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Wirbel um möglichen Identitären auf FPÖ-Liste

Ein auf der Landesliste für die Nationalratswahl kandidierender FPÖ-Kandidat sorgt für Aufregung. Dieser soll auf einer auch der ZIB vorliegenden BVT-Liste als Mitglied der rechtsextremen Identitären aufscheinen. Der Unternehmer findet sich auf der Landesliste der oberösterreichischen Freiheitlichen auf einem der hintersten Plätze.

Der FPÖ-Kandidat Philipp Samhaber scheint, wie zuvor zunächst auch die APA mit Verweis auf eine Aufstellung der Justiz berichtete, als Mitglied der rechtsextremen Vereinigung auf. Insgesamt 528 Mitglieder der rechtsextremen Identitären sind auf der Liste der Ermittlungsbehörde erfasst. Dem FPÖ-Kandidaten in Oberösterreich ist darauf auch eine Mitgliedsnummer zugewiesen. Der Mann schreibt außerdem für das als rechtsextrem geltende Onlinemagazin Wochenblick und wird in mehreren einschlägigen Foren zitiert.

FPÖ-Kandidat: „Nur an Verein gespendet“

Samhaber teilte Mittwochnachmittag in einer Presseaussendung mit: „Ich war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Identitären Bewegung oder einer ihrer Teilorganisationen und habe auch niemals – weder mündlich noch schriftlich – einen Mitgliedsantrag gestellt. Die Zuordnung einer Mitgliedsnummer zu meiner Person, so es eine solche tatsächlich gegeben haben sollte, kann daher nur ohne mein Wissen, ohne mein Einverständnis und ohne jegliche vereinsrechtliche oder anderweitige sachliche Grundlage erfolgt sein.“

Wahr sei vielmehr, dass er von Juli 2018 bis März 2019 monatlich 20 Euro an den Verein „Heimat und Kultur“ gespendet habe, im Glauben, dass es sich um einen Brauchtums- und Traditionspflegeverein handle. Als er im März 2019 aus den Medien erfahren habe, dass der Verein ein Naheverhältnis zu den Identitären haben könne, habe er seine Zahlungen sofort eingestellt.

Verein vom Landesverwaltungsgericht aufgelöst

Das Landesverwaltungsgericht (LVwG) Oberösterreich hatte im Juli die Auflösung des Vereins für lebendige Kultur und Brauchtumspflege, der den rechtsextremen Identitären zugerechnet wird, in Linz bestätigt. Die Beschwerde gegen den Bescheid wurde damals abgewiesen. Der Verein hat sich laut eigenen Angaben inzwischen selbst aufgelöst.

Stelzer: „Identitäre nicht willkommen“

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) teilte Mittwochnachmittag in einer Presseaussendung mit: „Meine Haltung zu den Identitären ist bekannt und unmissverständlich. Sie sind in Oberösterreich nicht willkommen. Manfred Haimbuchner hat mir in einem persönlichen Gespräch versichert, dass die FPÖ die Vorwürfe sofort untersuchen wird. Dieser Schritt ist zu begrüßen.“ Sollte es sich bewahrheiten, dass ein Identitärer für die FPÖ kandidiere, erwarte er sich, dass die FPÖ unverzüglich und in aller Klarheit die notwendigen Konsequenzen ziehe, so Stelzer.

Haimbuchner: „Derzeit“ noch keine Konsequenzen

FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner sieht nach Angaben aus seinem Büro „derzeit keinen Grund, Konsequenzen zu ziehen“. Dennoch werde man wie in den Parteistatuten vorgesehen jemanden beauftragen, den Fall zu untersuchen. Sollte sich herausstellen, dass die Stellungnahme des betroffenen Kandidaten – er bestreitet, Mitglied der Identitären zu sein – nicht stimmen, hätte das allerdings Folgen, hieß es weiters.

Derzeit sehe Haimbuchner allerdings keinen Anlass, an den Aussagen des Parteikollegen zu zweifeln: „Man ist sich natürlich bewusst, dass die Problemlagen der SPÖ und ÖVP im NR-Wahlkampf dazu führen, dass einem jedes Mittel zur Ablenkung recht ist. Die FPÖ wird sich an diesem Dirty Campaigning nicht beteiligen.“

SPÖ OÖ: „Wer dazu schweigt, macht sich mitschuldig“

Der Landesgeschäftsführer der SPÖ Oberösterreich, Georg Brockmeyer, forderte in einer ersten Reaktion die ÖVP auf, aktiv zu werden: „Dass hier noch immer kein Aufschrei von den Anständigen in der ÖVP kommt, ist beschämend. Wer zu all dem schweigt und die Zusammenarbeit fortführt, macht sich mitschuldig.“ Die Volkspartei solle die „Stelzer-Haimbuchner-Allianz“ aufkündigen. Laut der SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, sind die „Distanzierungsversuche der FPÖ zu den rechtsextremen Identitären kläglich gescheitert“. Jetzt sei es an der Zeit, dass auch die Kurz-ÖVP endlich Farbe bekenne und eine Neuauflage einer Koalition mit der FPÖ ausschließe, so Schatz.

