Der schuldenfinanzierte Aufbaufonds ist 750 Milliarden Euro schwer. Das Volumen der Zuschüsse darin beträgt 390 Milliarden Euro. 360 Milliarden Euro sind als Kredite vorgesehen. Das im Zuge der Coronavirus-Krise geschnürte Finanzpaket ist das größte in der Geschichte der EU. Auch eine Einigung für das Budget von 2021 bis 2027 wurde erzielt – mehr dazu in Große Zufriedenheit nach Marathonsitzung (news.ORF.at).
Dem ORF OÖ beantworteten zwei heimische Wirtschaftsexperten, Friedrich Schneider, Em. Universitätsprofessor der Abteilung für Wirtschaftspolitik der Johannes Kepler Universitäts Linz (JKU) und Theodoro Cocca, Institutsvorstand und Leiter der Abteilung für Asset Management der JKU, wesentliche Fragen zu diesem Finanzpaket.
Wer soll diese gigantische Summe bezahlen?
Schneider: Zahlen werden das spätere Generationen, aber wenn es mit den Geldern gelingt, die Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen, gibt es auch höhere Steuereinnahmen und dann wird ein Teil der Schulden sofort auch wieder von uns bezahlt, wo wir auch unmittelbar von den Geldern profitieren.
Cocca: Es macht Sinn, dass Kredite an den Finanzmärkten aufgenommen werden, um eben dieses Paket stemmen zu können, aber das heißt natürlich auch umgekehrt, dass irgendwann einmal diese Schulden zurückzuzahlen sind. Das wird in ein paar Jahren dann beginnen müssen und je nachdem, wie lange das dauert, werden auch die kommenden Generationen dann Teil dieser Verpflichtungen. Was natürlich gänzlich jetzt fehlt in dieser Einigung, ist die Frage, wie einig ist man, wenn es um sparen gehen wird. Das wird eine sehr große und schwierige Frage sein.
Wie ist das Ergebnis aus Sicht Österreichs zu beurteilen?
Schneider: Wir sind über den Schatten gesprungen, dass wir für eine einmalige Aktion eine Verschuldung in der EU zulassen, die ja sonst nicht möglich ist. Wir haben zusätzliche Rabatte bekommen. Wichtig ist, dass der europäische Gedanke, die europäische Zusammenarbeit gestärkt wurde. Das ist damit geschehen.
Cocca: Ich bin skeptisch, ob direkte Zuschüsse – nämlich ohne jederlei Verpflichtungen, die damit einhergegangen sind – ob das der richtige Weg ist. Da bin ich ganz auf der Seite von Bundeskanzler Kurz, dass diese Beträge möglichst klein zu halten sind und es einfach wichtig ist, dass jedes Land, das Geld kriegt, auch weiß, es muss einen Beitrag leisten zur Rückzahlung.
Welche Länder bekommen am meisten Geld?
Schneider: Italien, Spanien, Portugal, Griechenland brauchen Zuschüsse, damit sie sofort den Wiederaufbau ihrer Wirtschaft, der Reparatur ihres Gesundheitswesens beginnen können. Ich finde das sehr ausgewogen.
Cocca: Italien hat natürlich jetzt am meisten gewonnen. Italien wird 200 Milliarden – und einen wesentlichen Teil davon aus Direktzahlung, also nicht als Kredit bekommen; circa 80 Milliarden nach heutiger Schätzung einfach so, wenn man so will.
Die Kredite für den Aufbaufonds werden bis 2058 abgeschlossen, es wird also fast 40 Jahre dauern, bis sie zurückgezahlt sein sollen. Die Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass dieser Plan halten wird.
Stelzer: Einigung wichtig für Oberösterreich
Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sieht in dem Verhandlungsergebnis eine wichtige Maßnahme, um die europäische Wirtschaft anzukurbeln, denn gerade für Oberösterreich, als Export- und Industriebundesland, sei es wichtig, dass die europäische Wirtschaft bald wieder ordentlich Fahrt aufnehme. Angelika Winzig, eine der EU-Abgeordneten der ÖVP, spricht von einem Meilenstein und lobt die zentrale Rolle, die Österreich bei den Verhandlungen eingenommen habe. Bei der Landwirtschaftskammer freut man sich darüber, dass es nun Klarheit für die Agrarfinanzierung der EU bis 2027 gebe.