, und auf das verlasse man sich.

„Die Lage ist sehr ernst“

Auch die Gewerkschaft setzt auf diesen Garantievertrag, die Lage sei aber sehr ernst, hört man in Telefonaten. Offiziell wollte oder konnte man am Freitag aber auch noch nichts sagen. Nur so viel: der Standort Steyr sei im Gegensatz zu den deutschen voll ausgelastet – man suche derzeit sogar nach 100 weiteren Mitarbeitern. Was da am Freitag aus München kam, hat aber bei allen Beteiligten die Alarmglocken läuten lassen – denn, so heißt es inoffiziell, derzeit sei alles möglich, von einem empfindlichen Stellenabbau bis hin zur völligen Schließung des Standortes. Die VW-Tochter MAN beschäftigte 2019 etwa 39.000 Mitarbeiter, 2.300 davon in Steyr.

Standort Steyr, Werkstor 1
FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

Steyrer Bürgermeister bekam Brief der Konzernleitung

Erst im März hatte Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) nach ersten Gerüchten über ein mögliches Aus für Steyr versichert, er habe mit der Geschäftsführung telefoniert – das alles sei ein Gerücht, der Standort Steyr sei nicht infrage gestellt. Bisher ist nur bekannt, dass Steyrs Bürgermeister Gerald Hackl einen Brief der Konzernleitung bekommen hat, in dem der Standort Steyr zur Disposition gestellt wird.

Hackl: „Wir in Steyr sind krisenerprobt“

Hackl sagte Freitagvormittag gegenüber dem ORF: „Das ist alles andere als eine positive Nachricht. Gleichzeitig findet heute die erste Verhandlungsrunde des Vorstandes mit den Belegschaftsvertretern aller Konzernstandorte in München statt. Zur Disposition stehen heißt für mich nicht, dass der Standort Steyr geschlossen werden soll. Disposition kann man so oder so auslegen. Wir in Steyr sind krisenerprobt und wissen, dass, wenn solche Einsparungs- oder Restrukturierungsmaßnahmen gesetzt werden, vorher mal ein Horrorszenario skizziert wird, um dann doch zu einem Kompromissergebnis mit den Gewerkschaftern zu kommen.“

MAN: „Harte Einschnitte sind notwendig“

Konzernsprecher Manuel Hiermeyer bestätigte am Freitag gegenüber dem ORF Oberösterreich, dass es bei den Überlegungen des Konzerns auch um die Schließung ganzer Standorte gehen wird: „Um weiterhin ein bedeutender Hersteller von Nutzfahrzeugen in Europa sein zu können und die Branche mit zu prägen, ist es notwendig, dass wir in die Zukunftsfelder Automatisierung, Digitalisierung und vor allem auch alternative Antriebe investieren. Dieses Geld haben wir im Moment aber nicht.“ Die Finanzlage sei schon vor der Coronavirus-Zeit angespannt gewesen und habe sich jetzt nochmal verschlechtert. Deshalb seien harte Einschnitte notwendig, damit man MAN weiterhin erfolgreich positionieren könne, so Hiermeyer.

Sitzung der lokalen Betriebsräte am Montag

Der deutsche Betriebsrat von MAN kritisiert die Pläne scharf. Die Belegschaft werde nicht für Managementfehler büßen, sondern Widerstand gegen den Stellenabbau leisten, heißt es. In Steyr wird es am Montag eine Sitzung der lokalen Betriebsräte geben. Im Anschluss soll die Belegschaft über die weitere Vorgehensweise informiert werden.

„Zur finanziellen Unterstützung des Standortes bereit“

Reaktionen gibt es inzwischen auch aus der Landespolitik. Landeshauptmann Thomas Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) hoffen am Freitag in einer Presseaussendung auf den Erhalt des Standortes Steyr, weil dafür gute Argumente sprechen würden, insbesondere umfangreiche Investitionen in jüngerer Zeit und die hohe Qualität der Mitarbeiter. Man sei in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung, allerdings müsse man das Ergebnis der Verhandlungen in München zurzeit abwarten. Das Land sei jedenfalls zur finanziellen Unterstützung des Standortes bereit, versichern Stelzer und Achleitner.

FPÖ fordert Masterplan

FPÖ-Chef Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner kritisierte, die schwarz-grüne Bundesregierung habe dazu beigetragen, Österreich als Standort in Krisenzeiten unattraktiv erscheinen zu lassen. Haimbuchner fordert jetzt einen Masterplan für solche durch die Coronavirus-Maßnahmen auftretenden Problemen.

SPÖ will Gipfelgespräch

Für einen Gipfel zur Rettung heimischer Arbeitsplätze sprach sich Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) aus, da die bisherigen schwarz-blau-grünen Maßnahmen keine positiven Effekte gehabt hätten. An diesem Gipfel sollten Vertreter aller Parteien, den Sozialpartnern und Gewerkschaften teilnehmen, um ein „treffsicheres Investitionsprogramm“ zu erarbeiten, so Gerstorfer.