Grüne OÖ: „Zeit für Konsequenzen“

Stefan Kaineder, grüner Landessprecher, reagierte mit einer Aussendung auf die Medienberichte: „Es ist Zeit für Konsequenzen. Mit der FPÖ kann man nicht ohne Skandale regieren.“ FPÖ-OÖ-Chef Manfred Haimbuchner habe seine Glaubwürdigkeit als Parteichef verspielt, sowohl den „Narrensaum“ in der Partei endlich zu beseitigen als auch eine Trennung zwischen FPÖ und Identitären durchzusetzen, so Kaineder. Zudem müsse Landeshauptmann Thomas Stelzer erkennen, dass die FPÖ die Brücken zum rechtsextremen Rand nicht abbreche, und Konsequenzen ziehen, so der grüne Landessprecher.

Jenewein sieht Zuständigkeit bei Haimbuchner

Für den FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein ist für Samhaber auf der Landesliste in Oberösterreich Haimbuchner als Landesparteichef zuständig. Jenewein sprach nach dem Nationalen Sicherheitsrat von einer „gemachten Diskussion“ und behauptete von sich, er selbst habe kein Verhältnis zu einem solchen Verein. Von Haimbuchner kam vorerst keine Reaktion.

Drozda: „FPÖ steckt im Identitären-Sumpf“

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda sei klar, „dass die FPÖ bis zum Hals im Identitären-Sumpf steckt“. Der am Mittwoch bekanntgewordene Fall zeige in aller Deutlichkeit, dass Parteichef Norbert Hofers Distanzierungsversuche von den Rechtsextremen völlig substanzlos und unglaubwürdig seien. In der Pflicht sieht Drozda auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Dieser müsse den Menschen sofort reinen Wein einschenken, ob er mit dieser FPÖ wirklich wieder koalieren wolle, so Drozda.

Grüne: "Tiefe Verstrickungen ins rechtsextreme Milieu“

Für den Wahlkampfleiter der Grünen, Thimo Fiesel, untermauere dieser Fall einmal mehr, was Tag für Tag deutlich werde: „In der FPÖ gibt es tiefe Verstrickungen ins rechtsextreme Milieu“, so Fiesel. Hofer müsse aufhören, die Menschen noch länger mit Ausreden hinzuhalten. Fiesel nahm in einer Aussendung auch die ÖVP in die Pflicht: „So eine Partei könnte in Österreich keine Regierungsverantwortung tragen, Herr Kurz“, so Fiesel.

NEOS: „So etwas passiert nicht einfach“

NEOS-Generalsekretär Nikola Donig sagte am Mittwoch: „So etwas passiert nicht einfach, das kann die FPÖ nicht einfach so wegwischen.“ Es sei klar, dass die FPÖ ganz eng mit den Identitären verbunden sei. Und das zeige einmal mehr, dass die FPÖ schlicht nicht regierungsfähig sei, so Donig.

Distanzierungsversuche der FPÖ

Zuletzt hatte die FPÖ versucht, sich von der rechtsextremen Identitären Bewegung zu distanzieren. Hofer betonte etwa mehrmals seine Ablehnung der Gruppe. Im April hatte er gemeint, es sei für ihn „unvorstellbar, dass jemand, der bei uns aktiv ist – egal auf welcher Ebene –, sagt: ‚Ich spende etwas oder ich gehe zu einer Veranstaltung oder Demo.‘“ In die Quere kam der FPÖ dabei zuletzt aber auch ein Auftritt der nicht amtsführenden Wiener Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der Rechtsextremen in Wien. Stenzel rechtfertigte sich damit, dass sie nicht gewusst habe, wer die Kundgebung veranstaltet habe.

„Einzelfälle“ von Mauthausen Komitee dokumentiert

Zum dritten Mal veröffentlichte das Mauthausen Komitee Österreich rechtsextrem gewertete Aktivitäten von FPÖ-Politikerinnen und -Politikern. In einer Aussendung hieß es, dass von Juni 2018 bis Ende Juli 2019 insgesamt 63 Fälle gezählt wurden. Laut Befund kämen die „Einzelfälle“ auf allen Ebenen der Partei vor. Merkmale der „Einzelfälle“ seien häufig die „zynische Menschenverachtung und Gewaltbereitschaft“, laut dem Mauthausen Komitee verbreiteten FPÖ-nahe Medien antisemitische Inhalte und würden mit Steuergeld gefördert. Die FPÖ zeige eine „ausgeprägte Nähe zur NS-Ideologie“.

Brief an die Parteichefs

Aus diesem Grund verfasste das Mauthausen Komitee einen Brief an die Parteichefs von ÖVP, SPÖ, Grünen, NEOS und JETZT. Darin enthalten war die Frage, ob sie „trotz der vielen rechtsextremen Aktivitäten blauer Politiker eine Koalition mit der FPÖ eingehen würden?“ Dass die FPÖ unter Hofer und Herbert Kickl „als Regierungspartner untragbar“ sei, betonte die SPÖ in einer ersten Reaktion. Maria Buchmayr, grüne Rechtsextremismussprecherin, kommentierte die vom Mauthausen Komitee vorgelegte neue Dokumentation von „demokratiefeindlichen Aktivitäten“: „Die FPÖ spaltet das Land, ist nicht regierungsfähig und disqualifiziert sich als Koalitionspartner.“