Die Jubiläumsklangwolke soll ein Gesamtkunstwerk werden. Opernhaft durchkomponiert und die Visualisierung und Aufführung bis ins kleinste Detail von Regisseur David Pountney arrangiert und mit einer Vielzahl Effekten und spektakulären Bildern versehen: „Man muss ein großes Thema haben und es gibt nichts größeres als die Sonne.“
Der Mensch und die Sonne
Unter dem Titel „Solar“ wird die Beziehung der Menschheit zu diesem Himmelskörper behandelt. Im ersten Akt geht es um die Anbetung der Sonne in prähistorischen Zeiten, in denen sich Priester zum Vermittler zwischen der Sonne und der Menschheit aufschwingen. Der zweite Akt behandelt die Kopernikanische Revolution, welche die Erde aus dem Zentrum des Universums katapultierte und diesen Platz der Sonne einräumt. Vernunft und Wissenschaftler ersetzen nun das Priestertum.

Im dritten Akt steht der Fortschritt der wissenschaftlichen Vernunft im Zentrum, der die Sonne als eine Kugel aus Gas erkennt, womit aber auch bewusst wird, dass die Sonne nicht ewig bestehen wird. Der vierte Akt, Apokalypse überschrieben, malt das Schreckgespenst eines vorzeitigen Hitzetods der Erde an die Wand, doch könnte es der technologischen Zivilisation gelingen, das Überleben eines Teils der Menschheit zu sichern, die künftig in Harmonie mit der Sonne lebt. Diese Hoffnung bringt der fünfte Akt zum Ausdruck.
Sondersendung in Radio Oberösterreich
Die Klangwolke 2019 wird am Samstag, 7. September, um 20.30 Uhr im Linzer Donaupark beginnen. Rund um die Klangwolke wird Radio Oberösterreich in einer Sondersendung ab 19.00 Uhr berichten.
Projekt für alle Publikumsschichten
Es ging 1979 um das Eröffnungsprojekt für die Ars Electronica, welches das neue Festival mit dem Brucknerfest verbinden sollte. „Ich suchte ein großes Projekt, an das sich Menschen und Politiker erinnern“, so Hannes Leopoldseder, damals ORF-Oberösterreich-Intendant und Mitinitiator der Klangwolke. Er kontaktierte Walter Haupt in München, denn dieser hatte schon „Musik für eine Landschaft“ komponiert und auch in München eine Klangwolke gemacht. In Linz sollte das Ereignis im Donaupark stattfinden, ein Projekt das alle Publikumsschichten anspricht. „Es war damals auch eine politische Angelegenheit, eine Forderung der SPD und SPÖ, Kultur an die Öffentlichkeit zu bringen“, so Leopoldseder. Aufgeführt werden sollte die Achte Symphonie von Bruckner. Der Name „Linzer Klangwolke“ wurde in einer Diskussion in der Nacht gefunden, auch „Brucknermania“ sei zur Auswahl gestanden.

„Es war zum Heulen schön, als wir in den Donaupark zur Generalprobe gekommen sind, und ich höre die Achte Bruckners“. So Christine Schöpf, 1979 beim ORF beschäftigt und mittlerweile gemeinsam mit Ars-Electronica-Leiter Gerfried Stocker Festival-Direktorin. Faszinierend sei gewesen, wie viele Leute da waren. Doch „offensichtlich waren das nicht sehr viele Menschen, die Bezug zu Bruckner oder E-Musik hatten, das war dann an den Verkaufszahlen zu sehen. Denn die sind angestiegen, aber witzigerweise nicht bei den Schallplatten sondern bei Kassetten – und ein E-Musik-Mensch würde nie eine Kassette kaufen“, so Schöpf. So habe man gesehen, dass der Anspruch „Kultur für alle“ schon erfüllt worden sei. Auch hätten viele Linzer ihre Radios ans Fenster gestellt und so die dort übertragene Klangwolke durch die Stadt klingen lassen.

Dennoch hatte die Klangwolke Akzeptanzprobleme. Gerade Menschen aus der Hochkultur seien ihr nicht gerade offen entgegengekommen. „Das ist abgelehnt worden, als Spektakel bezeichnet. Während es heute normal ist, dass in Schönbrunn die Philharmoniker spielen.“ Da sei eben eine gewisse Skepsis gewesen, die überwunden werden musste und das „ist im Lauf der Jahre natürlich gegangen“, so Schöpf. Seit 1979 ist viel geschehen und die Linzer Klangwolke gibt es mittlerweile in drei Ausführungen: klassisch, visualisiert und für Kinder. Veranstaltet wird sie vom Brucknerhaus, dem ORF und wechselnden Großsponsoren. Zur visualisierten Version pilgern jährlich 50.000 bis 100.000 Besucher in den Donaupark – ein Feuerwerk am Ende ist Tradition geworden.

Die ersten Klangwolken visualisierte Walter Haupt, danach wechselten die Akteure. Kapazunder wie Franz Welser-Möst (1991, 1992) und Lorin Maazel (1983) dirigierten bereits in frühen Jahren, Friedrich Gulda (1997, „Mozartiana“) und Joe Zawinul (1993, „Geschichte von der Donau“) schufen eigene Stücke. Bisher dreimal inszenierte das Künstlerkollektiv Lawine Torren die Klangwolke, nämlich 2005 „Teilung am Fluss“, 2010 „Baby Jet“ und 2015 „Hochwald“. Im Vorjahr ließ die katalanische Gruppe La Fura dels Baus mit „PAX“ ein Menschennetz über der Donau schweben, heuer inszeniert der Brite David Pountney am 7. September „Solar“.