Mordprozess gegen jungen Afghanen in Steyr
© FOTOKERSCHI.AT / MADER & KERSCHBAUMMAYR
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CHRONIK

13,5 Jahre für 18-Jährigen wegen Mordes

Ein 18-jähriger Afghane ist am Mittwoch am Landesgericht Steyr zu 13,5 Jahren wegen Mordes verurteilt worden. Er soll im Dezember des Vorjahres seine 16-jährige Freundin in deren Kinderzimmer mit einem Messerstich getötet haben.

Die Entscheidung der Geschworenen fiel einstimmig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der zum Tatzeitpunkt 17-jährige Afghane soll laut Anklage am 8. Dezember 2018 seine 16-jährige Freundin, die sich offenbar von ihm trennen wollte, durch einen Messerstich in den Rücken getötet haben. Nach der Tat dürfte er noch Stunden neben der Leiche im Zimmer geblieben sein und sich auch gefilmt haben.

 Mordprozess gegen jungen Afghanen in Steyr
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Flucht durch das Fenster

Er habe die Leiche zugedeckt, die Tatwaffe versteckt und die Tür verbarrikadiert, so der Staatsanwalt. Schließlich flüchtete der Bursch durch das Fenster. Erst in der darauffolgenden Nacht fand die Mutter ihre tote Tochter. Der Angeklagte stellte sich nach Tagen auf der Flucht in Wien selbst.

Staatsanwalt Hans-Jörg Rauch, der dem Afghanen einen Mord zur Last legt, schilderte die Beziehung des jungen Paares: Die beiden lernten einander im Internet kennen und verliebten sich. Er sei aber immer dominanter und eifersüchtiger geworden, habe ihr den Kontakt zu anderen Burschen verboten.

Oft Streit und Trennungen

Ähnliches berichtete die Familie der Getöteten. Es gab immer öfter Streit und schließlich kam es zur zwischenzeitlichen Trennung. Der Angeklagte bestätigte vor Gericht die On-Off-Beziehung, bestritt aber die Eifersucht und das Kontrollverhalten.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung verweigerte er schließlich jede Aussage. Laut seinen Verteidigern habe er den Tod des Mädchens verschuldet, aber keinen Tötungsvorsatz gehabt.

Unfall „kann man ausschließen“

Bei der Polizei hatte der Afghane nach seiner Festnahme behauptet, es habe sich um einen Unfall gehandelt. Er sei betrunken gewesen. Als ihn seine Freundin gebeten habe, ihm das Messer zu reichen, weil sie einen Verband an ihrem Fuß wechseln wollte, sei ihm schwindelig geworden.

Er sei gestürzt und habe sie mit der Klinge getroffen, lautete seine Version. Der gerichtsmedizinische Sachverständige Fabio Monticelli meinte dazu: „In der Gerichtsmedizin kann man wenig ausschließen, aber das kann man ausschließen.“

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Rippe durchgestoßen

Denn bei einem Ohnmachtsanfall könne man die Muskeln nicht ausreichend anspannen, um einen so wuchtigen Stich auszuführen, der sogar eine Rippe durchstoße wie im vorliegenden Fall, erklärte er sinngemäß.

Am zweiten Tag des am Dienstag gestarteten Prozesses sorgten dann Audioaufnahmen – und auch ein unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespieltes Video – für Beklemmung im Saal: Die Dateien waren auf dem Handy des Angeklagten bzw. jenem des Opfers gespeichert.

„Das letzte Lebenszeichen“

Ein Teil der Tonaufnahmen stammte vom Nachmittag des Tattages. Darauf waren sowohl der Angeklagte als auch seine Freundin zu hören.

Aus den teils abgerissenen Gesprächen lässt sich schließen, dass die 16-Jährige ihm den Laufpass geben wollte. In einer vom Richter als „das letzte Lebenszeichen“ bezeichneten Aufnahme sagt sie u. a.: „Ich hasse dich schon so lange.“

„Ich entschuldige mich“

Weitere Audiodateien wurden erst ab 21.30 Uhr des Tattages aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war das Mädchen den Ermittlungsergebnissen zufolge bereits tot. Auf diesen Aufnahmen ist nur der Angeklagte zu hören, wie er – laut Übersetzung – weinend u. a. sagt: „Ich habe einen Mord gemacht“, „Gott vergibt mir nicht“ und „Ich entschuldige mich“.

Der Afghane lauschte seiner eigenen Stimme mit hängendem Kopf und auf den Boden gerichtetem Blick, wollte aber nichts dazu sagen.

Urteil nicht rechtskräftig

Die Geschworenen befanden den Mann einstimmig des Mordes schuldig. Das Gericht hielt bei einem Strafrahmen von bis zu 15 Jahren eine Freiheitsstrafe von 13,5 Jahren für angemessen. Die Verteidigung erbat sich Bedenkzeit, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.