Ärzte während einer Bandscheibenoperation
APA/HELMUT FOHRINGER
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chronik

Arzt wehrt sich gegen Entlassung

Ein Arzt, der Anfang Mai im Linzer Kepler Uniklinikum (KUK) während einer Operation das Spital verlassen und dessen Patient den Eingriff nicht überlebt hatte, hat gegen seine fristlose Entlassung Klage eingereicht.

Einerseits hätte eine Obduktion ergeben, dass das Verhalten des Arztes nicht in Zusammenhang mit dem Tod gestanden sei. Andererseits sei die Entlassung zu spät ausgesprochen worden und daher rechtswidrig, so Klaus Dorninger, der Rechtsanwalt des Linzer Mediziners. Der Arzt, der in der Zwischenzeit in seiner Privatpraxis war, um Termine wahrzunehmen, sieht sich ungerecht behandelt, so Dorninger.

Spitalsinterne Untersuchung

Das Ableben des 77-jährigen Patienten stehe nicht im Zusammenhang mit seiner Abwesenheit, wie eine spitalsinterne Untersuchung ergeben habe. Der Arzt-Anwalt sah darin einen triftigen Grund, warum einerseits die Entlassung vor dem Arbeitsgericht nicht halte. Andererseits habe sein Mandant, für den die Unschuldsvermutung gilt, aus dem selben Grund auch vor den Ermittlung der Staatsanwaltschaft wegen grob fahrlässiger Tötung nichts zu befürchten.

Als Chirurg in Bereitschaft hätte er auch ablehnen können, als ihn daheim das Spital telefonisch über den anstehenden heiklen Eingriff bei einem Aortenriss informierte. Dem pflichtete Ferdinand Waldenberger, ärztlicher Leiter des KUK, auch bei. Dennoch trage er als Oberarzt ab der Zusage die volle Verantwortung für die Operation. Das Verhalten des Arztes sei laut Waldenberger ein „massiver Vertrauensbruch gegenüber dem Patienten und gegenüber dem Spital“.

„Ein Verschulden ist überhaupt nicht zuzurechnen“

„Mein Mandant ist einer der führenden Herz- und Lungenchirurgen im Land, das muss man vorausschicken. Er ist seit vielen Jahren im Kepler Universitätsklinikum einer der Top-Chirurgen, und fachlich unantastbar. Im Kepler Universitätsklinikum ist in letzter Zeit vieles aus Sicht meines Mandanten nicht optimal gelaufen, insbesondere von der Leitung. Und diese Entlassung, die ausgesprochen wurde, ist zum Einen weder rechtlich haltbar, noch rechtzeitig erfolgt von dem Ausschluss von, aus meiner Sicht, internen Problemen“, so Dorninger.

Es sei üblich, dass Top-Chirurgen den Operationssaal verlassen. Es komme auf das Stadium der Operation an: Es seien weiterhin Anästhesisten und Kardio-Techniker anwesend. Auch der Assistenzarzt, der die Operation weitergeführt hat, habe schriftlich bestätigt, dass der Arzt alles richtig gemacht habe. „Ein Verschulden ist meinem Mandanten überhaupt nicht zuzurechnen“, so Dorninger.

Klinikum weist Darstellung zurück

Das Kepler Universitätsklinikum weist die Darstellung des entlassenen Oberarztes zurück, wonach es üblich sei, den Operationssaal zu verlassen, während die Operation noch im Gange ist. Der Oberarzt habe in einer kritischen Phase der Operation an den unerfahrenen Assistenzarzt übergeben, so Waldenberger.

Der Aussage, die Entlassung sei rechtswidrig, weil sie zu spät ausgesprochen worden sein soll, hält Waldenberger entgegen: „Das sehe ich ganz anders. Nachdem ich Kenntnis von dem Vorfall erhalten habe, habe ich über den Vorstand der Abteilung den Mitarbeiter aufgefordert eine Stellungnahme, erstens mündlich vor dem Vorstand und dann schriftlich abzugeben, diese ist uns dann am Freitag vorgelegen.“

Montag wurde Entlassung ausgesprochen

Dann habe es ein persönliches Gespräch zwischen Vorstand und Mitarbeiter gegeben. „Im Rahmen dieses Gesprächs ist dann die Suspendierung ausgesprochen worden. Der Mitarbeiter hat dann gebeten, noch einen Zusatz zu seiner Stellungnahme einreichen zu dürfen, das haben wir ihm gewährt. Der ist am Montag vorgelegen. Dann hat sich alles verdichtet, alle Stellungnahmen sind vorgelegen, und am Montag ist die Entlassung ausgesprochen worden“, so Waldenberger. „Eine Entlassung muss unmittelbar ausgesprochen werden“, entgegnet Dorninger.

Riskante Operation

„Diese Operation war völlig abgeschlossen. Es ging nur mehr darum, dem Patienten, der an der Herz-Lungen-Maschine war, zu erwärmen, weil während der Operation eine Abkühlung des Patienten auf ca. 27 Grad erfolgt“, so Dorninger.

Die Operation sei eine äußerst riskante gewesen, mit einer intrinsisch hohen Mortalität. „Die Hauptphase der Näharbeit war vorbei, aber dann kam die Phase des Aufwärmens und des Stabilisierens. Dann die Phase, in der man das Herz und die Lunge wieder alleine arbeiten lässt. Und in dieser Phase können Katastrophen passieren: Da kann dieser Oberarzt einfach nicht gehen. Das ist auch international nicht üblich, dass man bei dieser Art von sehr seltener Operation weggeht oder sogar das Haus verlässt“, so Waldenberger. Neben dienstrechtlichen Konsequenzen drohen dem entlassenen Arzt auch strafrechtliche und standesrechtliche Konsequenzen.