Gebäude von Landesgericht und Staatsanwaltschaft Linz
ORF
ORF
Chronik

Hochsicherheitsprozess in Linz

Ein Hochsicherheitsprozess hat am Mittwoch in Linz begonnen. Vor dem Landesgericht steht ein 41-Jähriger, der als Mitglied des „Staatenbunds Österreich“ gilt. Dieser Bund gehört zu den „Staatsverweigerern“, die Österreich und seine staatlichen Organe ablehnen. Er bekannte sich weitgehend schuldig.

Das mutmaßlich führende Mitglied des „Staatenbund Österreich“ soll auch mit dem „International Common Law Court of Justice Vienna“ (ICCJV) in Verbindung stehen. Der 41-Jährige, dem die Verbrechen der staatsfeindlichen Verbindung sowie nach dem Verbotsgesetz zur Last gelegt werden, bekannte sich weitgehend schuldig. Nur den Vorwurf des Betrugs wies er zurück.

Staatsanwalt: Angeklagter mit Autoritätsproblem

Der Mann, dessen Strafregister bereits zehn Eintragungen aufweist, hat Schulden, den Zahlungsplan des Privatkonkurses hielt er nicht ein. Er habe Probleme mit Autoritäten, so der Staatsanwalt zum Hintergrund des Beschuldigten – etwas, das auch ein psychiatrisches Gutachten bestätigte. Dieses attestiert ihm zudem eine narzisstische Persönlichkeitsstörung.

Nähe zu Reichsbürgerbewegung

Der im Fall einer Verurteilung für die Strafe bedeutendste Punkt wäre das Verbrechen der Holocaustleugnung. Der 41-Jährige soll auf Facebook ein Posting geteilt haben, in dem es hieß: „Adolf Hitler hat keine Juden vergasen lassen, aber Juden haben Nichtjuden massenhaft vergast.“ Der „Staatenbund“ wurzle in der Reichsbürgerbewegung, so der Staatsanwalt. Man behaupte, dass das „Dritte Reich" immer noch bestehe und die Republik Österreich sowie die Bundesrepublik Deutschland keine legitimen Staaten seien. „Das geht eindeutig in eine rechte Richtung, NS-Ideen werden dort immer noch vertreten.“

Auch wenn vieles, was im Anklagevortrag zu hören war, lustig klingen möge „wie aus dem Reich der Fantasie“, so müsse man auch bedenken, dass sich dem Staatenbund rund 2.000 Leute angeschlossen hätten und dieser „nicht nur einmal das Bundesheer zur Hilfeleistung bei einem Staatsstreich ersucht“ habe, so der Staatsanwalt an die Adresse der Geschworenen.

Weitgehendes Geständnis

„Sicher hat es den Holocaust gegeben“, sagte er vor Gericht. Als er das Posting „Adolf Hitler hat keine Juden vergasen lassen, aber Juden haben Nichtjuden massenhaft vergast“ geteilt habe, habe er „sicher nicht gewusst, was ich tue“, meinte er. „Das klingt genauso blöd wie ‚Die Erde ist flach‘“. Ihm sei aber von anderen eingeredet worden, dass das die Wahrheit sei. Er selbst sei „politisch nicht interessiert“, aber „ich war in Auschwitz und mir ist da drinnen schlecht geworden“ – der Besuch in der Gedenkstätte war vor dem Posting.

Staatsverweigerer aus „Wut auf den Staat“

Seinen Einstieg in die Staatsverweigerer-Szene beschrieb er mit „Wut auf den Staat“, die er nach mehrmaligen Führerscheinabnahmen gehabt habe und die „sicher nicht unberechtigt war“. Diese Wut sei „vielleicht karmisch bedingt eine Resonanzgeschichte von mir“ gewesen. „Sind Sie sehr esoterisch?“, fragte der Richter. „Nein, eher buddhistisch angehaucht.“

Gefallen an Rolle als „Hilfs-Sheriff“

Er gab zu, beim ICCJV ein „Hilfs-Sheriff“ gewesen zu sein, dieser „Status“ habe ihm gefallen. Er habe gedacht, „das kann mir helfen, dass gegen mich nicht vorgegangen wird“. Er hätte auch bei „Verhaftungen“ dieser selbst ernannten Gerichtsbarkeit, der zufolge nur mehr das Naturrecht gelten sollte, mithelfen müssen, bestätigte er auf Nachfrage des Staatsanwalts – „von dem habe ich mich gefürchtet“. Was genau geplant gewesen wäre, wisse er nicht, nur dass man „korrupte Politiker einsperren“ habe wollen. „In eigenen Gefängnissen“, ergänzte er.

Ausstellen von Fantasiedokumenten bestritten

Der Angeklagte bestritt als einzigen Anklagepunkt den Betrug durch den Verkauf der Fantasiedokumente. Der Verteidiger betonte, sein Mandant habe sich nicht damit bereichert. Der Beschuldigte selbst gab an, er habe auch solche Dokumente gekauft und „ich habe mich nicht betrogen gefühlt“.

Urteil womöglich noch am Mittwoch

Der Prozess beruht auf einer Anklage der Staatsanwaltschaft in Graz und steht im Zusammenhang mit einem dortigen Verfahren, in dem Anfang des Jahres 14 „Staatenbund“-Mitglieder zu Strafen bis zu 14 Jahren Haft nicht rechtskräftig verurteilt worden sind. Der ursprünglich für zwei Tage angesetzte Prozess in Linz dürfte wesentlich schneller zu Ende gehen als geplant. Sollten keine Beweisanträge mehr gestellt werden, ist ein Urteil der Geschworenen für den Abend wahrscheinlich. Im Landesgericht Linz gelten für den Zeitraum der Verhandlung erhöhte Sicherheitsmaßnahmen.